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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Mannes ist der Gewinn eines anderen. Pompeji hat das meiste abbekommen. Aber während alle anderen fortzogen, davon redeten, dass die Stadt am Ende wäre, lief Ampliatus herum und kaufte die Ruinen auf. Brachte für praktisch nichts einige der großen Villen in seinen Besitz, reparierte sie, teilte sie in drei oder vier auf und verkaufte sie dann für ein Vermögen.«
    »Aber daran ist ja wohl nichts Illegales.«
    »Vielleicht nicht. Aber gehörten sie ihm wirklich, als er sie verkaufte? Das ist die große Frage.« Musa tippte sich an die Seite seiner Nase. »Besitzer tot. Besitzer verschwunden. Rechtmäßige Erben am anderen Ende des Imperiums. Vergiss nicht, die halbe Stadt lag in Trümmern. Der Kaiser schickte einen hohen Beamten aus Rom, der herausfinden sollte, wem was gehörte. Suedius Clemens hieß er.«
    »Und Ampliatus hat ihn bestochen?«
    »Sagen wir nur, dass Suedius bei seiner Abreise erheblich reicher war als bei seiner Ankunft. So erzählt man sich jedenfalls.«
    »Und was ist mit Exomnius? Zur Zeit des Erdbebens war er der Aquarius – er muss Ampliatus gekannt haben.«
    Attilius erkannte sofort, dass er einen Fehler gemacht hatte. Die Lust am Klatschen war auf der Stelle in Musas Augen erloschen. »Darüber weiß ich nichts«, murmelte er und beschäftigte sich mit seinem Essenssack. »Exomnius war ein prächtiger Mann. Für ihn war gut arbeiten.«
    War, dachte Atillius. War ein prächtiger Mann. War gut arbeiten. Er versuchte, einen Scherz daraus zu machen. »Du meinst, er hat euch nicht vor Tagesanbruch aus dem Bett geholt?«
    »Nein. Ich meine, er war geradeheraus und hätte nie versucht, einen ehrlichen Mann dazu zu verleiten, dass er mehr sagt, als er sollte.«
    »He, Musa«, rief Corax. »Was redest du da drüben? Du schwatzt wie ein Weib! Komm herüber und trink einen Schluck!«
    Musa sprang sofort auf und schwankte über das Deck zu den anderen. Als Corax ihm den Weinschlauch zuwarf, sprang Torquatus vom Heck herunter und eilte zu der Stelle in der Mitte des Decks, an der die Masten und Segel lagerten.
    »Die werden wir leider nicht brauchen.« Er war ein massiger Mann. Die Hände in die Hüften gestemmt, musterte er den Himmel. Die junge Sonne ließ seinen Brustpanzer funkeln; schon jetzt war es sehr heiß. »Also gut, Aquarius. Wollen wir sehen, was meine Ochsen tun können.« Er schwang die Füße auf die Leiter und stieg durch die Luke ins Unterdeck hinab. Einen Augenblick später steigerte sich das Tempo der Trommelschläge, und Attilius spürte, wie das Schiff leicht schlingerte. Die Ruder blitzten auf. In der Ferne hinter ihnen wurde die stumme Villa Hortensia immer kleiner.
     
    Während sich die morgendliche Hitze über den Golf senkte, schob sich die Minerva stetig voran. Zwei Stunden behielten die Ruderer ihr mörderisches Tempo bei. Von den Terrassen der Freiluftbäder in Baiae stiegen Dampfwolken auf, und in den Bergen oberhalb von Puteoli brannten blassgrün die Feuer der Schwefelminen.
    Attilius saß für sich allein und hatte die Hände um die Knie geschlungen. Um seine Augen abzuschirmen, zog er den Hut tief ins Gesicht. Er schaute zu, wie die Küste vorbeiglitt, und suchte in der Landschaft nach einem Hinweis darauf, was mit der Augusta passiert war.
    Alles an diesem Teil Italiens ist seltsam, dachte er. Sogar die rostrote Erde in der Umgebung von Puteoli hatte etwas Magisches; wenn man sie mit Kalk vermischte und ins Meer warf, verwandelte sie sich in Stein. Dieses Puteolanum, wie es zu Ehren seines Herkunftsorts genannt wurde, war die Entdeckung, die Rom verwandelt hatte. Außerdem hatte es seiner Familie ihren Beruf ermöglicht, denn was früher mühsam aus Steinen und Ziegeln konstruiert werden musste, konnte jetzt über Nacht gebaut werden. Mit Verschalungen und Puteolanum hatte Agrippa die großen Kais von Misenum im Wasser verankert und das Imperium mit Aquädukten bewässert – der Augusta hier in Campania, der Julia und der Virgo in Rom, dem Nemausus im Süden von Gallien. Die Welt war neu erschaffen worden.
    Aber nirgendwo war dieser hydraulische Zement vielfältiger verwendet worden als in der Region, in der man ihn entdeckt hatte. Kais und Bootsanleger, Terrassen und Uferbefestigungen, Wellenbrecher und Fischfarmen hatten den Golf von Neapolis verwandelt. Ganze Villen schienen aus den Wellen emporzusteigen und vor der Küste zu schwimmen. Die Gegend, in der einst die Superreichen – Caesar, Crassus, Pompeius – residierten, war jetzt von einer neuen Klasse von

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