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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Bloßstellung zu drohen – denn wenn ich du mich ruinierst, kann ich dich gleichfalls ruinieren.
    Corelia sagte: »Und was ist mit den beiden anderen?« Die letzten beiden Dokumente unterschieden sich so stark von den anderen, dass es aussah, als gehörten sie nicht zu ihnen. Zum einen waren sie wesentlich neuer, und anstatt mit Zahlen waren sie mit Schrift bedeckt. Das erste war in Griechisch.
     
    Der Gipfel selbst ist überwiegend flach und völlig kahl. Die Erde sieht aus wie Asche, und es gibt höhlenartige Gruben im geschwärzten Gestein, die aussehen wie von Feuer genagt. Diese Gegend scheint in der Vergangenheit in Flammen gestanden zu haben, mit Kratern voller Feuer, die aus Mangel an Nahrung allmählich erloschen sind. Zweifellos ist das der Grund für die Fruchtbarkeit der Umgebung, zum Beispiel in Caetana, wo es heißt, dass die mit der Asche des Ätna vermischte Erde das Land besonders für Wein geeignet macht. Die angereicherte Erde enthält sowohl Stoffe, die brennen, als auch solche, die das Wachstum fördern. Wenn sie zu viel von der anreichernden Substanz enthält, kann sie in Brand geraten, wie es bei allen schwefelhaltigen Substanzen der Fall ist, aber wenn der Schwefel verbraucht und das Feuer erloschen ist, dann ist die Erde ascheähnlich geworden und kann für den Anbau verwendet werden.
     
    Attilius musste den Text ins Fackellicht halten und zweimal lesen, bis er sicher war, seinen Sinn verstanden zu haben. Er reichte Corelia den Papyrus. Der Gipfel? Welcher Gipfel? Vermutlich der des Vesuv; einen anderen Gipfel gab es in dieser Gegend nicht. Aber hatte Exomnius – der faule, alternde, trunksüchtige, Huren liebende Exomnius – tatsächlich die Energie aufgebracht, bis zum Gipfel des Vesuv hinaufzusteigen, noch dazu während einer Dürre, und seine Eindrücke dann auf Griechisch niedergeschrieben? Das konnte er einfach nicht glauben. Und die Sprache – »höhlenartige Gruben im geschwärzten Gestein … Fruchtbarkeit der Umgebung« – das hörte sich nicht an wie die Sprache eines Wasserbaumeisters. Das war zu literarisch und keineswegs die Ausdrucksweise eines Mannes wie Exomnius, der des Griechischen wahrscheinlich kaum mächtiger war als er selbst. Er musste den Text irgendwo abgeschrieben haben. Oder abschreiben haben lassen. Vielleicht von einem der Schreiber in der öffentlichen Bibliothek auf dem Forum.
    Der letzte Papyrus war länger und auf Lateinisch. Aber der Inhalt war nicht weniger seltsam.
     
    Lucilius, mein lieber Freund, ich habe gerade gehört, dass Pompeji, die berühmte Stadt in Campania, von einem Erdbeben verheert wurde, das auch seine Umgebung betroffen hat. Auch Teile der Stadt Herculaneum liegen in Trümmern, und die Gebäude, die stehen geblieben sind, sind baufällig. Selbst in Neapolis wurden zahlreiche Privathäuser zerstört. Zu diesem Unheil kamen noch weitere: Man erzählt sich, dass eine Herde von hunderten von Schafen getötet wurde, Statuen barsten, und einige Leute verloren den Verstand und wanderten herum, unfähig, sich selbst zu helfen.
    Ich sagte, dass in der Nähe von Pompeji eine Herde von hunderten von Schafen starb. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die Schafe vor Angst starben. Denn man sagt, dass es nach einem Erdbeben oft zu einer Pestilenz kommt, und das ist nicht verwunderlich, denn in der Tiefe liegen viele todbringende Elemente verborgen. Die Atmosphäre dort, die wegen eines Makels in der Erde oder wegen der ewigen Dunkelheit stagniert, ist verhängnisvoll für diejenigen, die sie einatmen. Dass Schafe betroffen waren, überrascht mich nicht. Schafe sind sehr empfindlich, und da sie ihre Köpfe relativ dicht über der Erde tragen, waren sie der Ausdünstung der vergifteten Luft in der Nähe des Bodens ausgesetzt. Wenn diese Luft in größeren Mengen ausgetreten wäre, hätte sie auch Menschen getötet; aber das Übermaß an sauberer Luft vertrieb sie, bevor sie so hoch emporsteigen konnte, dass auch Menschen sie einatmeten.
     
    Auch hier wirkte die Sprache zu blumig, um das Werk von Exomnius zu sein, und die Schrift kam Attilius zu professionell vor. Und außerdem – wie hätte Exomnius behaupten können, er hätte von einem Erdbeben gehört, das sich vor siebzehn Jahren ereignet hatte? Und wer war Lucilius? Corelia hatte sich an ihn gelehnt, um das Dokument über seine Schulter mitzulesen. Er konnte ihr Parfüm riechen, ihren Atem auf seiner Wange spüren und ihre Brust an seinem Arm fühlen. Er sagte: »Bist du sicher, dass

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