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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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jetzt schon einen Hinweis im Sitzungsprotokoll, der mich dazu verpflichtet, die «Gartentauglichkeit der
     Survival-Praktiken» in den Vordergrund zu stellen. Mit anderen Worten: Ich soll die Neun- bis Zwölfjährigen nicht dazu ermuntern,
     tatsächlich in der echten Wildnis überleben zu wollen. Und obwohl es mir nicht leichtfällt, muss ich auch die deprimierenden
     Statistiken berücksichtigen, denen zufolge Kinder sich eigentlich gar nicht mehr für «traditionelles» Spielzeug interessieren.
     Selbst die Kleinsten begeistern sich bereits für CD-ROMs, technische Geräte und Videospiele. Manchmal hat man fast den Eindruck,
     diejenigen unter uns, die noch im «traditionellen» Bereich der Spielzeugbranche festsitzen, dürften inzwischen nur noch lustige
     Figürchen für Hamburger, Frühstücksflocken, Comics und Filme entwerfen. Irgendwann stand mal zur Diskussion, meine Produkte
     zu «aktualisieren», indem man jedes mit einer bekannten Filmfigur verknüpft: dem Kung-Fu-Detektiv aus einem japanischen Zeichentrickfilm,
     dem jugendlichen Spion aus einem Sommerfilm mit Millionenbudget. Ich bin heilfroh, dass das nicht umgesetzt wurde.
     
    Nun wandere ich also eine fremde Straße in einer fremden Stadt entlang und stelle mir vor, auf der Flucht zu sein, und das
     geht natürlich unmittelbar in meine Ideen für das Survival-Set ein, obwohl ich die Vorstellung merkwürdig finde, dass einer
     «meiner» Neun- bis Zwölfjährigen (auch merkwürdig, dass ich sie schon als «meine» Kinder betrachte) tatsächlich so traumatisiert,
     verschroben und einzelgängerisch sein sollte, von zu Hause auszureißen und das Survival-Set in einer realen Echtzeitsituation
     auf die Probe zu stellen anstatt im Garten hinter dem Haus. Trotzdem überlege ich mir: Was wäre, wenn du ausgerissen und jetzt
     hier in dieser Stadt gelandet wärst, wo vertraute Geschäfte plötzlich unheimlich düstere Schattenwerfen, während deine Eltern schon nach dir suchen? Oder nein   … vielleicht suchen sie ja gar nicht nach dir. Vielleicht wurden sie von einem Biotechnologie-Unternehmen entführt, und jetzt
     ist ein großer, böser Mann hinter dir her, denn die Firma braucht auch dich, um die Familie komplett zu machen und alle Geninformationen
     für ihr scheußliches Experiment beisammen zu haben. Was würdest du tun? Wohin würdest du gehen?
    In letzter Zeit denke ich wieder viel über Entführungen nach. Angefangen hat das mit einem Buch, das ich im Büro fand. Es
     ging um die Rolle der Angst beim Vermarkten von Produkten für Kinder. Das Buch schlug vor, ein «sprechendes Kissen» herzustellen,
     auf das die Eltern beruhigende Worte aufnehmen können. Wenn das Kind nachts verängstigt und allein aufwacht, braucht es nur
     einen Knopf am Kissen zu drücken, um sich wieder zu beruhigen. Ich fand diese Vorstellung beängstigend; sie hat eine Erinnerung
     an meine eigene Kindheit in mir wachgerufen, als ich eine Zeitlang so große Angst hatte, entführt zu werden, dass ich monatelang
     im Zimmer meiner Großeltern schlafen musste. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht einmal mehr Eltern, geschweige denn ihre
     angeblich beruhigenden Stimmen auf Band.
    Wenn es hell ist, wimmelt es in dieser Straße sicher von guten und bösen Menschen. Die bösen fallen am Tag nicht weiter auf.
     Sie verschwinden zwischen all den anderen Körpern, den Gerüchen, Gedanken, Plänen und Entscheidungen, den Autos, Bussen, Handys,
     Schuhen, Zeitschriften und Kündigungen, zwischen dem Fastfood-Imbiss und der Affäre mit dem Chef, von der einem alle Welt
     abgeraten hat. Nein, falsch. Was würde ein Kind tagsüber hier sehen? Spielzeugläden, denke ich, als einer neben mir ins Blickfeld
     gerät. Jetzt bin ich wirklich mittendrin in der Arbeit. Ich trete vor das Schaufenster und entdecke ein Produkt, dessen Entstehung
     ich von Anfang anmitbekommen habe, die ganze Entwicklung, das Design. Dan, mein einziger Beinahe-Freund bei PopCo, hat die Verpackung dafür
     entworfen. Ich weiß nicht recht, wie ich zu Verpackungen stehe. Er auch nicht. Er hat es mehr mit Farbenlehre.
    Vielleicht würde ein Kind die bösen Menschen ja sehen, auch wenn sie teilweise in der Masse aller anderen Leute verschwänden.
     Zauberwesen können doch angeblich auch nur von Kindern wahrgenommen werden; sobald man erwachsen ist, verliert man diese Fähigkeit.
     Mit der dunklen Seite ist es genauso – vielleicht, weil Kinder dem Tod noch näher sind, wenn man davon ausgeht, dass der Tod
     dem

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