Pompeji
es in Schlingen um seinen Arm. Als er das Ende erreicht hatte, fuhr er mit den Fingern darüber. Glatt. Nicht ausgefranst oder zerhackt. Brebix musste es einfach losgelassen haben. Warum? Plötzlich geriet er in Panik. Er musste unbedingt hier heraus. Er lehnte sich vor und begann zu waten, aber es war ein Albtraum – seine Hände tasteten sich unsichtbar für ihn in der endlosen Dunkelheit an den Wänden entlang, und seine Beine brachten nicht mehr zustande als das Schlurfen eines alten Mannes. Er fühlte sich zweifach eingekerkert, vom Druck des Erdreichs rund um ihn herum und vom Gewicht des Wasser vor ihm. Seine Rippen schmerzten. Seine Schulter fühlte sich an, als wäre sie mit Feuer gebrandmarkt worden.
Plötzlich hörte er ein Platschen, und dann sah er in der Ferne einen Funken Licht, der herunterfiel wie eine Sternschnuppe. Schwer atmend hörte er auf zu waten und lauschte. Rufe, ein weiteres Platschen, dann erschien eine zweite Fackel. Sie suchten nach ihm. Er vernahm einen schwachen Ruf – »Aquarius?« – und versuchte zu entscheiden, ob er antworten sollte oder nicht. War seine Angst nur eingebildet? Die Trümmerwand hatte so plötzlich und mit solcher Gewalt nachgegeben, dass kein normaler Mann die Kraft gehabt hätte, ihn zu halten. Aber Brebix verfügte über mehr als normale Kraft, und was passierte, war nicht unerwartet gekommen: Der Gladiator hätte darauf gefasst sein müssen.
»Aquarius!«
Er zögerte. Es gab keinen anderen Ausweg aus dem Tunnel, das stand fest. Er würde weitergehen und ihnen entgegentreten müssen. Aber sein Instinkt befahl ihm, seinen Argwohn nicht laut werden zu lassen. Er rief zurück: »Hier bin ich!«, und stapfte durch das sinkende Wasser auf die schwankenden Lichter zu.
Sie begrüßten ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Respekt – alle umdrängten ihn, Brebix, Musa, der junge Polites –, denn sie waren sich sicher gewesen, dass niemand diese Flut hätte überleben können. Brebix behauptete, das Tau sei ihm durch die Finger geglitten wie eine Schlange, und zum Beweis zeigte er seine Handflächen. Im Fackellicht war auf beiden eine rote Abschürfung zu sehen. Vielleicht sprach er die Wahrheit. Reuig genug hörte er sich jedenfalls an. Aber jeder Mörder würde betreten dreinschauen, dachte Attilius, wenn sein Opfer ins Leben zurückkehrte. »Soweit ich mich erinnere, Brebix, hast du gesagt, du könntest mich und meine Mutter halten.«
»Stimmt. Aber deine Mutter ist schwerer, als ich dachte.«
»Die Götter sind dir günstig gesinnt, Aquarius«, erklärte Musa. »Sie haben dir ein Geschick bestimmt.«
»Mein Geschick«, sagte Attilius, »ist es, diesen verdammten Aquädukt zu reparieren und dann nach Misenum zurückzukehren.« Er löste das Tau von seinem Bauch, nahm Polites die Fackel aus der Hand, schob sich an den Männern vorbei und richtete das Licht in den Tunnel.
Wie schnell das Wasser abfloss! Es reichte ihm nur noch bis zu den Knien. Er stellte sich vor, wie es auf seinem Weg nach Nola und den anderen Städten an ihm vorbeiwirbelte. Schließlich würde es sich seinen Weg um den ganzen Golf herum suchen, über die Arkaden nördlich von Neapolis und über den großen Bogen bei Cumae, auf dem Rücken der Halbinsel nach Misenum. Bald würde dieser Abschnitt völlig wasserfrei sein. Zurückbleiben würden nur Pfützen auf dem Boden. Was immer geschah – er hatte das Versprechen erfüllt, das er dem Befehlshaber gegeben hatte. Er hatte die Matrix frei gemacht.
An der Stelle, an der der Tunnel blockiert gewesen war, herrschte immer noch Chaos, aber die Gewalt des Wassers hatte ihnen einen großen Teil der Arbeit abgenommen. Jetzt mussten der Rest der Erde und des Gerölls fortgeschafft, ein neues Fundament geschüttet, neue Ziegelsteine gelegt und ein neuer Verputz angebracht werden – nichts Aufwändiges, nur eine provisorische Reparatur, bis sie im Herbst zurückkommen und ordentliche Arbeit leisten konnten. Es war immer noch eine Menge zu tun für eine Nacht, Arbeit, die erledigt sein musste, bevor der erste Schwall frischen Wassers sie erreichte, nachdem Becco in Abellinum die Schleusen geöffnet hatte. Attilius erklärte ihnen, was er brauchte, und Musa machte eigene Vorschläge. Wenn sie die Ziegelsteine gleich hinunterschafften, sagte er, könnten sie sie an den Wänden stapeln, damit sie griffbereit waren, wenn das Wasser abgelaufen war. Oben könnten sie sofort mit dem Anmischen des Zements beginnen. Seit Attilius die Verantwortung
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