Poor Economics
finanzielle Unterstützung. 12 Später verglich eine andere Studie Transferleistungen mit und ohne Vorbedingung in Marokko – mit ganz ähnlichen Ergebnissen. 13
Es gibt vermutlich mehrere Gründe, weshalb die finanziellen Transferleistungen in Malawi solche Wirkung zeigten: Vielleicht konnten Eltern das Schulgeld nicht aufbringen oder sie konnten nicht auf das Geld verzichten, das ihre Kinder verdienten. Sich Geld zu leihen, um damit den Schulbesuch einer Zehnjährigen zu finanzieren, im Vertrauen auf das, was sie einmal mit zwanzig verdienen wird, ist natürlich völlig illusorisch. Indem die Transferleistungen die Eltern aus der extremen Armut herausholen, erhalten diese endlich die Möglichkeit, langfristig zu planen. Die Kosten für den Schulbesuch müssen hier und heute aufgebracht werden (Sie selbst müssen Ihre Kinder hier und heute mit Engelszungen überreden oder mit Drohungen dazu bewegen), doch es wird sich erst später auszahlen.
Aus all diesen Gründen spielt das Einkommen per se eine Rolle bei Bildungsentscheidungen. Jamal wird weniger Bildung erhalten als John, weil seine Eltern ärmer sind; das gilt auch dann, wenn die aus der Bildung erwachsenden Einkommenszugewinne für beide gleich sind. Tatsächlich zeigt unser 18-Länder-Vergleich, dass die Ausgaben für Bildung relativ gesehen steigen, wenn wir von der Weniger-als-99-Cent-am-Tag-Gruppe zu der übergehen, die 6 bis 10 Dollar zur Verfügung hat. Da in einer Familie umso weniger Kinder zur Welt kommen, je höher das Einkommen ist, bedeutet das, dass die Bildungsausgaben pro Kind stärker steigen als die Gesamtausgaben. Das ist das genaue Gegenteil dessen, was wir in einer Welt erwarten würden, in der Bildung eine Investition wie jede andere sein soll.
Weil das elterliche Einkommen eine so entscheidende Rolle bei der Investition in die Bildung spielt, werden reiche Kinder mehr Bildung erhalten, selbst wenn sie nicht besonders begabt sind, und begabte arme Kinder kommen womöglich nicht in den Genuss von Bildung. Wenn man alles dem Markt überlässt, wird
es immer von ihrer Herkunft abhängen, ob Kinder die ihren Fähigkeiten entsprechende Bildung erhalten oder nicht. Da man die Einkommensunterschiede nicht völlig ausgleichen kann, sind staatliche Interventionen auf der Angebotsseite notwendig, um Bildung billiger zu machen und sich dem in sozialer Hinsicht besten Ergebnis anzunähern: wirklich jedem Kind eine Chance zu geben.
Funktioniert Bildungspolitik von oben nach unten?
Es stellt sich die Frage, ob diese Art staatlicher Intervention, selbst wenn sie im Prinzip wünschenswert wäre, tatsächlich machbar ist. Wenn Eltern kein Interesse an Bildung haben, besteht dann nicht die Gefahr, dass eine von oben nach unten durchgedrückte Bildungsoffensive lediglich in eine Vergeudung von Ressourcen ausartet? In seinem Buch The Elusive Quest for Growth (»Das trügerische Streben nach Wachstum«) sagt William Easterly zum Beispiel, dass die Bildungsinvestitionen in afrikanischen Staaten nicht zu mehr Wachstum geführt hätten.
Wie immer findet man am ehesten eine Antwort auf diese Frage, wenn man sich ansieht, was passierte, als verschiedene Länder diese Methode ausprobierten. Die gute Nachricht vorab: Trotz schlechter Unterrichtsqualität sind Schulen nützlich. Nach dem ersten Ölboom im Jahr 1973 beschloss der damalige indonesische Diktator General Suharto, in ganz großem Stil Schulen zu bauen. 14 Es war das klassische von oben nach unten durchgesetzte, angebotsorientierte Programm: Die Schulen wurden nach festen Vorgaben errichtet, die den Regionen Vorrang gaben, wo bis dahin prozentual am wenigsten Kinder zur Schule gingen. Wenn der Mangel an Schulen eine Folge von mangelndem Interesse an Bildung wäre, dann hätte dieses Programm grandios scheitern müssen.
In Wahrheit war das INPRES ( Instruksi Presiden, »Instruktion des Präsidenten«)-Programm jedoch ein voller Erfolg. Esther verglich in einer Studie die Löhne von Erwachsenen, die damals als erste Kinder von den neuen Schulen profitierten, mit den Löhnen
der etwas älteren Jahrgänge, die diese Chance gerade verpasst hatten. Sie stellte fest, dass dort, wo die neuen Schulen gebaut worden waren, die Löhne der jüngeren Leute deutlich höher lagen als die der älteren. Als sie die Auswirkungen auf Bildung und Einkommen zusammenrechnete, ergab sich, dass jedes dank der neuen Schulen abgeschlossene weitere Grundschuljahr den Lohn um etwa 8 Prozent steigerte. Diese Abschätzung der
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