Ponyherz, Band 1: Anni findet ein Pony (German Edition)
Moment. Dann sagt er: »Du weißt aber schon, dass du Ärger mit Frau Grünklee kriegst, wenn du beim Aufsatz fehlst? Ich kann dir einen Ritt auf meinem Gaul anbieten. Ist nicht so bequem wie der Bus, aber genauso schnell.«
Er klopft auf seinen Lenker.
»Meinst du das ernst?«, fragt Anni überrascht.
Lorenz nickt gönnerhaft. »Klar. Oder hast du Schiss?«
Fröhlich schüttelt Anni den Kopf. »Nö, wieso denn? Mir ist kein Gaul zu wild.«
Lorenz sieht Anni überrascht an. »Ach echt? Ich dachte, Mädchen mögen nur Pferdchen, die brav traben.«
Anni wirft ihm einen empörten Blick zu. »Na hör mal! So ein Quatsch! Heiße ich Pia?«
Sie klettert tapfer auf die Lenkstange. Das wackelt ganz schön. Aber sie lässt sich nichts anmerken.
Lorenz strampelt in Höchstgeschwindigkeit los.
»Uiiiih!«, kreischt Anni. Aber nach der ersten Panik macht es ihr richtig Spaß. Und als sie auf den Schulhof brettern, ist Anni ganz erstaunt, dass sie schon da sind. Der Ritt hätte auch noch ein bisschen weitergehen können.
»Danke!«, sagt Anni und springt übermütig vom Lenker. Dabei fällt das Zeichenheft aus ihrem Rucksack, ohne dass sie es bemerkt.
»War mir eine Ehre«, grinst Lorenz.
Anni kichert. »Das sagt mein Papa auch immer.«
Lorenz kettet sein Fahrrad an und bückt sich nach dem Heft zu seinen Füßen.
»Deins?«, fragt er. Bevor Anni ihn hindern kann, hat er es aufgeschlagen.
»Wow! Was ist das? Hast du dir das allein ausgedacht?« Er blättert weiter. »Die Zeichnungen sind echt cool! Dass du die Pferde so gut hinkriegst! Mein Onkel zeichnet auch. Der sagt, Köpfe sind total schwer. Der Kopf von dem Pony mit dem weißen Stern ist am besten.«
Anni beginnt zu strahlen. »Das ist kein Stern, sondern ein Herz auf seiner Stirn. Es heißt Ponyherz und ist total mutig.«
Lorenz lacht los. »Ponyherz. Schöner Kitsch. Passt aber irgendwie. Es guckt genauso frech wie du. Ist das dein Pferd?«
Anni wird knallrot. »Ich hab leider kein eigenes Pferd. Ist alles nur Fantasie. Die Geschichte ist auch noch gar nicht fertig.« Sie nimmt ihm das Heft schnell aus der Hand und packt es weg.
Nicht einmal Mara hat sie die Zeichnungen von Ponyherz gezeigt. Sie ist erleichtert, dass Lorenz nicht darüber gelästert hat.
Plötzlich hat sie es eilig, in die Klasse zu kommen. Sie lässt Lorenz einfach stehen und rennt los.
Erst an der Klassentür holt er sie ein. »Wirklich cool, dein Ponyherz, Anni«, wiederholt er und tippt auf ihren Rucksack. »Falls du Lust hast, kannst du mal zu uns auf den Hof kommen und dort Pferde abzeichnen.«
Krass. Anni bleibt vor Verblüffung wie angewurzelt stehen. Einen richtigen Pferdehof anzugucken hat sie sich schon lange mal gewünscht. Das ist deutlich spannender als ein Orchideenhof.
Anscheinend haben die anderen Mädchen gesehen, dass Lorenz Anni auf seinem Fahrrad mitgenommen hat. Sie stehen im Kreis um Pia herum und tuscheln heftig.
Anni kann sich denken, warum. Einige von ihnen finden Lorenz ziemlich süß, hat sie auf dem Schulhof mitgekriegt.
Als Anni an ihnen vorbeigeht, verstummen sie und starren sie neugierig an.
Auf keinen Fall lade ich diese Zicken zum Waffelessen ein, schwört sich Anni in diesem Augenblick. Und wenn sich Mama auf den Kopf stellt!
Aber Lorenz auf dem Pferdehof zu besuchen und sich die Pferde anzuschauen, darauf hat sie schon Lust. Zum Glück würde das ja keines der Mädchen jemals erfahren.
Das Aufsatzthema, das Frau Grünklee an die Tafel schreibt, heißt:
MEIN SCHÖNSTES FERIENERLEBNIS
»Ihr habt genug Zeit. Strengt euch an und macht nicht so viele Fehler«, ermahnt die Lehrerin ihre Klasse.
Sie setzt sich hinter das Lehrerpult. »Bestimmt habt ihr alle etwas Spannendes erlebt. Der schönste Aufsatz wird vorgelesen.«
Na toll. Sosehr Anni auch grübelt – dazu fällt ihr einfach nichts ein.
Schließlich waren ihre Eltern in den Ferien rund um die Uhr mit dem neuen Gewächshaus beschäftigt. Deshalb hat Anni die meiste Zeit draußen im Garten gesessen und hat an ihrer Ponygeschichte gezeichnet. Oder Lars beim Tunnelbauen mit seinem Bagger geholfen.
Total aufregend also.
»Anni Sommer, nicht schon wieder träumen. Die Aufgabe gilt auch für dich!« Frau Grünklee trommelt mit einem Kugelschreiber auf ihrem Tisch herum und blinzelt sie ungeduldig an.
Schuldbewusst beugt sich Anni über ihr leeres Heft. Sogar Lorenz scheint eine Idee zu haben. Zumindest hat er schon fast eine halbe Seite vollgeschrieben.
Mein schönstes Ferienerlebnis
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