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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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schüttelte, mit der Hand den Becher abdeckend, die Würfel und flüsterte dabei sein jeweiliges Glücksgebet.
    Musa kam als Letzter an die Reihe und warf einen Hund.
    »Du hast verloren!«, rief Becco. »Musa der Verlierer!«
    »Die Würfel haben entschieden«, sagte Attilius. »Corax und Musa finden heraus, wo sich die Schadstelle befindet.«
    »Und was ist mit den anderen?«, murrte Musa.
    »Becco und Corvinus reiten nach Abellinum und schließen die Schleuse.«
    »Ich sehe nicht ein, warum zwei Leute nach Abellinum reiten müssen. Und was tut Polites inzwischen?«
    »Polites bleibt bei mir in Pompeji und kümmert sich um das Werkzeug und ein Fuhrwerk.«
    »Das ist wirklich fair!«, sagte Musa bitter. »Die freien Männer schwitzen sich auf dem Berg die Seele aus dem Leib, während der Sklave Zeit hat, sich mit den Huren Pompejis zu vergnügen!« Er griff nach seinen Würfeln und warf sie in die See. »Da seht ihr, was ich von meinem Glück halte!«
    Vom Lotsen am Bug kam ein Warnruf – »Pompeji voraus!« –, und sechs Köpfe fuhren gleichzeitig herum.
     
    Die Stadt kam allmählich hinter einer Landzunge in Sicht und war durchaus nicht das, was der Wasserbaumeister erwartet hatte – kein lang auseinander gezogener Badeort wie Baiae oder das sich an der Küste des Golfs entlang erstreckende Neapolis, sondern eine Festungsstadt, gebaut, um einer Belagerung zu widerstehen, ein paar hundert Schritte vom Wasser entfernt auf einer Anhöhe oberhalb des Hafens.
    Erst als sie näher herangekommen waren, sah Attilius, dass die Mauern Lücken aufwiesen – die langen Jahre der Pax Romana hatten die Stadtväter zur Sorglosigkeit verleitet. Sie hatten zugelassen, dass Häuser die Mauerkrone überragten und sich auf breiten, von Palmen überschatteten Terrassen in Richtung Hafen ergossen. Ein seewärts ausgerichteter Tempel erhob sich über die Linie der flachen Dächer. Oberhalb der funkelnden Marmorsäulen befand sich etwas, das auf den ersten Blick aussah wie ein Fries aus Ebenholzfiguren. Aber dann sah er, dass der Fries lebendig war. Handwerker, fast nackt und von der Sonne geschwärzt, bewegten sich vor dem weißen Stein – sie arbeiteten trotz des Feiertags. Das Klirren der Meißel auf Stein und das Raspeln der Sägen war in der warmen Luft deutlich zu hören.
    Überall reges Treiben. Leute, die auf der Mauerkrone entlangwanderten und in den Gärten arbeiteten, die auf die See hinausgingen. Leute auf der Straße vor der Stadt – zu Fuß, zu Pferd, in Kutschen und auf der Ladefläche von Karren, die einen Staubschleier aufwarfen und die steilen Pfade verstopften, welche vom Hafen zu den großen Stadttoren führten. Als die Minerva in die schmale Hafeneinfahrt einschwenkte, wurde der Lärm der Menge lauter – allem Anschein nach feiertäglich gestimmte Menschen, die vom Land in die Stadt kamen, um das Fest Vulkans zu feiern. Attilius suchte das Dock nach Brunnen ab, konnte aber keinen sehen.
    Die Männer standen stumm in einer Reihe, jeder von ihnen in seine Gedanken versunken.
    Er wendete sich an Corax. »Wo kommt das Wasser in die Stadt?«
    »An der anderen Seite«, sagte Corax, unverwandt auf die Stadt starrend. »Neben dem Vesuvius-Tor. Falls« – er betonte das Wort übertrieben stark – »es noch läuft.«
    Das wäre wirklich ein Witz, dachte Attilius, wenn sich herausstellen würde, dass das Wasser doch nicht lief und er sie nur auf das Wort irgendeines alten Narren hin hierher gebracht hatte.
    »Wer arbeitet hier?«
    »Nur irgendein Sklave. Du wirst feststellen, dass er keine große Hilfe ist.«
    »Warum nicht?«
    Corax grinste und schüttelte den Kopf. Er gedachte nicht, mehr zu sagen. Ein privater Scherz.
    »Also gut. Dann machen wir uns zuerst auf den Weg zum Vesuvius-Tor.« Attilius klatschte in die Hände. »Los, Leute. Das ist nicht die erste Stadt, die ihr seht. Die Schiffsreise ist beendet.«
    Sie befanden sich jetzt innerhalb des Hafens. Speicher und Kräne drängten sich am Ufer. Dahinter befand sich ein Fluss – der Sarnus, Attilius' Karte zufolge –, völlig verstopft mit Schuten, die darauf warteten, entladen zu werden. Torquatus schritt, Befehle rufend, über die ganze Länge des Schiffes. Die Trommelschläge wurden langsamer und verstummten dann ganz. Die Riemen wurden eingezogen. Der Steuermann drehte sein Ruder leicht, und sie glitten im Schritttempo am Kai entlang, mit nur einem Fußbreit Wasser zwischen dem Deck und dem Anleger. Zwei Gruppen von Seesoldaten sprangen mit Tauen an Land

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