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PolyPlay

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Titel: PolyPlay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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ihm die Geschichte mit dem seltsamen Fundstück von der Späthbrücke zu erzählen. Bis jetzt schien Pasulke unbeeindruckt. Vielleicht weil Kramer die Episode mit dem Licht ausgelassen hatte. Er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht. Ihm kam sein Erlebnis selbst zu unglaubwürdig vor.
    »Zugegeben. Sieht schon eigenartig aus«, sagte Pasulke lahm, während er das Ding zwischen seinen Fingern hin und her rollte, als wolle er eine Zigarre prüfen.
    »Eigenartig?«, gab Kramer zurück. Seine Stimme überschlug sich fast. Er musste sich beherrschen. »Ich werde von einer uralten Werbepostkarte und einem Buch aus der Präsidiumsbücherei zur Späthbrücke geschickt. Dort finde ich das hier.« Er zeigte auf die Schachtel. »Eigenartig nennst du das? Hast du so was überhaupt schon mal gesehen?«
    »Ja«, sagte Pasulke trocken und legte den Silberdaumen in die Schachtel zurück. »Zumindest das Zeichen auf dem Ding kommt mir ziemlich bekannt vor. Kennst du die NATA?«
    Was für eine Frage, dachte Kramer. Natürlich kannte er die NATA! Dieser neue Dienstleistungsbetrieb, der beinahe alles machte, vom Pizzaservice bis zum Schuheputzen, war ja kaum zu übersehen. Weiß gekleidete Mitarbeiter und ein Werbefeldzug in den Medien hatten die NATA innerhalb kürzester Zeit zum Stadtgespräch gemacht.
    »Ham denn die damit zu tun?«, fragte er.
    Bevor Pasulke antworten konnte, fiel bei ihm der Groschen. Die NATA führte außer drei blauen Strichen auch noch einen dicken roten Punkt in ihrem Firmenzeichen, aber die Ähnlichkeit zu den drei Kerben auf dem Fundstück war unübersehbar.
    »Die werfen doch Unmassen von kleinen Geschenken unters Volk. Kugelschreiber, Kaffeetassen, sogar Billigmobis.«
    »Jochen«, sagte Kramer beschwörend. »Ist das ein Kugelschreiber? Wozu ist dieses Ding überhaupt gut?« Es hat geleuchtet, fügte er in Gedanken hinzu. Und wie es geleuchtet hat. Fast wünschte er sich, es möge das jetzt auch tun, hier, mitten im Bierkönig. »Ich finde bei Michael Abusch einen Rechner, den es nicht geben darf. Uwe bringt sich um, nachdem er sich mit verschlüsselten Dateien von Michael Abusch beschäftigt hat. Irgendjemand lotst mich mit einem höchst komplizierten Verfahren zu einem Treffpunkt, an dem ein Gegenstand auf mich wartet, der genauso fremdartig wie der mysteriöse Rechner ist und ihm außerdem von der ganzen Machart her auch noch gleicht. Da ist doch was am Laufen!«
    Er hatte zu laut gesprochen. Am Nachbartisch drehte sich jemand zu ihnen um. Pasulkes Gesicht verfinsterte sich.
    »Hab ich mir doch gedacht. Du murkst das mit der Abusch-Kiste zusammen.«
    »Was heißt denn hier ›ich murkse‹? Das sieht doch ein Blinder, dass da was stinkt!«
    »Nee, Rüdiger, so nich. Alles, was ich seh, ist ein Prototyp von einem Werbegeschenk und zwei traurige Geschichten, von denen die eine mich immer noch mitnimmt, weil Uwe ein dufter Kerl war. Und außerdem sehe ich einen Oberleutnant der Deutschen Volkspolizei, der zwar kürzlich erst in Dänemark war, der aber einen längeren Urlaub trotzdem gut gebrauchen könnte. So drei oder vier Wochen. So sieht's aus.«
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagte Kramer schwach. »Ich weiß, dass hier was faul ist, wie seinerzeit bei den Schillerparkfällen. Ich spüre das.«
    Pasulke ging nicht darauf ein. »Meine Hilfe brauchst du? In Ordnung. Ich helfe dir mit einem guten Rat. Wenn du wirklich wissen willst, was das hier ist« – er griff nach der Schachtel und schüttelte sie –, »dann geh zur NATA und lass es dir erklären. Vergiss Michael Abusch. Der Fall ist abgeschlossen. Aus. Fini. Erledigt.« Pasulke sah ihn herausfordernd an, wie er das immer machte, wenn er wütend war. »Und noch eins zu Uwe: Vielleicht hat dir das noch niemand erzählt, aber der hat sich umgebracht, weil er Lungenkrebs hatte. Und jetzt ist unsere Mittagspause um. Können wir zahlen?«
    »Lungenkrebs?«, fragte Kramer zurück.
    »Ja.«
    Kramer schüttelte den Kopf. Dann atmete er aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Mann«, sagte er. Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
     
    Die NATA residierte in einem beeindruckenden Klinkerbau aus der Gründerzeit, direkt am Rand des Grunewalds: Sprungschanzenweg 11. Die Adresse hatte er erst nach ausgedehnten Recherchen im Netz herausgefunden; für eine Telefonnummer hatte er die Deutsche Post bemühen müssen. Immerhin war er jetzt angemeldet, bei einem gewissen Günter Karau, »Direktor für Absatz und Öffentlichkeitsarbeit« bei der NATA.
    NATA

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