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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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als das.«
    Eine Weile starrten sie geradeaus. Sie waren müde und ihre Nacken steif vom stundenlangen Sitzen. Riggs sagte: »Und bei dir?«
    »Ein Landarzt befestigt einen Schlauch am Auspuff der Familienkutsche, die in der Garage steht, führt den Schlauch am Haus entlang und hinein ins Gästezimmer, wo seine Frau schläft. Ein Zimmer von der Größe eines Schuhkartons, wo man Fenster und Tür mal schnell abdichten kann. Als sie tot ist, schafft er sie hinaus in den Wagen, befestigt einen kürzeren Schlauch am Auspuff und legt ihn ins Auto. Bingo. Todesursache: Selbstmord.«
    »Kriegst du ihn dran?«
    »Er hat sie zu lange auf dem Bett liegen lassen. Ihr Blut sammelte sich an Stellen, wo es sich niemals gesammelt hätte, wenn sie in der Position gestorben wäre, in der wir sie gefunden haben, nämlich aufrecht sitzend. Wir werden ihn heute Morgen verhaften.« Er bewegte die Schultern hin und her. »Scheiße, ich wünschte, ich hätte zwei Tage Urlaub genommen und nicht nur einen.«
    Riggs seufzte.
    Sie hatten inzwischen den Hafentunnel erreicht und freie Fahrt. Der weiße Wagen glitt wie ein geölter Blitz an den schimmernden Fliesenwänden vorbei, als würde er von der Tunnelbeleuchtung angezogen. Mansell versuchte, sich den meterhohen Dreck über ihren Köpfen vorzustellen, das Gemisch aus Schlamm, Plastiktüten, Radkappen, Waffen, Skeletten und darüber das Wasser des Hafens, und alles drückte, drückte, drückte nach unten. Das Licht veränderte sich und der Wagen fuhr der Sonne entgegen. Sie stand schwach am morgengrauen Himmel, doch Mansell war froh, sie zu sehen. Er nahm die Ausfahrt North-Sydney und schlängelte sich durch die kleinen Straßen. Ihm und Riggs war der Gesprächsstoff ausgegangen.
    Bis Riggs in seinem Sitz erstarrte. »Hast du das gesehen? Fahr da rüber, setz zurück. In der Seitenstraße geht was ab.«
    »Riggsy — «
    »Tu’s einfach. Da wird ein Penner gleich den Schock seines Lebens kriegen.«

    SIEBZEHN

    »Heute wird es in Sydney heiter und mild, es weht ein schwacher Wind und wir erwarten eine Höchsttemperatur von zwanzig Grad. Alle, die sich draußen im Radioland durch den Berufsverkehr quälen, bleibt für unser heutiges Autokennzeichen-Spiel auf unserer Welle. Werden eure Autonummern genannt, winken euch zweitausend Dollar.«
    Baker blieb auf dieser Welle, aber sein Autokennzeichen wurde nicht genannt, also legte er eine Kassette von Jimmy Barnes ein und zündete sich eine Zigarette an. Dann nahm er den Fuß von der Bremse, fuhr wie alle anderen eine Wagenlänge weiter und bremste erneut. Dem Quietschen und Kratzen nach zu urteilen, das immer zu hören war, wenn er bremste, traf Metall auf Metall, und zwar bei allen vier Rädern. Aber es war ja nicht sein Auto. Die Kuh hatte einen Job — sollte sie sich doch selbst um ihren Wagen kümmern. Schließlich unterstützte er sie genug auf andere Weise.
    Baker drehte sich auf dem durchgesessenen Fahrersitz nach hinten. Das Balg stand auf der Rückbank, bumste mit seinem mageren Hintern gegen die abgewetzte Rückenlehne, dieselbe Bewegung, immer und immer wieder. Mit offenem Mund, die Schnürsenkel lose und ein leerer Blick in dem zusammengekniffenen Gesicht. Bakers dicker, gebräunter Arm schoss nach vorn und packte ein kümmerliches Handgelenk. Nur Haut und Knochen. »Was hab ich dir gesagt? Eh? Was hab ich dir gesagt?«
    Das Balg schien aus einer Trance zu erwachen, verwirrt und ängstlich. Es hörte augenblicklich mit dem Herumhampeln auf, sah Baker aber nicht an.
    »Kannst du dich nicht ruhig verhalten, verdammt noch mal? Ich hab’s dir doch gesagt. Was hab ich gesagt?«
    Troy ignorierte ihn völlig und starrte hinunter auf die UDL-Dosen, Strafzettel und McDonald’s-Pappen auf den Sitzen und auf dem Boden. Die Kuh hatte diese Woche Frühschicht, also war es an ihm gewesen, das Balg anzuziehen: Jeans, ein Unterhemd, um ein paar frische Blutergüsse zu verdecken, eine Windjacke, an der noch die Reste einer Cornflakes-Mahlzeit klebten, Treter, die nicht zugeschnürt bleiben würden. Baker stieß mit dem Finger gegen das Schlüsselbein des Jungen. Und noch einmal. Er hasste es, wie das Gesicht des Kindes ihn ausschloss. Niemals auch nur die Spur von Dankbarkeit, keine Anerkennung. Genau wie seine bescheuerte Mutter. Nicht älter als sieben und dennoch verbannte Troy ihn aus seinem Leben, als existiere Baker überhaupt nicht, als gehöre er nicht zur Familie.
    Es kam Bewegung in die Autoschlange und Baker wandte sich wieder dem

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