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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Lenkrad zu. Warum konnte das Balg nicht zur Schule laufen? Er hatte das in diesem Alter getan. Hatte ihm auch nicht geschadet. Nicht ein Perverser hatte jemals versucht, ihn vom Bürgersteig wegzulocken, um mit seinem Pimmel zu spielen, und so war er aufgewachsen und hatte gelernt, sich in Acht zu nehmen. Aber nein, doch nicht unser kostbarer Troysie Woysie.

Baker fragte sich, wer der Vater sei. Er hätte wetten können, dass selbst Carol es nicht wusste. Angeblich sollte es ja ein amerikanischer Marineoffizier gewesen sein, aber das war doch nur wieder ihr Scheißgeschwätz. Genau wie ihr Lieblingsthema, dass sie sieben Jahre hatte kämpfen müssen, dass es schwer war, ein Kind allein großzuziehen, blah, blah, blah. Was aber auch paradiesische Zustände für Baker bedeutet hatte, als er auf der Bildfläche erschienen war. Carol war ausgehungert gewesen und hatte buchstäblich nach Sex geschrien.
    Doch jetzt ging es langsam bergab. Ständig fragte sie nach den Jobs, die er gehabt hatte, als wäre sie seine Scheißsachbearbeiterin beim Arbeitsamt. Las Stellenanzeigen und malte mit rotem Kugelschreiber Kringel um Stellenangebote. Sagte, es könne nicht schaden, mal hinzugehen und sich das anzusehen, denn von allein komme kein Job und klopfe an die Tür. Neulich erst war sie sauer gewesen wegen irgendwelcher Kleinigkeiten, als hätte er nicht sauber gemacht und Einkäufe erledigt, bevor sie nach Hause gekommen war. Und sie lag ihm in den Ohren wegen seiner Sucht nach Dope und Schnaps, wie sie es nannte. Sagte, er habe ein Problem. Sagte, es werde immer schlimmer mit ihm, er sei unberechenbar und ihm gingen so schnell die Sicherungen durch. Verdammtes Miststück. Bakers Hände umklammerten das Lenkrad, als er an ihren mageren Hals dachte.
    Er drehte sich kurz um. »Und du bist jetzt ruhig, verstanden?«
    Dann packte er wieder das Lenkrad. Neuerdings fing sie auch an, Troys wegen herumzuzetern. Anfänglich hatte sie das ganz locker gesehen, hatte gemeint, Troy könne eine echte Nervensäge sein und hatte ihn, Baker, ermuntert, ruhig mal etwas härter durchzugreifen, doch inzwischen hatte sie sich um hundertachtzig Grad gedreht und ihn am letzten Wochenende sogar ins Badezimmer zitiert, mit zitternden Fingern auf das Balg gezeigt und gesagt: »Diese Stellen waren gestern noch nicht da, er ist mein Sohn und ich kümmere mich um ihn«, et cetera, et cetera.
    Der Verkehr war erneut ins Stocken geraten. Baker kurbelte sein Fenster herunter und ließ einen Schwall Autoabgase herein. Das machte seinen Kopf klar, aber er brauchte dringend einen Hit, am besten Speed. Er könnte es bei dem Typ in der kleinen Bar im Edinburgh Castle versuchen. Der hatte eigentlich immer was.
    Allerdings nur, wenn Carol wie versprochen vierzig Flocken in die Küche gelegt hatte. Das würde er gleich mal checken, wenn er nach Hause kam.
    Was auch hieße, dass er in einem Billig-Supermarkt einkaufen müsste, No-Name-Produkte, Spaghetti und Fleischsauce zum Abendessen und eine Tirade, wenn sie am Nachmittag von der Arbeit nach Hause kam.
    Als Baker sich der nächsten Ampel näherte, betätigte er den Blinker als Zeichen, dass er links abbiegen wolle. Er musste den Hebel festhalten, sonst sprang er zurück. Es war kein Ticken zu hören, also wusste er nicht, ob der Blinker funktionierte. Ein weiterer Punkt auf der Liste kleiner Dienstleistungen, von denen Carol dachte, dass er sie so ganz nebenbei erbrachte, ohne zu berücksichtigen, dass er bereits Troy diese Woche jeden Tag zur Schule kutschierte.
    Etwas veranlasste Baker, in den Rückspiegel zu blicken. Irgendein Miststück in einem Volvo hinter ihm ließ die Scheinwerfer aufblenden. Sie presste ihren ausgestreckten Zeigefinger gegen die Windschutzscheibe und bewegte die Lippen, um ihm etwas klar zu machen.
    »Ja, der Blinker funktioniert nicht«, murmelte er vor sich hin, »und nun?«
    Jetzt drohte sie ihm mit dem Finger. »Ja, was denn?«, sagte Baker zu ihrem Konterfei im Rückspiegel. Er zuckte übertrieben mit den Achseln, hob die Hände in die Luft und signalisierte ihr so was ist denn? Verdammt, wenn er nur wüsste, was sie von ihm wollte. Und Troy? Der hatte sich umgedreht und starrte durch das Heckfenster auf die Frau im Volvo.
    »Hey, Troy, warum zeigst du ihr nicht mal den Stinkefinger?«, sagte Baker und schnaubte mehrere Male amüsiert, während er beschleunigte und zur nächsten Ecke fuhr, das Lenkrad herumriss und den schwerfälligen Kingswood in die Straße lenkte, wo Troy zur Schule

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