Pompeji
er zum letzten Mal hier unten gewesen war. Damals hatten sich die Pfeiler fast vollständig unter Wasser befunden, und das Rauschen der Augusta hatte jede Unterhaltung unmöglich gemacht. Jetzt hallte es hier wider wie in einem Grabmal. Die Größe des Reservoirs war erstaunlich. Das Wasser unter seinen Füßen war so tief abgesunken, dass er es kaum erkennen konnte, bis der Sklave seine Fackel über die spiegelnde Oberfläche hielt, und dann sah er sein eigenes Gesicht, das zu ihm emporstarrte – kläglich, gebrochen. Auch das Reservoir vibrierte leicht, genau wie der Wein.
»Wie tief ist es?«
»Fünfzehn Fuß, Befehlshaber«, sagte der Sklave.
Plinius betrachtete sein Spiegelbild. »In der Welt hat es nie etwas Bemerkenswerteres gegeben«, murmelte er.
»Was sagtest du, Onkel?«
»›Wenn wir uns vorstellen, welche Wassermengen in öffentliche Gebäude, Bäder, Schwimmbecken, offene Kanäle, Privathäuser, Gärten und Landsitze fließen, und wenn wir an die Entfernungen denken, die das Wasser zurücklegen muss, bevor es uns erreicht, den Bau von Bögen, das Unterqueren von Bergen und das Anlegen ebener Strecken durch tiefe Täler, dann müssen wir zugeben, dass es in der Welt nie etwas Bemerkenswerteres gegeben hat als unsere Aquädukte.‹ Ich zitiere natürlich mich selbst. Wie gewöhnlich.« Er zog den Kopf zurück. »Lass die Hälfte des Wasser heute Abend herausfließen und den Rest am Morgen.«
»Und was dann?«
»Dann, mein lieber Gaius? Dann müssen wir hoffen, dass morgen ein besserer Tag sein wird.«
In Pompeji sollte das Feuer für Vulkan angezündet werden, sobald es dunkel war. Vorher gab es die üblichen Belustigungen auf dem Forum, angeblich von Popidius bezahlt, in Wirklichkeit aber von Ampliatus finanziert – ein Stierkampf, drei Paar miteinander kämpfende Gladiatoren, einige Boxer in griechischem Stil. Nichts Besonderes, nur eine Stunde Unterhaltung für die Wähler, während sie darauf warteten, dass die Nacht hereinbrach, es war die Art von Spektakel, das von einem Ädilen als Gegenleistung für sein Amt erwartet wurde.
Corelia tat so, als wäre sie krank.
Sie lag auf ihrem Bett, sah zu, wie die Lichtstreifen von den geschlossenen Läden langsam an der Wand hochwanderten, als die Sonne unterging, und dachte an das Gespräch, das sie mit angehört hatte, und an den Wasserbaumeister Attilius. Sie hatte bemerkt, wie er sie angesehen hatte, sowohl gestern in Misenum als auch beim Baden heute Morgen. Liebhaber, Rächer, Retter, tragisches Opfer – in ihrer Phantasie stellte sie ihn sich kurz in all diesen Rollen vor, aber stets verdrängten die brutalen Tatsachen diese Traumvorstellungen: Sie hatte ihn in den Dunstkreis ihres Vaters gebracht, und jetzt hatte ihr Vater vor, ihn töten zu lassen. Und sie würde an seinem Tod schuld sein.
Sie lauschte den Geräuschen der anderen, die sich zum Aufbruch bereitmachten. Sie hörte, wie ihre Mutter nach ihr rief, und dann ihre Schritte auf der Treppe. Rasch tastete sie nach der Feder, die sie unter ihrem Kopfkissen versteckt hatte. Sie öffnete den Mund, kitzelte ihren Gaumen und erbrach geräuschvoll, und als Celsia eintrat, wischte sie sich die Lippen ab und deutete schwach auf den Inhalt der Schüssel.
Ihre Mutter setzte sich auf die Bettkante und legte Corelia die Hand auf die Stirn. »Oh, mein armes Kind. Du fühlst dich heiß an. Ich sollte nach dem Arzt schicken.«
»Erspar ihm die Mühe.« Ein Besuch von Pumponius Magonianus mit seinen Tränken und Abführmitteln war dazu angetan, jeden krank zu machen. »Ich brauche nur Schlaf. Es war dieses furchtbare, endlose Festmahl. Ich habe zu viel gegessen.«
»Aber, meine Liebe, du hast doch kaum etwas angerührt.«
»Das ist nicht wahr …«
»Still!« Ihre Mutter hob einen warnenden Finger. Jemand anders kam die Treppe herauf, mit einem schwereren Schritt, und Corelia machte sich auf eine Konfrontation mit ihrem Vater gefasst. Der würde nicht so leicht zu täuschen sein. Aber es war nur ihr Bruder, im langen weißen Gewand des Isis-Priesters. Sie konnte den Weihrauch riechen.
»Beeil dich, Corelia. Er ruft nach uns.«
Celsinus brauchte nicht zu sagen, wen er meinte.
»Sie ist krank.«
»Tatsächlich? Sie muss trotzdem mitkommen. Sonst gibt es Ärger.«
Ampliatus brüllte von unten herauf, und sie fuhren beide zusammen und warfen einen Blick auf die Tür.
»Ja, kannst du es nicht versuchen, Corelia?«, sagte ihre Mutter. »Seinetwegen?«
Früher hatten die drei eine Allianz
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