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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Pflegefamilie gelebt haben soll. Und dort fand ich es dann. Oktober 1605, die Taufe eines Knaben namens Francis Stevenson.
     Thomas Younge ist als Taufpate eingetragen, Mary Younge als Patin. Die Taufe wurde von dem Arzt Christopher Marchant bezeugt.»
    «Und da wusstest du, dass alles stimmt?»
    «Noch nicht so ganz. Zumindest wusste ich aber, dass es Francis Stevenson tatsächlich gegeben hatte. Und Poe konnte unmöglich
     Zugang zu den Gemeinderegistern von Tavistock gehabt haben, ebenso wenig wie ein anderer in Frage kommender amerikanischer
     Fälscher aus der Zeit – das hätte ja unwahrscheinlich viel Mühe gekostet. Es hatte mich auch immer schon gewundert, dass die
     ganze Geschichte so englisch klang, wo es doch eine Fälschung aus Amerika sein musste. Es waren einfach zu viele Details korrekt,
     es musste eine Geschichte aus England sein. Und hätte sich doch irgendwer das alles ausgedacht, wäre es ein zu großer Zufall
     gewesen, dass ein Francis Stevenson im richtigen Kirchenregister auftaucht. Natürlich hieß die Tatsache, dass es Stevenson
     gegeben hat, noch lange nicht, dass auch die Sache mit dem Schatz und dem Code der Wahrheit entsprach. Jeder, der von dem
     Piraten Francis Stevenson gehört hat, hätte die Geschichte von dem verborgenen Schatz auch hinzudichten können. So was kommt
     alle naselang vor. Dennoch suchte ich mir einen Großteil von Francis Stevensons Geschichte durch eigene Recherchen zusammen,
     und andere Historiker und Schatzsucher füllten die Lücken auf. Beispielsweise stellte sich heraus, dass Mollys Tagebuch aus
     Kinderzeiten erhalten war, und auch einige Aufzeichnungen von den Schiffen, auf denen Francis Stevenson angeheuerthatte. Sein Logbuch und sein persönliches Tagebuch von der Reise mit der
Fortune
liegen in Plymouth im Museum. Es passte einfach alles zusammen.»
    «Und wann wusstest du dann sicher, dass es stimmt?», frage ich. Vor lauter Aufregung habe ich ein ganz kribbeliges Gefühl
     im Bauch. Wenn ich meinen Großvater dazu bewegen kann, mir zu verraten, wo der Schatz vergraben liegt, wie er es auch meinem
     Vater verraten haben muss, kann ich mich auf die Suche nach meinem Vater machen, ihn wieder nach Hause bringen. Oder – und
     das wäre noch viel aufregender – mein Vater kehrt eines Tages mit dem Schatz zurück, wir ziehen in ein Schloss, und ich werde
     Prinzessin! Geschichten über Piraten und verborgene Schätze heitern jedes Kind auf, egal, wie unglücklich es gerade ist, und
     erst recht, wenn es um echte Piraten und echte verborgene Schätze geht. Meine Porridge-Tränen kommen mir jetzt mindestens
     so weit weg vor wie Australien.
    «Ich wusste es nicht», antwortet mein Großvater. «Man kann in solchen Fällen nie mit Sicherheit sagen, was echt ist und wo
     genau die Fälschung anfängt, falls es denn eine gibt. Nach allem, was wir wissen, kann schließlich auch Francis Stevenson
     selbst eine falsche Fährte gelegt haben. Für mich war das Wichtigste, dass die Geschichte aufging. Ich hatte es mit einem
     jungen Mann zu tun, der eindeutig zur See gefahren und mit den richtigen Schiffen unterwegs gewesen war, der lesen und schreiben
     konnte und sich für Codebotschaften interessierte. Das genügte mir, um mit der Arbeit daran zu beginnen.»
    «Was bedeuten denn die ganzen Zahlen?» Ich blättere wieder in dem kleinen, roten Buch.
    «Das ist ein Code. Keine Chiffre, sondern ein Code.»
    Eine Chiffre ist es, wenn die Buchstaben durch Symbole ersetzt werden, die dann einzelne Wörter in einer bestimmten Sprache
     bilden. Bei einem Code stehen die Symbole für ganzeWörter oder Ideen. Das habe ich mir gemerkt, was gut ist, weil ich jetzt nicht danach zu fragen brauche.
    «Bei diesem Code, der zu Stevensons Lebzeiten übrigens nicht sonderlich verbreitet war, steht jede Zahl für ein Wort. Den
     Schlüssel stellt normalerweise ein Buch oder Manuskript dar, das sowohl dem Versender als auch dem Empfänger der Codebotschaft
     zugänglich ist. So würde beispielsweise die Zahl 01 im verschlüsselten Text dem ersten – in manchen Varianten auch dem letzten
     – Wort des Schlüsseltextes entsprechen. Und die Zahl 211 entspräche üblicherweise dem zweihundertundelften Wort. Solange der
     Schlüsseltext geheim bleibt, ist das eine der sichersten Verschlüsselungsmethoden, die es gibt, vor allem heutzutage, wo es
     Abermillionen von Büchern gibt. Wir zwei könnten uns jetzt beispielsweise auf einen wenig bekannten Science-Fiction-Roman
     als

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