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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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Frage lautet also: Wie entstehen Institutionen des freien Marktes und Demokratie? Easterly ist konsequent und sagt, dass auch Freiheit nicht von außen verordnet werden kann, dann wäre es keine Freiheit. Diese Institutionen müssen von innen heraus entstehen und sich von unten nach
oben entwickeln. Man kann nichts weiter tun, als für das Ideal der gleichen Rechte für alle zu werben. 20
    Die wichtigste Botschaft aus der historischen Analyse von Daron Acemoglu und James Robinson lautet: Schlechte Institutionen halten sich hartnäckig, und unter Umständen verschwinden sie nicht von allein. Wir teilen ihre Skepsis, sowohl was die Gefahr angeht, wenn institutionelle Veränderungen nach Schema F von außen aufgedrückt werden sollen, als auch was die Hoffnung betrifft, dass sich schon alles von selbst regeln wird, wenn man die Leute in Ruhe lässt. In einem Punkt unterscheiden wir uns von ihnen: Wir bleiben optimistisch. In der Praxis beobachten wir eine Menge bedeutender institutioneller Veränderungen, im Kleinen und ohne Invasion von außen oder ausgewachsene soziale Revolutionen im Inneren.
    Tatsächlich vermissen wir an der ganzen Debatte etwas Grundlegendes in der Definition von Institutionen: Institutionen definieren, wer wem wie verpflichtet ist. Das gilt sicher auch für die INSTITUTIONEN, die bei den meisten Analysen im Mittelpunkt standen (zumindest bei denen von Ökonomen und Politikwissenschaftlern) und die die Diskussion immer noch beherrschen: Demokratie, Dezentralisierung, Eigentumsrechte, das Kastensystem und so weiter. Aber jede INSTITUTION wird vor Ort durch viele spezielle lokale Institutionen verkörpert. Eigentumsrechte zum Beispiel werden in einer ganzen Reihe von Gesetzen festgelegt, die etwa regeln, wer was besitzen darf (in der Schweiz zum Beispiel dürfen Ausländer keine Ferienhäuser besitzen), was Eigentum eigentlich ist (in Schweden darf jeder überallhin gehen, sogar über anderer Leute Grund und Boden), wie Justiz und Polizei zusammen Gesetze durchsetzen (Jurys sind in den USA gang und gäbe, nicht jedoch in Frankreich, Deutschland oder Spanien) und vieles mehr. Jede Demokratie hat ihre Regeln, wer in welches Amt gewählt werden kann, wer zur Wahl gehen darf, wie Wahlkämpfe zu führen sind, und gesetzliche Vorgaben, die es mehr oder weniger leicht machen, Stimmen zu kaufen oder Wähler einzuschüchtern. Selbst autokratische Systeme lassen manchmal
etwas Raum für Bürgerbeteiligung. Wir haben es in diesem Buch immer wieder gesehen: Es kommt auf die Details an. Und Institutionen stellen da keine Ausnahme dar. Wenn wir wirklich verstehen wollen, was Institutionen für das Leben der Armen bedeuten, müssen wir die Perspektive ändern: von den INSTITUTIONEN in Großbuchstaben zu den kleingeschriebenen Institutionen – wir müssen den »Blick von unten« einnehmen. 21
    Veränderungen im Kleinen
    Der Pessimismus von Acemoglu und Robinson lässt sich zum Teil damit erklären, dass wir selten einen erfolgreichen, kompletten Regimewechsel von einem autoritären und korrupten System zu einer funktionierenden Demokratie beobachten. Wenn wir den Blick von unten einnehmen, bemerken wir als Erstes, dass es nicht immer notwendig ist, Institutionen von Grund auf zu verändern, um zu mehr Verantwortung und weniger Korruption zu gelangen.
    Obwohl umfassende demokratische Reformen nur sehr vereinzelt vorkommen, finden wir viele Beispiele, wo in begrenztem Umfang und auf lokaler Ebene Demokratie eingeführt wurde, selbst in Obrigkeitsstaaten. Sogar in ansonsten autoritär regierten Staaten wie Indonesien unter Suharto, Brasilien während der Militärdiktatur oder Mexiko unter der Führung der PRI ( Partido Revolucionario Institucional, »Partei der Institutionellen Revolution«) haben Wahlrechtsreformen stattgefunden. Auf lokaler Ebene wurden Wahlen beispielsweise in Vietnam (1998), Saudi Arabien (2005) und im Jemen (2001) eingeführt. Typischerweise begegnete der Westen diesen Wahlen mit Skepsis: Wahlergebnisse werden häufig geschönt, und die gewählten Vertreter verfügen nur über wenig Handlungsspielraum. Dennoch gibt es beeindruckende Belege, dass sich diese sehr unvollkommenen Wahlen deutlich auf die Arbeit der örtlichen Verwaltungen auswirken. Anfang der achtziger Jahre wurden in ländlichen Regionen
Chinas nach und nach Wahlen auf Dorfebene eingeführt. Anfänglich bestimmte die Kommunistische Partei noch, wer kandidieren durfte. Ihre Ortsgruppe und der eingesetzte Parteisekretär waren

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