Pommes rot-weiß
Angelegenheit ist etwas komplizierter.«
»Komplizierter? Was soll daran kompliziert sein?«
»Die Fanatikerin steckt hinter dem Schwarzen Mann. Aber hinter ihr wiederum stecken Sie.«
Er stutzte. »Ich?«
»Ich fürchte, ja.«
Unschlüssig darüber, was er von mir halten sollte, trat er einen Schritt zurück und musterte mich, die Arme vor der Brust verschränkt. »Soll das jetzt witzig sein?«
»Nein«, sagte ich. »Aber Sie haben mir nur die Hälfte gesagt. Sie haben mich engagiert, damit ich Ihnen eine Fliege vom Hals schaffe, die Ihnen lästig ist. Mit dem Haufen Scheiße, der sie eigentlich anzog, sollte ich mich nicht beschäftigen.«
Ein hoher Ton entfuhr ihm. Das amüsierte Auflachen eines Mannes, der sich aus Spaß bieten lässt, was er sich eigentlich nicht bieten zu lassen braucht. »Das ist ja…«
»Sagt Ihnen der Name Schrader etwas?«
»Das ist ja wohl…« In Martens’ Augen flammte Ärger auf, der sich relativ schnell in Wut verwandelte. »Für wen halten Sie sich eigentlich, Kittel? Habe ich Sie vielleicht um Ihre unmaßgebliche Meinung zu Dingen gebeten, die Ihren Horizont überschreiten? Ich brauche nur den nächstbesten Begleiterinnen-Service anzurufen und kriege eine Dame, die qualifizierter ist als Sie. Gerade mal clever genug, für andere Leute Telefonnummern herauszusuchen, kommen Sie her und wollen mir eine moralische Vorlesung halten?«
»Ich will gar nichts halten. Ich habe für Sie in einem Fall ermittelt. Der Fall Mölling geht mich eigentlich nichts an. Ich habe für Sie die Fliege verjagt, aber dem Geruch kann ich nichts anhaben.«
Martens schüttelte den Kopf. Er war darin lange nicht so gut wie Mattau. Er tat es konzentriert, dass es angestrengt wirkte, wie eine seiner Warm-up-Übungen des täglichen Konditionstrainings. Nachdem der Kopf wieder zur Ruhe gekommen war, sog die Nase laut und plötzlich Luft ein.
»Kittel, ich möchte es nicht glauben, aber mir scheint es, als wollten Sie mich tatsächlich eines Mordes bezichtigen.«
»Wessen sollte ich Sie bezichtigen? Es gibt keine Beweise. Ich glaube auch nicht, dass Sie einen Mord begangen haben.«
»Sind Sie etwa hergekommen, um mich mit Schmeicheleien zu überhäufen?«
»Sie hätten die Sache niemals in Angriff genommen, wenn für jemanden die Möglichkeit bestanden hätte, nachher noch etwas zu beweisen. Sie bringen nur dann jemanden zum Schweigen, wenn Sie sich völlig sicher sind, dass anschließend wirklich Schweigen herrscht.«
»Allmählich begreife ich«, antwortete er, gar nicht mehr wütend, sondern eher milde gestimmt, »dass Sie es nötig haben, die Dinge so zu sehen. Vielleicht bringt das Ihr Beruf so mit sich. Hier die good guys, da die bad guys. Schöne, heile, kaputte Welt, was? Ich bin früher auch auf die Straße gegangen, Kittel. Das war ein richtiges Glücksgefühl, glauben Sie mir. Ich habe die Bullen und all die käuflichen Politiker, die sie schützen sollten, gehasst. Irgendwann wurde mir klar, dass ich sie in Wirklichkeit liebte. Ich hätte sie umarmen können dafür, dass sie so waren, so unbelehrbar, skrupellos und uneinsichtig. So schlecht. Denn das machte mich gut.«
»Und jetzt wirst du uns gleich erzählen, dass du dich eines Tages dazu entschlossen hast, bei den Schlechten mitzumachen, weil du das ehrlicher fandest.« Mattau stand in der Tür, die Hände in den Manteltaschen. Vor der Kulisse wirkte er unpassender als ein Clochard in einer Luxussuite, trotzdem gab er sich lässig, als sei er ein alter Freund der Familie.
»Er wollte dich sprechen«, erklärte Tilo, der etwas atemlos hinter ihm auftauchte. »Ich wusste nicht, ob du…«
»Hallo, Max«, begrüßte ihn Martens, ohne Notiz von seinem Sohn zu nehmen.
»Grüß dich, Guido.«
»Du hättest wenigstens die Schuhe abtreten können.«
»Das mache ich nachher, beim Rausgehen.«
Martens grinste böse. »Also dann, worauf wartest du noch? Dieses kleine Klatschmaul kannst du gleich mitnehmen.«
»Warum so unfreundlich?« Der Kommissar zog die Hände aus seinem Mantel und hielt sie wie ein Priester bei der Wandlung. »Was ist in dich gefahren, Guido? Immerhin hat der Mann sein Bestes getan. Du kannst ihm nicht vorwerfen, dass er über Leichen stolpert, wenn du ihn in deinen Keller schickst. Noch dazu, ohne ihm zu sagen, wo der Lichtschalter ist.«
»Welche Leichen denn?«, erkundigte sich Tilo, ohne dass ihn jemand beachtete. Offenbar kam ihm das Thema vertraut vor.
»Du hast es nötig, mir die alten Zeiten vorzuhalten,
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