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Poppenspael

Poppenspael

Titel: Poppenspael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Mütze und marschiert mit einem
lauten »Moin, Moin!« vorbei. Der Zöllner fragt
jeden einzelnen von der Mannschaft nach Waren, die deklariert
werden müssen. Der linke Gang an den Ladeluken vorbei ist
dadurch versperrt. Ketelsen geht über die andere Seite,
hält sich unbeholfen an der Reling fest und öffnet die
Tür zur Brücke. Der Kapitän wühlt in einem
Stapel von Schiffs- und Frachtpapieren. Er ist groß und
sehnig, um die 50, vielleicht auch jünger. Sein Gesicht ist
wettergebräunt. Die gegerbte Haut lässt auf einen
Menschen schließen, der sich viel im Freien
aufhält.
    »Sie sind Mann
von Firma Asmussen?«, fragt er in gebrochenem
Deutsch.
    »Richtig«,
antwortet Ketelsen auf Russisch. »Wie viel Tonnen haben Sie
geladen?«
    »Offiziell?«,
flüstert er, erleichtert, Russisch sprechen zu
können.
    Ketelsen legt diskret
den Finger auf den Mund, obwohl niemand im Raum ist. Er wirft einen
verstohlenen Blick durch die Scheibe und sieht, dass die Mannschaft
vollzählig um den Zollbeamten versammelt ist. »Wie viel
wirklich geladen ist«, flüstert er leise
zurück.
    »2.100
Tonnen.«
    »Gut, sehr gut!
Hier wird alles reibungslos abgewickelt, denke
ich.«
    »Die Firma
Argroprom hat zwei Männer mitgeschickt, die wollen mit Ihnen
sprechen.«
    »Zwei
Männer?«
    »Ja, sie sind
als Passagiere an Bord.«
    »Und was wollen
die?«
    »Ich weiß
darüber nichts, ist eine Anordnung von Herrn Micolaesky
persönlich. Wenn es mit den Papieren losgeht, schicke ich die
beiden ins Vorschiff, da können Sie ungestört
reden.«
    Ketelsen ist der
bloße Gedanke daran äußerst unangenehm. Er
lässt sich aber nichts anmerken, grüßt kurz und
geht. Vor der Tür kommt ihm Ertel entgegen.
    »Das trifft sich
gut«, sagt er, schirmt den Zollbeamten mit dem Rücken
vor unerwünschten Blicken ab und drückt ihm
augenzwinkernd die Broschüre in die Hand, aus der die
Geldscheine ein kleines Stück herausragen. »Ein kleines
Präsent der Firma Asmussen, eine Dokumentation der letzten 50
Jahre Firmengeschichte. Inhaltlich sehr
interessant!«    
    Ertel grinst,
lässt das Heftchen blitzschnell in seine Aktentasche gleiten
und verschwindet ohne ein Wort hinter der Eisentür. In der
Zwischenzeit haben einige Matrosen damit begonnen, die Ladeluken zu
öffnen. Vorsichtig, unter ächzendem Geknarre, ziehen zwei
Motorwinden sie von beiden Seiten nach oben. Der Ausleger auf der
Kaimauer schwenkt das herabhängende Saugrohr über die
Lukenöffnung und lässt es langsam herab. Der drehende
Metallkopf am Ende des Rohres frisst tiefe Kuhlen in die
Körnerfracht, die mit einem rauschenden Geräusch, das an
starken Regenfall erinnert, aus dem Laderaum in den Tank des
Lastwagens geblasen wird. Ketelsen drängt sich an den
Männern vorbei, bezieht an der äußersten Spitze im
Vorschiff Stellung und wartet.
    Es sind noch 62
Stunden bis zu den Morden.
    Er muss ganze 15
Minuten ausharren, bis zwei markante Gestalten auf ihn zuhalten. In
den typischen Overalls sind sie von den Matrosen nicht zu
unterscheiden, nur ist ihre Kleidung für die Verhältnisse
an Bord auffällig sauber. Der eine Mann ist hager,
hochgewachsen, hat ein faltiges, längliches Gesicht mit
starren blauen Augen. Der andere hat ein rosiges Babygesicht, einen
Stiernacken mit Glatze, ist wesentlich kleiner, dafür aber ein
Muskelpaket mit breiten Schultern.
    »Wir kommen im
Auftrag der Firma Argroprom«, sagt der Hagere ruhig in einem
akzentfreien Deutsch, schaut versonnen an Ketelsen vorbei den
vorbeisegelnden Möwen nach und wird dann betont lauter:
»Micolaesky möchte, dass die Probleme in unserem Sinne
geregelt werden!«
    »Ich verstehe
nicht ganz?«, stammelt Ketelsen.
    »Deswegen sind
wir persönlich hier, um das zu erklären. Herr Asmussen
hat angedeutet, dass es zu Schwierigkeiten in der Abwicklung
unserer Geschäfte kommen könnte. Wir sind hier, um an die
Verträge zu erinnern, die Ihre Firma unterzeichnet
hat.«
    »Das muss ein
Missverständnis sein!«
    »Das glaube ich
weniger. Wir haben einen Namen, der Ihnen bekannt sein müsste,
eine gewisse Frau Ørsted.«
    »Unsere
Steuerberaterin?«
    »Sie soll sich
querstellen, ist Herrn Micolaesky zu Ohren
gekommen?«
    »Unsinn, das
muss Herr Micolaesky falsch verstanden haben.«
    »Gewöhnlich
versteht Herr Micolaesky sehr gut. Sie haben bis zum Montag Zeit,
die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Hören wir bis dahin
von keinem positiven Ergebnis, werden wir das in unserer Art
abwickeln«, droht der Hagere und deutet mit

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