Pommes rot-weiß
jetzt!«, beendete Martens’ durchdringende Stimme das Gespräch. »Das hier ist immer noch mein Haus. Und ich habe Wichtigeres zu tun. Ich bin zum Squash verabredet.«
»Ich bin richtig gespannt, mehr über Ihre alten Freunde zu erfahren«, sagte ich, als wir in den Garten traten.
Es war kalt geworden. Der Kommissar verzog sich in seinen Parka wie eine Schildkröte in ihren Panzer. »Ein anderes Mal«, sagte er. »Da fällt mir ein: Wie steht’s denn mit Ihrem Freundeskreis? Haben Sie Ihren Partner beim Spiel verloren?«
»So was Ähnliches«, bestätigte ich. »Das Spiel ist noch nicht zu Ende. Es gibt noch eine Rückrunde und da ist wieder alles offen.«
»Kann ich Sie mit zurücknehmen?«
»Nein, danke«, antwortete ich. »Wenn ich schon mal hier bin, sehe ich mir noch den Ort an. Laut Reiseführer gibt es hier eine Pfarrkirche, einen Kinderspielplatz und eine italienische Eisdiele, die allerdings im Winter geschlossen hat.«
»Wie Sie wollen.« Er winkte mir zum Abschied zu, bevor seine Pranke in seiner Manteltasche verschwand. »Wir sehen uns.«
Ich sah dem alten Sprücheklopfer nach, wie er sich langsam entfernte. Und wie er, kurz bevor er sich entfernt hatte, neben seinem Wagen stehen blieb, in seiner Manteltasche baggerte und kurz darauf alle Schlüssel seines Schlüsselbundes an der Wagentür ausprobierte, bis er endlich einstieg.
Dann machte auch ich mich auf den Weg.
»Heh, Manni!«, brüllte ich ins Dunkel hinein. »Bloß nicht lockerlassen! Was immer ihr mit ihm vorhabt, ihr habt ihn so weit!«
Aber Manni Gerresheim hatte sich längst verkrümelt.
19
Am Anfang der Fußgängerzone, ein paar Meter von der Stelle entfernt, wo ich beim ersten Mal die Verfolgung Mannie Gerresheims aufgegeben hatte, gab es eine Gaststätte mit dem Namen Zum halben Hahn und eine Pizzeria, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie ein Restaurant war oder ein Schnellimbiss. Ich sprang über eine Pfütze und betrat den Hahn.
Ein paar alte Leute saßen qualmend hinter Biergläsern oder starrten auf die Buntglasfenster, als könnte man durch sie hindurchsehen. Ein Jugendlicher lehnte lustlos an der Wand neben dem Spielautomat und brachte ihn dazu, nervtötende Geräusche von sich zu geben, indem er alle paar Sekunden Kleingeld einfüllte.
Die kleinstädtische Beschaulichkeit war genau das Richtige, um meinen Rausschmiss zu verdauen.
Jeder Fall hinterließ, sobald er hinter einem lag, eine gewisse Leere. Aber dieser hier war nicht wirklich abgeschlossen. Er war misslungen und hinterließ deshalb Übelkeit. Kein tröstendes Gefühl, dazu beigetragen zu haben, dass diese schäbige Welt ein wenig ansehnlicher geworden war. Stattdessen ein geradezu ärgerliches Gefühl, dass der Vorschuss ein jämmerliches Honorar war, wenn es dabei bleiben sollte.
Henk war ein Stein vom Herzen gefallen, als ich behauptet hatte, so viel Geld beschaffen zu können, dass das Zeugenschutzprogramm des FBI dagegen ärmlich aussah. Jetzt würde es nicht einmal dafür reichen, seine Second-Hand-Maskerade ein wenig aufzupeppen.
Ich orderte einmal Bratkartoffeln mit Spiegelei und brütete über einem Plan, wie ich Martens auf legalem Weg dazu bewegen konnte, den Rest meines Honorars herauszurücken.
Als ich gerade mit meiner Gabel in den Eidotter gestochen hatte, um die Bratkartoffeln hineintunken zu können, betrat Tilo Martens die Gaststätte. Er fragte nicht, ob er sich zu mir setzen durfte.
»Wenn ich das gewusst hätte«, stieß er fassungslos hervor.
»Wenn Sie mich gefragt hätten«, sagte ich mit vollem Mund, »hätte ich es Ihnen gesagt. Und schon hätten Sie es gewusst.«
»Das meine ich nicht! Wenn ich gewusst hätte, dass Sie sich von meinem Vater bezahlen lassen, um ihn dann einen Mörder zu nennen!«
Ich wedelte mit der Gabel. »Erstens habe ich ihn ausdrücklich nicht so genannt. Und zweitens hat er mir bis jetzt nichts außer dem Vorschuss bezahlt. Wenn er mich als Ganzen kaufen will, muss er schon ein bisschen mehr hinlegen.«
»Was ich nicht verstehe, ist, warum halten Sie das, was mir passiert ist, von A bis Z für erfunden, während Sie meinem Vater Dinge unterstellen, die er sich nicht mal ausdenken würde?«
»Weil Sie etwas haben, was er nicht hat.«
»Und das wäre?«
»Phantasie«, erklärte ich feierlich.
»Ha, ha!« Er warf mir einen alarmierten und gekränkten Blick zu, als sei das eine seiner zahlreichen Krankheiten.
»Wollen Sie auch so was?« Ich deutete auf meinen Teller. »Ist gar
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