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PolyPlay

PolyPlay

Titel: PolyPlay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Maus bediente er mit der Ungeduld eines Affen, der endlich an die Banane kommen will. Auf einen Unvoreingenommenen hätte er den Eindruck eines Besessenen oder eines Hexenmeisters gemacht, der beim Zusammenbrauen einer sehr komplexen magischen Tinktur in der Endphase angekommen war. Der feine Schweißgeruch, der von ihm ausging, war ihm wahrscheinlich nicht bewusst: Es war der Schweiß des Jägers.
    »Erstens mal«, sagte er, »ist das keine Kleinigkeit, die Polyplay-Spiele von einer Konsole auf einen PC zu übertragen. Er muss dazu die Original-ROMs aus der Konsole entfernt, in ein Lesegerät gesteckt und dann bei sich zu Hause auf den Rechner übertragen haben. Und voilà: Hier ist es.« Merz klickte einmal mit der Maus, der Bildschirm knackte vernehmlich, und kurz darauf konnte man lesen:
     
    POLYPLAY
     
    1985 VEB Polytechnik Karl-Marx-Stadt
     
    Bevor Kramer alles erfassen konnte, bearbeitete Merz die Tastatur weiter, und der Bildschirminhalt änderte sich drastisch. Über einem Auswahlmenü wurden die beiden aufgefordert:
     
    Wählen Sie Ihr Spiel!
    Durch Auf- und Abbewegung des Spielhebels wird ein Spiel ausgewählt. Nach Drücken des Spielknopfes erscheint das von Ihnen gewählte Spiel.
     
    »Na?«, fragte Merz lüstern, »wollen wir 'ne Runde? Hirschjagd? Oder Hase und Wolf? Wasserrohrbruch is auch ganz nett.«
    Kramer war verwirrt. Er begriff nur mühsam, dass Merz von verschiedenen Spielen redete, die das Auswahlmenü anbot. Da gab es außerdem auch noch Abfahrtslauf, Schmetterlinge, Autorennen usw. Kramer mochte keine Computerspiele, er hatte sie schon immer langweilig und ermüdend gefunden. Und im Augenblick wollte er nur begreifen, was an dem alten Computer, den Merz aus Michaels Zimmer geholt hatte, so besonders war.
    »Nee, Uwe, grad mal nich. Erzähl einfach weiter.«
    »Schade«, sagte Merz, hörbar enttäuscht. »Also gut.«
    Er ließ unter lautem Knacken des Bildschirms die Polyplay-Eingabemasken verschwinden; das ging so schnell, dass Kramer kaum folgen konnte.
    »Rasant, was? Das ist auch so 'ne Sache. Diese Mühle hier hatte eine Ausgangskonfiguration zum Schreien. 16 bit-Bus, 1-8 Mbyte RAM, maximal 42 Mbyte-Platte, als OS DCP 3.30. Unser Michael hat sich eine Menge Mühe gegeben, das Ding aufzubohren. Jetzt verdaut es 64 MB RAM, die Platte ist sehr viel größer, und es hat ein eigenartiges Betriebssystem, das auf einem Vor-Wende-Windows basiert, aber an manchen Ecken wie Eigenbau aussieht. Manchmal vergisst man, dass Sechzehnjährige einfach erwachsen sind. Station Junger Techniker, mein lieber Schwan. Wäre einen Versuch wert, das Teil mal an unser Netzwerk hier zu hängen, ob es irgendwie mitkäme. Theoretisch durchaus möglich.«
    Kramer verstand: Michael Abusch hatte als Computerenthusiast einiges geleistet. Einige Details dagegen verstand er nicht. Die Fragen wollte er sich für einen Zeitpunkt aufheben, zu dem Uwe Merz wieder Herr über sein Adrenalin geworden war.
    »Und hier«, sagte Merz, der seine Finger wie ein Pianist über die Tastatur huschen ließ, »haben wir dem Clou des Ganzen.«
    Er öffnete ein Fenster, das auf den ersten Blick einen Text enthielt. Bei genauerer Betrachtung stellte Kramer fest, dass dieser Text eine fortlaufende Aneinanderreihung anscheinend zufälliger Symbole war. Der Buchstabensalat ergab etwa so viel Sinn wie das Ergebnis eines ausgedehnten Katzenspaziergangs über eine handelsübliche Computertastatur. Kramer hatte etwas Ähnliches schon einmal gesehen. Bei seiner Offiziersausbildung auf der Hochschule. Es war um die Standardverschlüsselungsgeräte gegangen, die in der DDR früher von der Armee benutzt worden waren. An diesen veralteten Dingern hatten Kramer und seine Genossen Mitschüler damals die Grundzüge der Kryptographie erlernt.
    »Für was hältst du das?«, fragte Merz.
    »Ist das Code?«
    »Genau«, sagte Merz. Er klang leicht enttäuscht. Anscheinend hatte er eine weniger intelligente Antwort erwartet. »Und es ist starker Code. Saustarker Code, um genau zu sein. Ich habe bis jetzt überhaupt nichts erreichen können. Das finde ich ärgerlich. Sechzehnjährige sollten so was nicht haben. Genauso wenig wie, sagen wir mal, Panzerfäuste. Oder Flugabwehrraketen.«
    Oha, dachte Kramer. Die Politik klopft an die Tür.
    »Willst du damit sagen, Michael Abusch war ein Spion oder etwas in der Art?«
    Merz lachte. »Ich will damit nur sagen, dass ich diesen Code bis jetzt nicht knacken konnte, und so was ärgert mich immer. Auf jeden Fall war

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