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PopCo

PopCo

Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Klamotten tragen oder kombinieren, die jemand hier im Büro
     als Erstes getragen hat, weil sie von Freunden entworfen oder vermarktet wurden. Was wir hier tun, ist wichtig. Wir und unsere
     Freunde, wir sind das Zentrum dieser ganzen gottverdammten Stadt.» Manchmal macht Chi-Chi mir wirklich Angst. Ich war noch
     nie mit solchen Leuten Bier trinken, und ich habe auch noch nie Klamotten getragen, die den Mitgliedern irgendeiner Girl-
     oder Boygroup gefallen könnten. Und ich bin mit Sicherheit die Letzte, die sich irgendwie als Zentrum bezeichnen würde.
     
    Im ersten Workshop des heutigen Tages müssen wir unsere Produktpläne präsentieren, die wir mit Hilfe der Matrix erstellt haben.
     Ich bringe meine Präsentation eines außerirdischen Froschbanditen so rasch wie möglich hinter mich und schalte dann ab, während
     die anderen ihre Vorschläge erläutern. Die ganze Zeit habe ich nur einen Gedanken:
Bin ich glücklich?
Ich kann es wirklich nicht sagen.
    Mittags steigen Dan und ich mit belegten Broten und einer großen Thermoskanne Tee zu unserer Bergfestung hinauf. Ich bin schon
     drauf und dran, ihm von den chiffrierten Nachrichten und von Georges und allem zu erzählen, aber er kommt mir zuvor.
    «Wie warst du eigentlich als junges Mädchen, Butler?», fragt er.
    «Was?», frage ich zurück. «Ich? Als junges Mädchen? Wieso willst du das denn wissen?»
    «Ach, ich   … Komm, sag schon, wie warst du?»
    «Soll das jetzt eine Zielgruppenrecherche werden?», frage ich misstrauisch.
    «Ja, so was in der Art. Ich weiß halt einfach nicht, wie man als junges Mädchen denkt, wie einem das Leben so vorkommt.Ich brauche ein paar Einblicke, bevor ich mich ernsthaft an einen ersten Produktplan machen kann.»
    «Kommt das nicht eh heute noch?», frage ich ihn. Für den Nachmittag steht ein Gastvortrag auf dem Programm, der uns über entstehende
     Trends in der Jugendkultur informieren soll. Der Redner ist Marktforscher und involviert in eine umfangreiche Studie mit dem
     Titel
Markiert: Loyalität, Anerkennung und Markenbewusstsein unter Dreizehn- bis Siebzehnjährigen
. Die Ergebnisse werden uns einige Zeit vor der offiziellen Veröffentlichung präsentiert, und dem Memo zufolge, das uns gestern
     ausgeteilt wurde, ist PopCo darüber «hellauf begeistert».
    «Ja, aber ich brauche was Handfestes», sagt Dan. «Was Direktes. Du bist schließlich ein Mädchen, da dachte ich   …»
    «Ich war aber kein typischer Teenager. Im Gegenteil.»
    Dan lacht. «Komisch, dass mich das jetzt so gar nicht überrascht.»
    Heute ist es diesig über dem Moor, und obwohl es immer noch heiß ist, kann man kaum etwas erkennen. Wenn ich nach unten schaue,
     sehe ich nicht viel mehr als einen dünnen Schleier, der über allem glitzert wie Sternenstaub. Der ideale Tag für einen feindlichen
     Überfall: Man würde den Gegner nicht kommen sehen, bis er direkt vor einem stünde.
    «Was hast du beispielsweise gemacht, als du – sagen wir mal, vierzehn warst?», fragt Dan.
    «Mit vierzehn? Lieber Himmel. Da bin ich aufgestanden, zur Schule gegangen, nach Hause gekommen, habe Hausaufgaben gemacht
     und bin dann ins Bett.»
    «Mensch, Butler!»
    «Was denn?»
    «Es gab doch sicher auch noch Zeit dazwischen.»
    «Ich habe viel gelesen. Und meinem Großvater bei seinen diversen Projekten geholfen. Er hat mir beigebracht, wie man Kreuzworträtsel
     zusammenstellt   …»
    Dan sieht mich kopfschüttelnd an. «Mit anderen Worten, du warst der langweiligste Teenie der Welt.»
    Er meint es als Scherz, doch ich werde plötzlich wütend.
    «Was hast du denn bitte mit vierzehn in deiner Freizeit gemacht? Die Welt gerettet? Mit Außerirdischen kommuniziert? Den Feind
     ausspioniert?»
    Er scheint nicht recht zu wissen, wie ernst ich das meine. «Keine Ahnung. Ich glaube, mit vierzehn habe ich mir hauptsächlich
     cooles Zeug im Fernsehen reingezogen.»
    «Fernsehen. Na dann.» Ich kann es nicht ändern: Ich bin jetzt richtig wütend.
    «Was denn? Was ist denn falsch an Fernsehen?»
    «Fernsehen gaukelt dir ein Leben vor, das gar nicht deines ist. Hast du das etwa nicht gewusst? Ich hatte wenigstens ein richtiges
     Leben, auch wenn es deiner Meinung nach ein stinklangweiliges war.»
    «Mein Gott, Alice, jetzt komm mal wieder runter.»
    «Nein. Ich finde das beschissen. Dieser ganze Retro-Mist in letzter Zeit.
Wisst ihr noch, wie wir das damals in den Siebzigern alle im Fernsehen gesehen haben? Das war ja so irre ironisch
. Ich weiß meistens nicht mal,

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