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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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können es nicht sein. Hübschen Pullover haben Sie da an. Bestimmt aus der Stadt, so etwas bekommt man nicht bei uns. Wie werden Sie ihn denn zubereiten, den Hasen? Na, der hat jedenfalls keinen Pullover mehr an, haha. Aber im Ernst: Wollen Sie nicht auch noch einen Fasan, in den nächsten Tagen? Ich mache ja gerne jemandem Freude. Und dann, Herr Polt, der Schuß aus der Hüfte: Besonders so einer schönen Frau!«
    »Fortsetzung folgt, nicht wahr?«
    »Allerdings, und zwar durch launige Eigenwerbung: Entrücktes Lächeln, der Blick verklärt, man könnt auch glasig sagen, tiefer Schluck, Outing: Ich war ein ganz schön wilder Hund, das wissen alle, die mich kennen, und alle Weiber, die das Vergnügen mit mir hatten, Pardon, Frauen. Geschichten könnt ich erzählen..., da käme so manche Brunndorfer Ehefrau in Verlegenheit..., aber der Kavalier genießt und schweigt. Tiefer Schluck, tiefer Blick: erst in die Augen, dann auf den Busen. Möchte wissen, wo er da hinschaut bei mir.« Frau Hahn kicherte.
    »Und das war es dann endlich?«
    »Wo denken Sie denn hin, Herr Polt. Das Beste kommt erst: das Tier im Mann. Lauernder Gesichtsausdruck, vorgebeugte Sprunghaltung, triefende Lefzen, kehlige Laute. Und dann schießt eine Hand vor und vergewaltigt meinen Unterarm.«
    »Und Sie, Frau Hahn?«
    »Ist schon gut, hab ich gesagt und ihm die Hand getätschelt. So ist das Tier im Mann ein Plüschtier geworden, und das Plüschtier hat sich endgültig angesoffen.«
    »Also, wie der Wolfinger heute ausschaut, würde mich schon interessieren.«
    »Sie können ihn gern besichtigen, Herr Polt, im Zimmer drüben liegt er auf der Bettbank. Die Geschichte ist ja noch nicht zu Ende. Der Mann, seiner Beute beraubt, besinnt sich mit Orgelklang in der Stimme auf sich selbst, erst tiefsinnig, dann anklagend, dann sentimental. Irgendwann ist endlich auch die Frau gegenüber so angetrunken, daß sie ihn eigentlich ganz nett findet, und alles löst sich im Nebel auf. Und am nächsten Tag hat man dann so ein Wrack zu Hause herumliegen. Lesbisch könnt man werden, sag ich Ihnen.«
    »Es wird schon andere auch geben.«
    »Die zeigen Sie mir erst einmal, Herr Polt. Die Jungen plagen sich linkisch mit ihren Hormonen herum und sind froh, wenn sie ihren ersten Abschuß nicht ganz verpatzen. Die sogenannten Heiratswilligen suchen eine, die ihnen in Zukunft Arbeit abnimmt und der sie so nebenbei und ziemlich lustlos ein paar Kinder machen. Bei den Ehemännern können es sich die Frauen dann aussuchen, was schlimmer ist: daß sie nicht heimkommen oder daß sie heimkommen.«
    »Also ich kenn es schon auch anders.«
    »Sie? Sie verstellen der Karin Walter den Platz für einen Mann, der wirklich zu ihr paßt, und machen es sich dabei bequem als Junggeselle mit allen Freiheiten und ohne Pflichten.«
    »Wie Sie meinen, Frau Hahn.«
    »Jetzt sind S’ nicht gleich beleidigt, Herr Polt. Aber es ist wirklich ein Jammer auf dem Land. Eigentlich kann keiner mit dem anderen etwas anfangen. Schauen Sie sich doch einmal Ehepaare an, mit ihren sechs, sieben Wörtern, die sie miteinander reden am Tag. Und zwischen Kindern und Eltern ist überhaupt Funkstille. Da kann weiß Gott was passiert sein, es wird fein totgeschwiegen. Und das ganze Dorf ist um nichts besser, sag ich Ihnen. Wie ein Klodeckel. Oben sauber, drunter stinkt’s.«
    »Katzenjammer, nach dieser Nacht, Frau Hahn?«
    »Da haben Sie auch wieder recht, mein allerliebster Herr Simon Polt. Darauf trinken wir. Keine Widerrede.«
    Unwillig nahm Polt ein gefülltes Glas entgegen. »Eigentlich wollte ich mit Ihnen über den Fürnkranz Karl reden. Je öfter ich ihn seh, desto weniger versteh ich ihn.« .
    »Einsam ist er, Herr Polt, zum Verzweifeln einsam. Der hat eine gute Ehe geführt, das muß sogar ich zugeben. Und mit dem Tod seiner Frau ist dieser Mann bis heute nicht fertig geworden. Aber um so erfolgreicher verdrängt er ihn: verbeißt sich in seine Arbeit, verliert sich in seinen Büchern, verkriecht sich im Weinkeller. Und wenn er es wieder einmal braucht, geht er ins Puff.«
    »Das wissen Sie auch?«
    »Er macht ja kein großes Geheimnis daraus. Hat nichts mehr zu verlieren, der Mann. Und der gute Martin geht seine eigenen Wege. Gerade noch, daß er beim Vater wohnt und sich die Ausbildung von ihm bezahlen läßt.«
    »In letzter Zeit schaut’s mir so aus, als ob die zwei wieder zusammengerückt wären.«
    »So? Naja, der Fürnkranz hängt schon sehr an dem Buben. Aber daß der Martin auf einmal was an

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