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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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Bulle«, sagte Martens senior.
    »Es geht nicht um alte Zeiten, Guido. Sondern um Mord, genauer gesagt, Beihilfe zum Selbstmord. Mag sein, dass wir keine Beweise auf den Tisch legen können. Aber wir sind hier unter uns und…«
    »Unter uns gesagt: Du steckst in der Klemme, mein Lieber! Hast einen Fall, der hinten und vorne nicht passt. Und einen Mann, den du gerne hängen würdest. Nur hat beides nichts miteinander zu tun.«
    »Ich rede nicht von Mölling. Ich rede von deinem alten Kumpel Thorsten Theuerzeit.«
    Die beiden standen eine ganze Weile einander gegenüber und schwiegen sich an. Ich hatte das Gefühl zu stören und überlegte schon, die Kurve zu kratzen. Aber ich war zu gespannt darauf, wie das Duell ausging, und hoffte auf eine Chance, hocherhobenen Hauptes das Haus verlassen zu können. Immerhin hatte Martens mich ein ›kleines Klatschmaul‹ genannt.
    Mattau kratzte sich ausgiebig.
    Martens unterbrach als Erster das Schweigen mit Worten. »Mensch, Max, denkst du denn nicht, dass mir sein Tod genau so nahe gegangen ist wie dir?«
    »Nein.«
    »Weil du immer noch glaubst, ich hätte ihn auf dem Gewissen.«
    »Wer sonst?«
    »Er selbst, verdammt noch mal! Geht denn das nicht in deinen Schädel?«
    »Thorsten war kein Mann spontaner Entschlüsse. Wenn er sich umgebracht hat, dann gibt es jemanden, der ihm die unumstößlichen Argumente dazu geliefert hat.«
    »Seine Unterschlagungen waren Grund genug.«
    »Meinst du? Unterschlagungen, von denen niemand sonst weiß, sind kein Grund. Aber dann ist einer, dessen Job es war, die finanzielle Lage der Firma zu checken, zufällig darauf gestoßen. Und der hat Thorsten beruhigt und gesagt, dass niemand etwas erfahren wird. Wenn er nur aufhört, den Volkstribun zu spielen und Front gegen die Massenentlassungen zu machen.«
    »Aber warum, Max? Welchen Vorteil hätte ich denn davon gehabt?«
    »Vielleicht war die Höhe deines Honorars an die Durchsetzbarkeit des Sanierungsplans gekoppelt. Was weiß ich?«
    »Nichts!« Martens winkte ab. »Das ist es ja. Keine Ahnung hast du.« Er ging zu seinem Schrank hinüber, nahm eine Flasche und ein Glas heraus und goss sich ein, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen. Er sah nach draußen, wo im Kegel des Straßenlichts eine dunkle Gestalt ausharrte. Im ersten Moment sah es so aus, als wollte er das Glas nach ihr werfen, aber dann hatte sich Martens wieder in der Gewalt.
    »Eigentlich ist es zum Lachen«, sagte er kichernd. »Du kommst hierher und beschuldigst mich, eine Tat begangen zu haben, für die du mich, selbst wenn du sie beweisen könntest, niemals zur Verantwortung ziehen könntest. Also warum rede ich überhaupt mit dir?«
    »Sie wollen wieder ruhig schlafen«, schlug ich vor.
    Tilo trat vor. »Soll ich sie hinauswerfen?«, bot er an.
    Martens lachte laut auf. »Ruhig schlafen, Sie Heini, was bilden Sie sich ein? Machen Sie die Augen auf, sehen Sie sich um! Sehen Sie da vielleicht irgendwo eine heile Welt? Ihnen mag das nicht passen, aber Sie brauchen nun mal Ellbogen, wenn Sie überleben wollen. Genau das versuche ich, auch ihm einzutrichtern.« Mit einer flüchtigen Kopfbewegung deutete er auf Tilo, der gerade seinen Mut zusammenraffte, um Mattau und mich vor die Türe zu setzen. »Natürlich geht es auch, wenn Sie sich anpassen und ein braver Bulle werden oder ein abgehalfterter Privatschnüffler. Dann können Sie ruhig schlafen. Ich habe dazu keine Zeit. Und was Nordhein-Stahl angeht, so habe ich die Firma nicht gerettet, indem ich gut geschlafen habe.« Er kippte seinen Drink und knallte das Glas auf die Anrichte. »Ich habe dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze gerettet wurden. Ohne Verschlankung hätte der Konzern nicht überlebt.«
    »Das kann ich hundertprozentig bestätigen«, half ihm sein Sohn. »Schließlich habe ich bei diesem Job auch mitgemacht, und wenn…«
    »So viel habe ich seit damals immerhin gelernt«, unterbrach ihn sein Vater. »Die wirkliche Grenze verläuft nicht zwischen den Privilegierten und den Unterprivilegierten, sondern zwischen denen, die Sprüche klopfen, und denen, die Ernst machen. Und Sprücheklopfer wie ihr beiden, oder wie der da draußen, ihr solltet euch beim Theater melden. Die haben Bedarf an Worten, die ebenso ergreifend wie hohl sind.«
    »Ich möchte gar nicht ausdenken«, gruselte sich Mattau, »was du in dieser Angelegenheit unter Ernst machen verstehst.«
    »Aber das ist doch klar«, beeilte sich Tilo zu erläutern. »Er hat doch gerade…«
    »Das reicht

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