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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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sagte Plinius. Er wandte sich von dem Sklaven ab und nickte Attilius zu. »Also gut. Lass hören.«
    Attilius betrachtete die vom Kerzenlicht beleuchteten Gesichter seines Publikums. Als man sich niederließ, hatte man ihm ihre Namen genannt, und er wollte sichergehen, dass er sie im Gedächtnis behielt: Pedius Cascus, ein Senator, der, wie er sich vage erinnerte, früher einmal Konsul gewesen war und an der Küste bei Herculaneum eine große Villa besaß; Pomponianus, ein alter Kampfgefährte des Plinius, der sich zum Abendessen von seiner Villa in Stabiae hatte herüberrudern lassen; und Antius, Kommandant des kaiserlichen Flaggschiffs Victoria. Der picklige Jüngling war Plinius' Neffe, Gaius Plinius Caecilius Secundus.
    Attilius legte einen Finger auf die Karte, und alle beugten sich vor, sogar Corax.
    »Das ist die Stelle, an der ich das Leck anfangs vermutete, in der Nähe der brennenden Felder bei Cumae. Das würde den Schwefel erklären. Aber dann erfuhren wir, dass das Wasser auch in Nola versiegt ist – hier drüben, im Osten. Und zwar in der Morgendämmerung. Die Zeitfolge ist von größter Bedeutung, denn nach Aussage eines Zeugen, der bei Tagesanbruch in Pompeji war, waren die Brunnen dort heute Morgen noch in Ordnung. Wie ihr sehen könnt, liegt Pompeji ein ganzes Stück vom Hauptstrang bei Nola entfernt, also hätte die Augusta dort mitten in der Nacht versiegen müssen. Die Tatsache, dass sie das nicht getan hat, kann nur eines bedeuten: Das Leck muss hier sein« – er kreiste die Stelle ein – »irgendwo hier, in diesem fünf Meilen langen Abschnitt, wo die Augusta dicht am Vesuv entlang verläuft.«
    Plinius schaute mit einem Stirnrunzeln auf die Karte. »Und das Schiff? Wo kommt das ins Spiel?«
    »Soweit ich das sehe, haben wir noch Wasser für zwei Tage. Wenn wir von Misenum aus über Land marschieren, um festzustellen, was passiert ist, brauchen wir mindestens so lange, um das Leck zu finden. Aber wenn wir auf dem Seeweg nach Pompeji fahren – wenn wir mit leichtem Gepäck reisen und uns dort beschaffen, was wir brauchen –, dann könnten wir schon morgen mit den Reparaturen anfangen.«
    Es herrschte Schweigen. Attilius hörte das stete Tropfen der Wasseruhr neben der Tür. Einige der Mücken, die um die Kerzen herumschwirrten, steckten im Wachs fest.
    Plinius sagte: »Wie viele Männer hast du?«
    »Insgesamt fünfzig, aber die meisten davon sind über die gesamte Länge der Augusta verstreut und kümmern sich um die Klärbecken und die Brunnen in den Städten. In Misenum habe ich rund ein Dutzend. Die Hälfte davon würde ich mitnehmen. Wenn wir weitere Arbeitskräfte brauchen, kann ich sie in Pompeji anheuern.«
    »Wir könnten ihm eine Liburne geben, Befehlshaber«, sagte Antius. »Wenn er bei Tagesanbruch aufbricht, kann er am späten Vormittag in Pompeji sein.«
    Schon die Idee schien Corax in Panik zu versetzen. »Bei allem Respekt, Befehlshaber, das ist nur wieder eines seiner Hirngespinste. Ich würde seinem Gefasel keinerlei Beachtung schenken. So möchte ich zum Beispiel gern wissen, wie er erfahren hat, dass das Wasser in Pompeji noch läuft.«
    »Ich habe auf dem Weg hierher am Kai einen Mann getroffen. Einen Auguren. Die Fähre hatte gerade angelegt. Er hat mir erzählt, dass er heute Morgen in Pompeji war.«
    »Ein Augur!«, spottete Corax. »Was für ein Jammer, dass er diese ganze Geschichte nicht vorhergesagt hat! Aber schön – nehmen wir an, er hat die Wahrheit gesagt. Nehmen wir an, das ist die Stelle, an der sich das Leck befindet. Ich kenne diesen Abschnitt der Augusta besser als jeder andere – fünf Meilen lang, und jede Elle davon unterirdisch. Wir werden mehr als nur einen Tag brauchen, nur um festzustellen, wo sich die Stelle befindet.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Attilius. »Bei der Menge Wasser, das die Augusta verliert, könnte sogar ein Blinder das Leck finden.«
    »Und bei all dem Wasser, das sich im Tunnel aufgestaut hat – wie wollen wir da hineinkommen und die Reparaturen vornehmen?«
    »Sobald wir in Pompeji sind«, sagte der Wasserbaumeister, »bilden wir drei Gruppen.« Im Grunde hatte er das Ganze noch nicht durchdacht. Er musste improvisieren. Aber er spürte, dass Antius auf seiner Seite war und auch nicht mehr viel fehlte, um Plinius von der Karte aufblicken zu lassen. »Die erste Gruppe geht in Richtung Augusta – sie folgt der Abzweigung nach Pompeji bis zu der Stelle, an der sie auf den Hauptstrang trifft, und arbeitet sich dann

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