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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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ausgleichenden Gerechtigkeit wegen ein besonders üppiges Frühstück. Dann entschloß er sich zu einem Spaziergang, der ihm auch gleich Gelegenheit bieten würde, sein textiles Weihnachtsgeschenk auszuprobieren.
    Das hintere Hoftor stand offen. Polt gelangte so auf eine schmale Straße. Die größeren der langgestreckten Höfe setzten sich auf der anderen Straßenseite mit einer Scheune oder einer neugebauten Maschinenhalle fort. Hauptsächlich standen hier aber kleinere Bauernhäuser. Viele davon waren längst zu Zweitwohnsitzen geworden.
    Am Ortsende von Burgheim wurde die Straße zum schmalen Güterweg, der zur Kellergasse von Brunndorf führte. Sie war menschenleer, also hielt sich Polt hier nicht länger auf. Im Gasthaus Stelzer trank er Tee. Er hatte kaum einen Schluck getan, als sich die Tür öffnete und Friedrich Kurzbacher eintrat. Er wohnte gleich gegenüber und hatte Polt wohl gesehen. »Grüß dich, Simon! Wo kommst du denn her?«
    »Aus Burgheim, woher denn sonst?«
    »Und das alles zu Fuß? Könnt mir nie einfallen.«
    »Weiß ich. Du nimmst ja schon für die hundertfünfzig Meter zur Frau Habesam das Auto.«
    »Klar. Dazu hab ich’s ja.«
    »Und wie geht’s dir denn so, Friedrich?«
    »Schlecht. Wir sind noch im Räuschl-Keller hängengeblieben, auf dem Heimweg.«
    »Wir?«
    »Der Räuschl und ich. Aber später haben wir dann nicht mehr gewußt, wieviel wir sind.«
    »Und mit dem Auto gefahren, was?«
    Kurzbacher warf Polt einen argwöhnischen Blick zu.
    »Du weißt ja, Friedrich, sollt ich dich einmal so erwischen, wenn ich im Dienst bin, bist du dran, ob ich will oder nicht.«
    »Bist gut nach Haus gekommen?« fragte der Kurzbacher ausweichend.
    »Sieht man ja. Trinkst was? Bist eingeladen!«
    »Ein Bier vielleicht. Zum Mageneinrenken. Sag einmal: Wie schaut’s denn beim Fürnkranz aus? Was Neues?«
    »Ja und nein. Könnt sein, daß Tschechen im Spiel waren.«
    »Wer sonst? Sag ich doch immer!«
    Polt schaute sich um: Der Wirt war nach hinten in den Hof gegangen. »Und hast du gewußt, daß der Fürnkranz Karl nach Znaim ins Puff fährt?«
    Kurzbacher stellte sein Bierglas ab, nahm die Brille vom Kopf, legte sie mit unruhiger Hand auf die Schank und schaute ins Leere.
    »Was hast, Friedrich. Schockiert? Entrüstet?«
    »Ach was.« Kurzbacher holte sein Taschentuch hervor und schneuzte sich. »Zwanzig Jahre jünger sollt man sein.«
    Nachdem die Gläser leer waren, zahlte Polt und entließ seinen Freund in häusliche Pflege. Ohne darüber nachzudenken, ging der Gendarm am Kühlhaus vorbei auf den nördlichen Talhang zu. Dort wanderte er Richtung Burgheim. Als Polt das Preßhaus von Karl Fürnkranz erreicht hatte, folgte er dem Güterweg, der hinauf ins Hügelland führt. In einem der Weingärten wurde gearbeitet. Im Näherkommen erkannte er Karl Fürnkranz und zu seiner Verblüffung auch dessen Sohn Martin. »Was ist denn da passiert?«
    Der Weinbauer unterbrach seine Arbeit. »Nichts ist passiert. Ach so, es überrascht Sie, den Martin hier zu sehen. Was soll ich sagen, er wollte es wieder einmal probieren. Gelernt hat er das Schneiden ja, bevor ihm die Lust am Weinbau vergangen ist. Aber jetzt... Ferien hat er, und auch sonst schadet ihm die Arbeit nicht. Fast wie eine Therapie, was?«
    Martin hatte kurz aufgeblickt, schnitt dann aber schweigend weiter. Er schaute ernst und konzentriert drein. In nur wenigen Tagen war sein Gesicht merklich schmal geworden. Polt wandte sich wieder an den Weinbauern. »Sie fangen aber ziemlich früh mit dem Schneiden an, nicht wahr?«
    »Ja. Andere warten wegen möglicher Frostschäden noch zu. Hier, sehen Sie.«
    Fürnkranz nahm ein scharfes Messer. »Wenn ich so einen Knoten an der Rebe - Auge sagen wir dazu - anschneide, muß das Innere grün sein, sonst ist das Holz erfroren. Solche Teile könnte ich bei einem späteren Schnitt entfernen. Wenn ich jetzt schon schneide, bleibt mir kein Spielraum mehr. Aber das hier ist eine ziemlich frostsichere Lage.«
    Polt trat frierend von einem Fuß auf den anderen. »Frostsicher, sagen Sie?«
    »Natürlich. Winterfrost in der Ruhezeit der Rebstöcke schadet nur, wenn es ganz grimmig kalt wird und über längere Zeit hinweg so bleibt. Aber wenn dann der Saft zu fließen beginnt, kurz bevor die Reben Mitte, Ende April austreiben, wird es kritisch. Dann genügt oft eine einzige kalte Nacht und alles ist hinüber. Ja, und damit ist es noch nicht vorbei mit dem Zittern. Wenn noch ein Spätfrost kommt, die Eismänner zum

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