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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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westwärts vor. Ich versichere euch, das Auffinden des Lecks wird kein großes Problem sein. Die zweite Gruppe bleibt in Pompeji und besorgt genügend Männer und Material für die Reparaturen. Eine dritte Gruppe reitet in die Berge, zu den Quellen bei Abelhnum, mit dem Auftrag, dort die Augusta abzusperren.«
    Der Senator schaute auf. »Ist das möglich? Wenn in Rom ein Aquädukt für Reparaturarbeiten geschlossen werden muss, dann bleibt er wochenlang abgesperrt.«
    »Der Karte zufolge, ja, Senator – es ist möglich.« Attilius hatte es gerade erst selbst bemerkt, aber jetzt sah er alles deutlich vor sich. Noch während er sie beschrieb, nahm die ganze Operation in seinem Kopf Gestalt an. »Ich habe die Quellen des Sennus nie mit eigenen Augen gesehen, aber auf dieser Karte sieht es so aus, als flössen sie in ein Becken mit zwei Kanälen. Der größte Teil des Wassers fließt westwärts, zu uns. Aber ein kleinerer Kanal verläuft in nördlicher Richtung und versorgt Beneventum. Wenn wir das ganze Wasser nach Norden leiten und damit erreichen, dass sich der westliche Kanal entleert, können wir hineinsteigen und ihn reparieren. Der entscheidende Punkt ist, dass wir keinen Damm bauen und das Wasser vorübergehend ableiten müssen, was wir bei den Aquädukten in Rom tun müssen, bevor wir überhaupt mit der Arbeit beginnen können. Hier können wir wesentlich schneller arbeiten.«
    Der Senator richtete seine schlaffen Augen auf Corax. »Stimmt das, Aufseher?«
    »Kann sein«, gab Corax widerwillig zu. Er schien zu spüren, dass er geschlagen war, aber er dachte nicht daran, kampflos aufzugeben. »Aber ich behaupte immer noch, dass er Unsinn redet, wenn er glaubt, wir könnten das in einem oder zwei Tagen bewerkstelligen. Wie ich bereits sagte – ich kenne diesen Abschnitt. Hier hat es schon vor fast zwanzig Jahren Probleme gegeben, nach dem großen Erdbeben. Exomnius, der damalige Aquarius, war seinerzeit noch neu in seinem Amt. Er war gerade erst aus Rom eingetroffen, es war seine erste Amtshandlung, und wir haben gemeinsam an dem Problem gearbeitet. Zugegeben, damals war die Augusta nicht völlig blockiert, aber wir brauchten trotzdem Wochen, um alle Risse im Tunnel abzudichten.«
    »Welches große Erdbeben?« Attilius hatte noch nie davon gehört.
    »Es war vor genau siebzehn Jahren«, meldete sich Plinius' Neffe erstmals zu Wort. »Das Erdbeben ereignete sich an den Nonen des Februar, während des Konsulats von Regulus und Verginius. Kaiser Nero war gerade in Neapolis und trat im Theater auf. Seneca beschreibt das Ereignis. Hast du es gelesen, Onkel? Die entsprechende Passage steht in sechsten Buch der Fragen zur Natur.«
    »Ja, Gaius, vielen Dank«, sagte Plinius scharf. »Ich habe es gelesen, aber ich bin dir natürlich dankbar für den Hinweis.« Er schaute auf die Karte und blies die Backen auf. »Ich wüsste zu gern …«, murmelte er. Er drehte sich auf seinem Stuhl um und rief dem Sklaven zu. »Dromo! Bring mir mein Weinglas. Schnell!«
    »Bist du krank, Onkel?«
    »Nein, nein.« Plinius stützte das Kinn auf die Fäuste und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Karte zu.
    »Also ist es das, was die Augusta beschädigt hat? Ein Erdbeben?«
    »Das hätten wir doch bestimmt gemerkt«, warf Antius ein. »Beim letzten Beben wurde ein Großteil von Pompeji zerstört. Es wird immer noch wiederaufgebaut. Die halbe Stadt ist eine Baustelle. Wir haben keinerlei Berichte über ein Ereignis dieses Ausmaßes.«
    »Und trotzdem«, fuhr Plinius, fast wie im Selbstgespräch, fort, »ist das eindeutig Erdbebenwetter. Eine glatte See. Ein Himmel, der so atemlos ist, dass die Vögel kaum fliegen können. In normalen Zeiten würden wir mit einem Gewitter rechnen. Aber wenn Saturn, Jupiter und Mars in Konjunktion mit der Sonne stehen, dann wird ein Gewitter von der Natur anstatt in der Luft manchmal unterirdisch ausgelöst. Das ist meiner Meinung nach die Definition eines Erdbebens – ein aus dem Erdinnern herausgeschleuderter Blitz.«
    Der Sklave war neben ihm erschienen, mit einem Tablett, in dessen Mitte ein großer Pokal aus klarem Glas stand, zu drei Vierteln gefüllt. Plinius grunzte und hob den Wein ins Kerzenlicht.
    »Ein Cäcuber«, flüsterte Pomponianus ehrfürchtig. »Vierzig Jahre alt und noch immer hervorragend.« Er fuhr sich mit der Zunge über die dicken Lippen. »Ich hätte auch nichts gegen ein weiteres Glas einzuwenden, Plinius.«
    »Gleich. Seht her.« Plinius schwenkte den Wein vor ihren Augen. Er

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