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PolyPlay

PolyPlay

Titel: PolyPlay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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für ihre Dienststellen computerspezifische Probleme lösten, ansonsten aber mit anderen Dingen beschäftigt waren. Verblüffend, wenn man darüber nachdachte. Vielleicht wurde so was ja eingerichtet, wenn er und seine Leute mit diesem Fall hier durch waren.
    Fürs Erste beschloss er, sich Polyplay einmal genauer anzusehen. Er wollte gerade Merz anrufen, um ihn zu fragen, wie man das Spiel startete, da erschien auf dem Bildschirm seiner R610 ein Fenster, in dem Merz ihn genau zu dieser Frage aufklärte. Kleiner Scherz des Hackers vom Dienst. Kramer befolgte die Anweisungen auf dem einen Computer, um den anderen zu manipulieren, und hatte nach kurzer Zeit Erfolg: Wählen Sie Ihr Spiel. Hirschjagd. Kramer tippte ein wenig auf der Tastatur herum, provozierte dadurch aber keine Reaktion. Er wollte schon entnervt aufgeben, da sah er noch mal in Merzens Anweisungen nach.
    »Immer dran denken: Die Zaubertaste trägt die Bezeichnung ›Strg‹ (links unten). Wenn du ernsthaft spielen willst: Drück auf die Taste mit der Nr. 5. Für alles Weitere sind die Pfeilrichtungstasten und wiederum ›Strg‹ zuständig. Und falls du genug hast: ›Esc‹ wie ›Escape‹ bringt dich raus. Sagst du mir deinen Punktestand?«
    Ich geb dir gleich links unten, dachte Kramer, aber im Grunde hatte Merz ja Recht. Polyplay war Prä-Sprachsteuerung, Prä-Maus und Prä-Alles. Was Kramer anging, kam dieses Tastaturgequäle gleich nach dem Lochstreifen. In solchen Angelegenheiten brauchte er einfach Hilfe.
    Er gab sich Mühe. Die Hirschjagd ging so: Ein kleiner stilisierter Hirsch schwebte zwischen kleinen grünen stilisierten Bäumen auf und ab, und Kramer, der einen kleinen grünen stilisierten Jäger mit den Pfeilrichtungstasten steuerte, versuchte den Hirsch mit Schüssen aus der kleinen roten stilisierten Flinte zu erlegen. Das gelang nur selten. Immer wenn Kramer abdrücken wollte, sprang der Hirsch an eine andere Stelle des Bildschirms. Nur einmal konnte Kramer ihn beim ersten Durchlauf erlegen, und das auch eher per Zufall.
    Der intellektuelle Zuschnitt der anderen Spiele war von ähnlicher Güte. Bei Hase und Wolf musste der Spieler einen Hasen durch ein Labyrinth jagen, dabei kleine grüne Punkte – Mohrrüben und Birnen – erhaschen und gleichzeitig vor einem Wolf fliehen, der ihm auf den Fersen war. Die Schießbude und das Autorennen boten genau das, was der Name sagte. Bei Wasserrohrbruch musste Kramer ein Männchen mit einem Eimer hin und her schicken, damit es große blaue Tropfen auffangen konnte, die von der Decke rieselten. Die Tasten, mit denen man die Polyplay-Spiele bediente, waren ziemlich ausgeleiert. Michael musste wirklich Stunden um Stunden damit verbracht haben. Das Merkspiel verlangte das Memorieren und Nachbilden einfacher Melodien. Bei Schmetterlinge war Kramer erstaunt: Es war der kleine Maulwurf aus dem Westfernsehen seiner Kindheit, der die Schmetterlinge fangen musste. Alles fiepte und zwitscherte in elektronischen Tönen, die seit über zehn Jahren außer Mode waren.
    Beim Spielen hatte Kramer das sichere Gefühl, beobachtet zu werden. Lobedanz, dachte er. Na und? Ich ermittle. Als Kramer die Spiele alle einmal so leidlich durchhatte, begriff er es immer noch nicht. Ein Ausnahmekopf wie Michael Abusch investierte mindestens die Hälfte seiner Freizeit in diesen Kinderkram? Das war doch fast nicht zu glauben. Kramer ließ die Tastatur los, lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und merkte erst jetzt, wie sehr ihn das Spielen angestrengt hatte. Seine Achselhöhlen, seine Stirn und seine Hüften waren schweißnass, sein Kopf schwirrte, vor seinen Augen flimmerte es.
    »Alle Achtung«, sagte jemand hinter ihm.
    Kramer drehte sich auf dem Stuhl um. »Kannst du nicht klopfen?«, fragte er Pasulke, der grinsend am Türrahmen lehnte.
    »Hab ich doch. Aber du hast nich geantwortet. Stattdessen nur dieses Gezwitscher aus deinem Büro, das mir irgendwie bekannt vorkam. Da hab ich einfach mal reingeschaut. Und siehe da? Oberleutnant Rüdiger Kramer spielt Polyplay, selig wie ein Pennäler.«
    »Wie lange stehst du schon da?«, fragte Kramer.
    »Ooch«, sagte Pasulke und machte sein unschuldigstes Gesicht, »so Stücker zehn Minuten … vielleicht?«
    »Du bist ein Blödmann, weißt du das?«
    »Ja«, rief Pasulke aus, »aber ich bin ein Blödmann, der dir was mitgebracht hat. Michaels besten Freund. Natschinsky und Schumacher sind doch schon ein paar Tage in der Schule zugange. Vorsortieren. Und jetzt meinen sie, ein

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