Ponyhof Kleines Hufeisen - 05 - Stella, unser Pferdekind
Max sah, seufzte er unterdrückt. An der Haltung des Ponys konnte der erfahrene Arzt erkennen, daß Max an Hufrehe litt. Dr. Schröder untersuchte den Schecken vorsichtig. Dann richtete er sich auf und sah Cornelia ernst an. „Ein sehr schwerer Fall von Rehe“, erklärte er. „Die Huflederhaut ist entzündet und stark geschwollen. Ich werde Max ein entzündungshemmendes Mittel spritzen.“
„Hat er große Schmerzen?“ wollte Sabine wissen.
Dr. Schröder nickte, während er die Spritze herausnahm. „Mit Sicherheit. Sie müssen ihn beobachten. Seine Hufe sind sowieso in schlechtem Zustand. Solange das Hufbein nicht durch die Sohle bricht, besteht noch Hoffnung“, sagte Dr. Schröder. „Falls das passiert, muß Max möglichst schnell von seinen Schmerzen erlöst werden!“ Der Arzt sah auf die Uhr. „Ich muß noch nach Greihmhar-ting und Riedering, aber auf dem Rückweg schaue ich noch einmal vorbei“, sagte er.
Cornelia schickte die Kinder hinaus. Nur Sabine und Stefan sollten bei Max bleiben. Cornelia zeigte Sabine, wie sie sanft die Basis und die Spitzen der Ohren massieren konnte. „Das sind Akupressurpunkte für einen Schock. Hier, schau her, so! Wenn du Max dort massierst, unterstützt das seinen Kreislauf!“ Sie strich dem apathisch dastehenden Pony über die Mähne. „Halt durch, kleiner Bursche“, flüsterte sie ihm zu. Dann ging sie, um ihre nächste Reitstunde zu geben. Der Betrieb mußte weitergehen.
Stefan holte Eis, um das Wasser und damit auch Max’ Hufe zu kühlen.
Sabine massierte sanft und gewissenhaft die Ohren des Ponys. Max ließ es sich ruhig gefallen. Sie spürte, daß er große Schmerzen hatte. Ab und zu versuchte er die Position zu verändern, dann stöhnte er leise auf. Sie hätte ihm so gern mehr geholfen! Ruhig massierte sie weiter und sprach Max leise Trost zu.
Stefan stand bei ihr, sie wechselten sich ab. Sie sagten kein Wort. Stefan hatte Angst, seine bösen Befürchtungen auszusprechen. Auf dem Hof des Großvaters hatte er mehrmals sterbende Pferde gesehen. Er wußte, daß Max alt und schwach war. Der Junge wollte gerade gehen, um neues Eis zu holen, als Max heftig zu zittern begann. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und brach zusammen.
Sabine schrie erschrocken auf und sprang zur Seite.
Max schnaubte und schlug unruhig mit dem Schweif.
„Vielleicht sind die Schmerzen nicht so schlimm, wenn er nicht auf den Beinen stehen muß“, überlegte Stefan. Er wickelte kühle Lappen um die Vorderhufe des Ponys.
Sabine und Stefan blieben bei Max, bis Cornelia nach der Reitstunde kam. Als sie den Schek-ken am Boden liegen sah, wußte sie, daß sein Zustand sich verschlechtert hatte. Sie blieb jetzt selbst bei Max und schickte Sabine und Stefan ins Haus, damit sie sich etwas ausruhen konnten.
Einige Stunden später kam Dr. Schröder noch einmal. Er untersuchte Max’ Hufe. „Es hat keinen Sinn mehr“, sagte er niedergeschlagen. „Vorn rechts ist das Strahlbein durchgebrochen!“ Er sah Cornelia an. „Ich kann ihn gleich einschläfern, falls sie ihn nicht zum Schlachter geben wollen!“
„Auf keinen Fall!“ Cornelia war empört. „Max soll nicht mehr leiden! Wenn er schon sterben muß, dann soll es schnell und schmerzlos geschehen. Und hier, in seiner vertrauten Umgebung!“
„Es ist gut, daß Sie dieser Meinung sind“, sagte Dr. Schröder ernst. „Leider gibt es viele Leute, die an ihren Pferden Geld verdienen wollen und sie sogar in so einem Zustand noch als Schlachtpferde verkaufen!“
„Gemeine Tierquälerei! Die sollte verboten sein!“ rief Stefan empört. „Die Pferde werden vor dem Schlachten oft noch tagelang quer durch Europa gefahren und leiden furchtbare Qualen! Sie kriegen kein Futter, kein Wasser, und oft stehen die Waggons ewig in glühender Hitze! Furchtbar ist das! Und das Letzte, daß die Politiker der EG da nicht endlich mal die Gesetze ändern!“
Cornelia streichelte Max über die Stirn. „Nein, das wollen wir dir ersparen, Kleiner“, sagte sie leise. „Du sollst ohne Angst in deiner bekannten Umgebung von deinen Schmerzen erlöst werden. Es ist selbstverständlich, daß ich auch in deiner letzten Minute bei dir bleibe.“
Dr. Schröder bereitete die Spritze vor. „Verabschiedet euch von Max“, sagte Cornelia zu Stefan und Sabine. „Er spürt unsere Liebe jetzt und braucht sie!“
Weinend kniete Sabine sich ins Stroh und schlang die Arme um den Hals des Ponys. Sie brachte kein Wort heraus, aber sie bedankte sich im
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