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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Abstimmung fiel einstimmig aus. Sie tauften
     das Schiff in
Rebecca
um und legten neue Schiffsartikel fest. Obwohl diese Artikel nie gefunden wurden, ist davon auszugehen, dass sie ähnliche
     Klauseln und Regelungen enthielten, wie man sie auf anderen Piratenschiffen jener Zeit fand. Selbstverständlich gehörte dazu
     auch die Devise «Kein Lohn ohne Beute!», obwohl die
Rebecca
ihr Piratendasein ja bereits mit wertvoller Ladung an Bord begann. Die Artikel dürften detailliert festgehalten haben, wie
     Fracht, Profit und Beutegut zu verteilen waren, wie die Männer für Verwundungen entschädigt werden sollten und welches Verhalten
     an Bord erlaubt oder untersagt war. Nachdem sie sich auf die Schiffsartikel verständigt hatten, wählten die Männer ihren Kapitän.Und natürlich wählten sie Francis Stevenson. Dann setzten sie die Segel und nahmen Kurs auf die Westindischen Inseln.
    Der Tabak ließ sich auf Jamaika bestens verkaufen, und so war die Besatzung der
Rebecca
über Nacht reich geworden. Nun begann das wahre Piratenleben. Ziele gab es in ihrer unmittelbaren Nähe mehr als genug: spanische,
     portugiesische und französische Schiffe. Francis verfolgte beim Erbeuten der Fracht anderer Schiffe eine recht eigenwillige
     Strategie. Hatten sie ein Schiff gekapert, entschuldigte er sich in aller Form bei der Besatzung, bat sie dann, sich abzuwenden,
     und tötete den Kapitän. Nachdem er die Kanonen des Schiffes unbrauchbar gemacht und alle Handfeuerwaffen an sich genommen
     hatte, wünschte er der Besatzung noch einen schönen Tag und segelte von dannen. Dieses Vorgehen brachte ihm den Beinamen eines
     «Piratenkavaliers» ein, auch wenn sich nicht ganz nachvollziehen lässt, wie viel von einem Kavalier tatsächlich in ihm steckte.
     Stevenson wird ebenso gewalttätig gewesen sein wie andere Piraten jener Zeit: Er tötete auf seinen Beutezügen täglich. Zu
     seiner Verteidigung kann man aber vorbringen, dass er sich stets an seinen Pakt mit Gott hielt und niemals Gefangene nahm.
     Stattdessen tötete er. Doch da er von Anfang an ein menschlicheres Vorgehen pflegte, hält man es für recht wahrscheinlich,
     dass er sich, anders als viele Piraten, weder Vergewaltigungen oder Folterungen noch andere Grausamkeiten zuschulden kommen
     ließ. Er hatte es nicht nötig, Städte zu überfallen. Als Pirat lebte er ausschließlich auf See, plünderte Schiffe und verkaufte
     die erbeuteten Schätze auf den karibischen Inseln.
    So vergingen einige Monate, bis das Blatt sich zu wenden begann. Etliche Mitglieder der ursprünglichen Besatzung hatten beschlossen,
     sich auf Jamaika oder einer anderen Insel, mit der die
Rebecca
Handel trieb, niederzulassen. Für sie musste Ersatz gefunden werden. Schließlich siedelten sich auch John Christianund einige andere Indianer auf einer karibischen Insel an und beschworen Francis, bei ihnen zu bleiben. Doch er wollte sein
     Schiff nicht verlassen. «Wir werden immer einen Platz an unserem Tisch für dich freihalten», versprach ihm John. «Vielleicht
     kommst du eines Tages ja doch zu uns.» Möglicherweise hatte Francis auch genau das vor. Doch er bekam keine Gelegenheit mehr
     dazu. Keinen Monat später setzte seine neue Besatzung ihn auf einer einsamen Insel aus. Sie wollten diesen Kapitän mit seinen
     eigentümlichen Gepflogenheiten nicht mehr, sie wollten Städte plündern und hemmungslos Gewalt ausüben dürfen, und so wählten
     sie schlicht einen neuen Kapitän und schafften Francis Stevenson von Bord.
    Doch auch Francis war nicht dumm gewesen. Noch ehe John und die anderen das Schiff verließen, hatte er einen besonders umfangreichen
     Beuteschatz vergraben, vermutlich auf einer der zahllosen Pazifik-Inseln in der Nähe des heutigen Tahiti. Francis wusste als
     Einziger, wo sich der Schatz befand. Obwohl nicht ganz nachzuvollziehen ist, wie er das angestellt hatte, schrieb er doch
     selbst, er habe sich «teuflischer Tricks» wie Augenbinden und Täuschungsmanövern bedient, da er seiner Besatzung bereits nicht
     mehr traute. Francis zeichnete den Ort, an dem er den Schatz vergraben hatte, auf einer Karte ein, verschlüsselte sie mit
     dem Geheimcode, den er Jahre zuvor entwickelt hatte, und als die
Rebecca
wieder in See stach, trug er das Schriftstück am Körper. Niemand kann sagen, weshalb Francis den Schatz just zu diesem Zeitpunkt
     vergrub. Vielleicht ahnte er ja, dass er nicht bis in alle Ewigkeit Pirat bleiben konnte, und plante, ihn irgendwann zu holen.
     Es kann

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