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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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ging.
    Komisch war nur, dass die Volvo-Tante an ihm dranblieb. Jetzt malträtierte die Träne auch noch ihre Hupe, fuchtelte mit dem Finger in seine Richtung und blendete wieder die Scheinwerfer auf. Ihr Gesicht war wutverzerrt, und schon nach ein paar Sekunden dachte Baker: »In Ordnung, Schlampe, ich mach dich zur Sau.«
    Weit und breit war niemand zu sehen. In diesem Teil der Straße befanden sich ein leer stehendes Fabrikgebäude auf der einen und ein Schrottplatz von der Größe eines Fußballfeldes auf der anderen Seite. Die Schule war einen Kilometer entfernt. Baker fuhr an die Seite, der Volvo hielt hinter ihm. Baker blieb, wo er war: Sollte sie doch den ersten Schritt tun.
    Im Seitenspiegel sah er, wie die Frau ausstieg, vorsichtig die Tür schloss und stehen blieb und ihn beobachtete. Nach einer Weile schien sie sich entschlossen zu haben. Sie kam auf ihn zu und ihr Bild wurde größer im Spiegel: volles, wippendes Haar, Reeboks, roter Jogginganzug. Baker kannte diesen Typ. Junge Mutter mit viel Geld und einem Haufen beschissener Ansichten.
    Er stieg aus und lehnte sich gegen die Tür. »Haben Sie ein Problem?«
    Sie stampfte mit dem Fuß auf, und überwältigt von ihrem starken Gefühl, beugte sie sich nach vorn und sagte: »Gemäß den Vorschriften sollte dieses Kind — «
    »Vorschriften? Drücken Sie sich klarer aus, Lady. Was wollen Sie?«
    Sie wies mit dem Finger auf Troy: »Ihr Sohn — «
    »Nicht mein Sohn.«
    »Dann eben Ihr Mündel. Er sollte angeschnallt sein.«
    »So?«
    »Was, wenn Sie einen Unfall haben? Was, wenn Sie plötzlich bremsen müssen? Er könnte ernsthaft verletzt werden.«
    Baker löste sich von der Tür. »Das geht Sie doch wohl einen Scheiß an, oder?«
    Das hatte gesessen. Sie ballte ihre kleinen Hände zu Fäusten und ihre Augen blitzten vor Zorn. »Das geht mich sehr wohl etwas an. Wenn ein Kind in Gefahr ist, geht das jeden etwas an.«
    Baker verringerte die Distanz um einen oder zwei Meter. »Hör mal zu, Schlampe ... «
    Die Frau wich einige Schritte zurück, gab aber nicht klein bei. »Es verstößt gegen das Gesetz, ein Kind nicht anzuschnallen.«
    »Ich werd dir gleich ... von wegen Gesetz«, sagte Baker und schlug zu, nur ein Mal, aber so kräftig, dass sie wie ein Stein zu Boden ging.
    Er ließ sie nicht aus den Augen. Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie die Benommenheit vertreiben. Als sie ihren Mund berührte und Blut an ihren Fingern sah, fing sie an zu wimmern und versuchte, von ihm wegzukommen, indem sie mit dem Hintern über den Boden rutschte. Baker malte sich aus, dass sie unter ihrem Jogginganzug nicht viel trug. Er holte sie ein und sie rollte sich völlig unerwartet zusammen wie ein Igel. Er zögerte, überlegte, was er tun sollte.
    »Scheiß drauf«, sagte er schließlich. Er stieg über sie hinweg. Hatte er es doch gewusst! Im Volvo, auf der Rückbank, saß ein kleines Mädchen — angeschnallt — und sang vor sich hin. Ein kleiner Schulranzen, ein niedliches Kleidchen, niedliche Söckchen und Schuhe. »Hallo, Schmuckstück. Da ist ja Daddys kleine Prinzessin.«
    Er öffnete die Fahrertür und schnappte sich das Portemonnaie der Frau. Achtzig Glocken, na holla! Genug für einen Hit, genug, um mit Carol und dem Balg heute Abend bei Pizza Hut einzureiten.
    Er steckte das Geld in seine Gesäßtasche, und das war der Moment, als ein Wagen quasi aus dem Nichts auftauchte und zwei Typen in Zivil ihn an die Seite des Volvos nagelten. Der eine, ein kompakter Kerl, der eine Rasur und eine Mundspülung bitter nötig hatte, setzte erst einmal ein paar Treffer mit der Faust, bevor er Baker Handschellen anlegte. »Du bist so gut wie eingelocht«, sagte er.

    ACHTZEHN

    Auf dem Weg zurück nach Battery Point schlenderte Wyatt zum Einkaufszentrum. Während der ganzen Strecke hatte er seine Augen überall, war automatisch auf der Suche nach dem Gesicht, nach dem Gang, dem Zusammenspiel von Person, Ort und Körpersprache, das ihm sagte, dass man ihn aufgespürt habe. Doch die schmalen, sonnigen Straßen waren gnädig, und so spazierte er mit gedrosselter Wachsamkeit weiter, tat das, was er mitunter gern tat, nämlich einen Ort so zu erkunden, als sei es das erste Mal.
    Im Einkaufszentrum fielen ihm die Schulabgänger auf, die ungeduldig auf etwas zu warten schienen, die ständig in Bewegung waren, doch letztendlich nirgendwohin gingen. Wohin auch? Für sie gab es nicht einmal Jobs. Wyatts Blick schweifte hinüber zu den Passanten hinter den Kids. Keine asiatischen,

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