Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
Bestimmt hat man auch Mikrofone installiert, deshalb sage ich laut: „Es wird nicht mehr vorkommen, dass ich einschlafe. Ganz bestimmt nicht. Ist denn in der Zwischenzeit irgendetwas passiert?“
Schweigen. Die Neonröhre summt.
Ich warte etwa eine Minute auf eine Reaktion und setze mich wieder. Stift und Notizblock liegen auf meinem Schoß.
Der Boden unter meinen Füßen vibriert. Nur ein ganz klein wenig. Aus der Tiefe ertönt ein mahlendes Geräusch. Als würden mächtige Felsen verschoben. Etwas Putz rieselt von der Decke.
Ein Erdbeben. Entweder ist es nicht sehr stark oder weit weg. Kein Grund zur Beunruhigung. Mehrmals in der Woche kommt es zu solch schwachen Erschütterungen. Meistens richten sie keine größeren Schäden an. Lediglich ein paar Risse und Spalten entstehen, aus denen nach kurzer Zeit die Greybugs hervorkrabbeln. Dass die Beben ein Gebäude zerstören wie die Unterkunft der IFIS-Anwärterinnen ist eine Ausnahme. Ich finde es sehr nett von meinem Großvater, dass er ihnen vorübergehend sein Apartment zur Verfügung gestellt hat.
Ich muss wieder an Mr. Landinos Warnung vor dem Draußen denken. Meine Aufgabe wird doch nicht damit zu tun haben? Die Vorstellung ist absurd. Großvater Howard würde mich niemals einer solchen Gefahr aussetzen.
Ich trinke einen Schluck Wasser und esse eine der Knabberstangen aus Supreme . Sie sind so hart, dass man auf seine Zähne acht geben muss und schmecken ziemlich bitter. Möglicherweise sind sie schon etwas alt.
Ich schätze, dass mindestens drei Stunden vergangen sind. Mittlerweile wird mir etwas langweilig. Ich beschäftige mich mit dem Lösen mathematischer Aufgaben. Natürlich ohne sie aufzuschreiben. Dafür ist der Notizblock nicht vorgesehen.
Der Fußboden ist mit Staub bedeckt. Meine Schritte haben darin Abdrücke hinterlassen. Es gibt weitere Abdrücke von zwei Menschen mit deutlich größeren Füßen. Ich bin also nicht die Erste, die sich hier aufgehalten hat. Da sind aber noch andere Spuren, die ich nicht deuten kann. Klein und oval. Sie sind überall im Raum verteilt. Eine Spur führt direkt auf meinen Stuhl zu. Ich habe keine Ahnung, was sie zu bedeuten haben.
Ein Luftzug lässt mich zur Seite blicken.
Ich schreie, springe so abrupt auf, dass der Stuhl umkippt und mit lautem Scheppern auf den Boden fällt.
Ich weiche zurück, bis ich die Fensterbank in meinem Rücken spüre.
Vor mir steht etwas Lebendiges. Das Licht der Neonröhre spiegelt sich in den dunklen Augen, als es mich ansieht. Es besteht nur aus schwarzen und weißen Haaren und ist ungefähr einen halben Meter hoch.
Das Wesen schnüffelt und starrt mich an. Auf dem Rücken trägt es einen klobigen Kasten.
Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll, und beschließe, mich nicht zu bewegen, um keinen Angriff zu provozieren.
Das haarige Wesen kommt langsam auf mich zu und ich kann nicht weiter zurückweichen. Gerade als ich um Hilfe rufen will, ist es verschwunden. Übergangslos.
Ich starre auf die Stelle, wo es sich gerade noch aufgehalten hat. Da ist nichts mehr. Habe ich mir das nur eingebildet? Bin ich wieder eingeschlafen und habe geträumt?
Ich kneife mir fest in den Arm. Der Schmerz zeigt mir, dass ich hellwach bin.
Wenn die Erscheinung real war, müsste dann nicht die Tür aufgehen und Dr. Neville hereinstürmen?
Niemand kommt. Ich entdecke frische Abdrücke im Staub. Das Wesen hat sie hinterlassen. Sie sind identisch mit denen, die mir bereits aufgefallen sind. Dieses Ding war also schon vorher in diesem Raum.
„Haben Sie das auch gesehen, Dr. Neville?“, rufe ich.
Sie antwortet nicht. Ich versuche, mich zu beruhigen, setze mich wieder und greife nach dem Notizblock. Ich finde zunächst keine Worte, um den Vorgang aufzuschreiben.
Unterzieht man mich einem Test? Wird so überprüft, ob ich für den Dienst in der Instanz für Innere Sicherheit geeignet bin?
Dann will ich auf keinen Fall versagen. Äußerste Konzentration ist angesagt.
Was wird als Nächstes passieren?
Ich halte ich es einfach nicht mehr aus. Seit einer gefühlten Ewigkeit rutsche ich schon auf dem Stuhl herum. Ich muss dringend auf die Toilette.
Es ist angesichts der versteckten Kameras absolut unschicklich, die Tür zum Bad nicht zu schließen. Auch wenn ich so Gefahr laufe, etwas zu versäumen.
Ich betätige gerade die Wasserspülung, als aus dem Zimmer nebenan ein merkwürdiger Laut zu hören ist. Er erinnert mich zunächst an ein lautes Husten. Aber als er sich wiederholt, ist mir klar,
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