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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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auch.» Ich grinse ihn an, und er drückt mich an die Tür und küsst mich gierig. Selbst das spüre ich viel intensiver
     als sonst. Wie es wohl sein wird, in diesem Zustand Sex zu haben? Fast will ich den Ausflug schon sausen lassen, um den Tag
     mit Ben im Bett zu verbringen und es herauszufinden. Andererseits habe ich diese Woche schon mehr als genug Zeit im Bett verbracht.
     Das kann warten. Wenn ich mich den ganzen Tag auf den Sex freuen kann, wird er vielleicht noch viel besser.
    Mit einem Mal hält Ben mich fest, als würde ich gleich in einen Zug steigen oder in den Krieg ziehen oder etwas Derartiges.
    «Ben?» Ich schiebe ihn ein Stückchen von mir, um ihn anzusehen. «Was ist denn?»
    «Nichts. Ich werde nur   … Es ist albern, aber   … ich werde dich einfach vermissen. Sonst nichts.» Er runzelt die Stirn. «Und ich wollte   …»
    «Ja?»
    Er wendet den Blick ab. «Das hier. Ich wollte, dass es länger dauert.»
    «Was meinst du mit ‹das›?»
    «Herrgott nochmal, Alice. Das mit uns.»
    «Aber kann es denn nicht länger dauern?», frage ich.
    «Willst du das denn? Obwohl du alles hier hinter dir lässt?»
    «An dem ersten Wochenende, an dem du wieder zu Hause bist, erwarte ich dich bei mir. Was hältst du davon? Ich koche auch was.»
    Seine Augen funkeln schon wieder. «Gegenvorschlag», sagt er. «Ich lasse nächstes Wochenende hier alles sausen, setze mich
     in den Zug und besuche dich, ganz egal, was das heißt. Wie klingt das?»
    «Wunderbar», sage ich.
    «Gut.»
     
    Esthers Fahrstil ist äußerst eigenwillig. Sie benimmt sich, als wäre sie auf einer Safari, und fährt dabei nicht schneller
     als fünfzig – zum Glück, denn sie schaut so gut wie nie auf die Straße.
    «Ein Häschen!», ruft sie, als wir durch das Moor fahren. «Guckt mal – eine wollige Kuh! Ein Gruselwald. Und ein Hexenhaus   …»
    Nach kurzer Zeit hat sie mich angesteckt. «Eine kleine Bummelbahn», rufe ich, als würden wir eine Liste durchgehen. «Und noch
     mehr Kühe. Die sehen allerdings nicht gerade glücklich aus   …»
    Als wir nach Totnes kommen, ruft Ben: «Schau, Esther! Erdlinge!»
    «Klappe, Ben», gibt sie zurück.
    Auf dem Weg durch die Stadt erhasche ich einen kurzen Blick auf die runde, graue Burg, dann fahren wir auf einen halbleeren
     Parkplatz. Ich würde zu gern wissen, wie die Burg von oben aussieht. Vielleicht finde ich ja irgendwo eine Postkarte.
    Esther erklärt mir die Anordnung der Stadt.
    «Eigentlich ist das nur eine einzige lange Straße, die den Hang hochführt», sagt sie. «Oben sind die lustigeren Läden, aber
     der beste Naturkostladen ist unten. Ähm   …»
    «Gibt es ein Museum?», frage ich. Das ist so eine seltsame Angewohnheit von mir. Immer, wenn ich an einen neuen Ort komme,
     muss ich als Erstes ins Museum.
    «Ja», sagt Esther. «Oben. Vielleicht drei Viertel den Hang hoch.»
    Wir parken und steigen aus.
    «Also   …», sagt Ben. «Ich will jetzt erst mal in diesen tollen Naturkostladen, und danach werde ich versuchen, irgendwo vegane Segelschuhe
     aufzutreiben. Was machst du, Alice?»
    «Ich glaube nicht, dass ich den ganzen langen Hang erst runter- und dann wieder hochlaufen werde», sage ich. «Ich schaue mich
     lieber hier oben ein bisschen um und gehe vielleicht ins Museum. Sollen wir uns nachher wieder zum Mittagessen treffen?»
    «Gut», sagt Ben. «Ich schreibe dir eine SMS, wenn ich fertig bin, okay?»
    «Ich habe kein Handy», sage ich.
    «Wieso hast du denn kein Handy?», fragt Esther.
    Ich zucke die Achseln. «Ich mag die Dinger einfach nicht.»
    «Und was machst du, Esther?», fragt Ben.
    «Ich treffe mich unten mit Chloë», sagt sie mit leicht gerunzelter Stirn. «Wir wollen zusammen mittagessen.»
    «Sollen wir uns dann irgendwo hier oben treffen?», frage ich Ben.
    «Ja, gut», sagt er. «Sagen wir doch   … um eins vor dem Museum?»
    «Wunderbar», sage ich.
     
    Ich mache mich auf den Weg bergauf, zur Hauptstraße, vorbei an zwei Pubs und einer Fish ’n’ Chips-Bude. Dann überquere ich
     eine Straße und habe das Gefühl, in eine andere Dimension eingetreten zu sein. Das ist ja wie in einem alten Roman. Die Straße
     ist schmal, zu beiden Seiten drängen sich alte Häuser.Ich sehe einen Laden, der indische Klamotten und Windspiele verkauft, einen Naturkostladen, ein Geschäft mit Ware aus biologischer
     Baumwolle (mit einer wunderschönen, sichtlich weichen braunen Decke im Fenster), einen Oxfam-Laden, eine Boutique mit Fairtrade-Kleidern
    

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