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PolyPlay

PolyPlay

Titel: PolyPlay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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herumlaufen durften?
    Noch schlimmer als seine Wut war seine Einsamkeit. Pasulke brauchte er mit seinem NATA-Reinfall nicht zu kommen. Der würde nur mit den Schultern zucken, so wie er im Bierkönig gelaunt gewesen war. »Hab ich's dir nicht gleich gesagt …«
    Und so, wie die Dinge lagen, konnte er erst recht nicht zu Lobedanz gehen. Erstens war er ohne Erlaubnis in einem eigentlich abgeschlossenen Fall unterwegs gewesen, zweitens hatte Lobedanz seit einiger Zeit die Hosen gestrichen voll, das war nur allzu offensichtlich. Nur nicht die falschen Leute ärgern, das schien im Moment die oberste Priorität seines Vorgesetzten zu sein. Und nach dem, was Kramer im Sprungschanzenweg erlebt hatte, gehörte die NATA ganz bestimmt zu denen, die Lobedanz nicht ärgern wollte. Meine Güte. In der alten DDR war viel über Schalk-Golodkowski und seine »Kommerzielle Koordination« gemunkelt worden, aber Kramer hatte eigentlich geglaubt, dass die neue DDR solche Schattengesellschaften nicht nötig hatte.
    Am meisten ärgerte ihn aber, mit was für einem dämlichen Bockmist ihn dieser Karau hatte abspeisen wollen. »Funktionslose Gestaltungsstudie«. Dass ich nicht lache!, dachte Kramer. Dann war das Feuerwerk in meiner Küche wahrscheinlich auch keine Funktion, sondern ein kleiner Spaß am Rande, den sich der Entwicklungsingenieur geleistet hatte.
    Immerhin steckte in seiner Tasche noch das Kästchen. Er vergewisserte sich, dass es noch da war. Nicht ich bin verrückt, dachte er. Die Situation ist es.
     

Die Schlacht
    Masters und seine Leute hatten richtig Spaß. Zum ersten Mal, seit Wes auf der Festung war, hatte sich etwas ereignet, was die geballte Aufmerksamkeit und Kompetenz der Sicherheitsleute erforderte, und sie konnten sich vor Begeisterung darüber kaum lassen. Wie Wespen, die aus ihrem Bau aufgescheucht worden waren, sprangen sie auf dem Ladedeck umher, brachten das schwere Maschinengewehr in Stellung und, wenn Wes die Bilder auf seinem Schirm richtig deutete, sogar einen Granatwerfer. Sie benahmen sich allgemein wie Pfadfinder, wenn das Geländespiel endlich losgeht.
    Was war geschehen? Ein Fahrzeug war in den Sicherheitsbereich um die Festung herum eingedrungen! Eine zunächst unidentifizierte Segeljacht! Mittlerweile hatten die Skipper der »Northern Rose«, wie die Jacht hieß, per Funk zwar längst ihre Visitenkarte abgegeben. Sie hatten auch darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich der Festung nicht aus Neugier oder mit bösen Absichten genähert hatten, sondern weil sie wegen eines Maschinenschadens und Treibstoffverlusts Hilfe brauchten. Aber Masters und seine Leute waren ein misstrauisches Volk, und die Vorbereitungen für die Schlacht mit den Eindringlingen gingen weiter. Wes und die anderen Techniker betrachteten sich den ganzen Quatsch von der technischen Kommandozentrale aus, weil Masters ihnen verboten hatte, sie zu verlassen: »Wenn einer von euch Lutschern auch nur aufs Klo geht, mach ich euch alle fertig!« Anatol, John und Beatrice lachten über den grimmigen Ernst der Soldaten. Wes war zu genervt dazu. Der Skipper der »Northern Rose«, ein gewisser Tennisson, versuchte Masters zum x-ten Mal zu erklären, dass er nicht gekommen war, um die Festung zu erobern, sondern weil er es aus eigener Kraft wahrscheinlich nicht mehr bis zum nächsten Hafen schaffte. Der Mann hatte einen amerikanischen Akzent.
    »Das ist mir egal«, bellte Masters zurück, dem die ganze Angelegenheit anscheinend ein inneres Gartenfest war. »Sie befinden sich innerhalb der Hoheitsgewässer von Sealand. Entweder verschwinden Sie freiwillig, oder wir vertreiben Sie.«
    Wes ahnte, was kommen würde.
    »Hoheitsgewässer?«, fragte Tennisson. »Wovon reden Sie, Mann? Das hier sind die Hoheitsgewässer des Vereinigten Königreichs. Das Vereinigte Königreich hat internationales Seerecht anerkannt, und laut diesem Seerecht sind Sie verpflichtet, mir zu helfen. Verstehen Sie?«
    »Pech gehabt, Meister. Ich spreche hier als Verteidigungsminister des souveränen Fürstentums Sealand. Sealand scheißt auf das internationale Seerecht. Ihr Eindringen stellt die illegale Verletzung einer Staatsgrenze dar. Wenn Sie sich jetzt nicht augenblicklich verpissen, brennen wir Ihnen eine Salve auf den Arsch, die sich gewaschen hat. Haben SIE das jetzt begriffen?«
    Oh Mann, dachte Wes. Mr. Tennisson wusste anscheinend über den »kleinsten souveränen Nationalstaat der Welt« nicht Bescheid, und Masters erklärte ihm die Faktenlage auf seine Art.

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