Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
Vom Netzwerk:
kaum eine halbe Stunde bis zur Weinstube gebraucht, vielleicht deshalb, weil ich auf die Hilfe ortskundiger Einheimischer verzichtet hatte. Kasolaskos Bude lag im trüben Halbdunkel unter Schwaden von chinesischen Düften. Aus irgendeiner Ecke tönte Wish you were here von Pink Floyd.
    »Was macht dein gefährlicher Job, Schnüffler?«, fragte Rudi.
    »Deswegen bin ich hier. Ich muss drei Morde aufklären, die keine waren.«
    »Hört sich direkt interessant an.«
    »Und einen vierten, der doch einer war.«
    Der Mann mit der weißen Mähne griff unter seine Decke und förderte eine Packung Tabak hervor. Während er seine Zigarette drehte, ließ er sich auf eine fleckige Matratze fallen, die unter der Papierlampe lag. »Das war auch keiner«, brummte er zerknirscht. »Ein Unfall war das. Genauer gesagt, eine Panne. Lamm Amirstan – das sollte mein Meisterwerk werden. Aber so geht das – irgendwelche Scheißdilettanten vermasseln alles.«
    »Was?«
    »Stanley Ellin, ist dir der ein Begriff?« Er blies mir den Rauch seiner Mentholzigarette entgegen und mich umnebelte ein Geruch, als wäre Kasolasko dabei, eine Packung Halstabletten abzufackeln. »Die Spezialität des Hauses? Irgendwann bringe ich den Stoff auf die Bühne, das ist alles schon fix und fertig hier drin.« Sein Zeigefinger trommelte gegen seine Stirn und erzeugte einen hohlen Klang. »Ein Restaurant, in dem es für besondere Gäste Besonderes gibt. Nichts weiter. Und wenn es auf den Tisch kommt, fehlt plötzlich einer der Gäste. Niemand sieht ihn jemals wieder. Ich wollte Lamm Amirstan zubereitenund das so, dass allen die Spucke wegbleibt. Und dass Kim endlich begreift, was ich mit einem Special Effect alles zaubern kann.«
    »Und was hat die Hand damit zu tun?«
    »Die Hand – das ist Lamm Amirstan. Das Schockierende an der Sache. Überleg doch mal: Wie willst du darstellen, dass das nicht einfach nur ein stinknormales Steak ist? Es ist ja keins, das ist der Witz. Deshalb habe ich die Hand besorgt.«
    »Aus der Gerichtsmedizin.«
    »Ich habe meine Leute. Weiß gar nicht mal, woher die die haben. Will es auch nicht wissen.«
    Rudi Kasolasko war mir unheimlich. Ich war mir nicht sicher, ob man das, was er war, als durchgeknallt bezeichnen konnte. Und ich wollte es auch nicht wissen.
    »Die Hand sollte von einem Teller baumeln, kannst du dir das so halbwegs vorstellen? Also, die Hand baumelt von dem Teller, tot und kalt. Und noch während sich Martens gegruselt hätte, hätte sich die Hand plötzlich bewegt. Absolute Spitze! Aber der Mechanismus hatte eine Macke. Es war ein blöder Wackelkontakt in der Fernbedienung. Also bin ich zum Baumarkt und habe mir Ersatzteile besorgt. Während ich weg war, muss dieser Hendrix aufgekreuzt sein. Und das, obwohl Kim versprochen hatte, dass ich sturmfreie Bude hätte.«
    »Der hat sich wieder einmal in die Wanne gelegt.«
    »Ja. Ich habe das Ding repariert und bin ahnungslos zurückgefahren. Dann bin ich dreimal um den Block gekurvt, aber es gab keine Parkplätze, nichts zu machen. Und dann habe ich, während ich an der Ampel stand, die Batterien hineingeschoben und die Fernbedienung betätigt.«
    »Und die Hand auf der Fensterbank ballte sich zur Faust.«
    »Genau. Dadurch muss sie abgerutscht sein.«
    »Platsch! Mitten in die Wanne.«
    »Scheiße! So kam es, dass das, was Stanley Ellin ein Denkmal errichten sollte, am Ende aussah wie ein lausiges Remake der Barschel-Affäre.«
    Kasolasko mochte sich für den Michelangelo des Special Effects halten, aber in Wirklichkeit war er der Frankenstein der Volksbühne.
    »Als ich dann endlich einen Parkplatz hatte, sah ich die Polizeiautos. Da hab ich mich lieber verkrümelt.«
    »Alles war also nichts als ein Unfall, was? Und dass Kim Martens jetzt wieder frei zum Anbaggern ist, das ist nur so ein zufälliger Nebeneffekt.«
    Rudi Kasolasko war ehrlich bestürzt. »Das ist doch nicht dein Ernst, Mann! Du denkst, ich hätte diesen Bücherwurm mit Absicht zum Absaufen gebracht?«
    »So was Ähnliches geht mir gerade durch den Kopf.«
    »Aber du kapierst nicht mal die Hälfte! Hendrix hatte da nichts zu suchen! Woher sollte ich denn wissen, dass er sich völlig unangemeldet in meine Inszenierung drängelt?«
    »Warum solltest du diese Inszenierungen sonst kreiert haben?«
    »Ich habe es für Kim getan. Sie hat mich drum gebeten.«
    »Sag ich ja. Um bei ihr Punkte zu sammeln…«
    »Das auch. Geb ich ja zu. Aber Fakt ist auch, dass sie mir ein Angebot gemacht hat, dass ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher