Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
…“, sage ich und schaue hinab in die Toilettenschlüssel.
Im Radio läuft dieser neue Nummer-Eins-Hit The Power of Love von Huey Lewis and the News .
“Jetzt wird alles besser”, sagt Kathy wieder.
“Es ist erst die zweite Stufe.”
“Die anderen beiden schaffst du auch noch. Da bin ich mir ganz sicher.”
Ich kann förmlich sehen, wie sich mein Penis in den Körper zurückzieht.
“Kannst du bitte in die Küche gehen?”, frage ich. “Ich kann nicht, wenn du die ganze Zeit hinter mir stehst und redest.”
“Oh ja, natürlich. Keine Sorge, Liebling. Konzentrier du dich nur auf dich selbst, ich kümmere mich um den Rest.”
Dann höre ich auch schon, wie sie in der Küche den Frühstückstisch abräumt und Geschirr in die Spüle stellt.
Es dauert trotzdem lange, bis ich fertig bin.
- 5 -
Der Termitenbau ist ein Reich der Finsternis. Nur ihr Geruchssinn ermöglicht es den vollständig blinden Bewohnern, sich in den kilometerlangen Gängen zurechtzufinden. Ein Außenstehender wäre in dieser ewigen Dunkelheit verloren.
Die Mount Auburn Street besteht aus drei- bis fünfstöckigen Backsteinbauten.Wenn wie jetzt der Wind aus Westen kommt, wirkt die zweispurige Straße mit den schmalen Bürgersteigen wie ein Windkanal. Der Brattle Square bildet den Ausgang. Eisige Böen peitschen über den leergefegten Platz dahinter. Eine leere Cola-Dose dreht surrend ihre Kreise.
Ich stehe an der Ecke und friere. Die Kälte schneidet mühelos durch meine dünne Stoffhose. Dafür ist sie gebügelt, die Hose. Kathy hat es sogar fertiggebracht, mir noch ein neues Oberhemd zu kaufen. Gleich nachdem die Geschäfte geöffnet haben. Beim Herrenausstatter, nicht wie sonst im Supermarkt. Wir können uns so etwas eigentlich nicht leisten, doch Kathy hat darauf bestanden, dass ich anständig aussehe, weil Kleider nun mal Leute machen. Und dies sei die Chance meines Lebens, hat sie ergänzt und mich dabei eindringlich angesehen. Ihre Augen waren größer denn je. Genauso wie ihr Bauch.
Wahrscheinlich hat sie recht, denn Kathy hat meistens recht, wenn es um alltägliche Dinge geht, also stehe ich in meiner dünnen Hose und meinem schicken Hemd und dem Mantel, der alleine nicht viel auszurichten vermag, an der Ecke Mount Auburn Street und Brattle Square vor einer Telefonzelle und zittere. Die Straßen sind wie ausgestorben. Wer zur Arbeit muss, ist bereits dort, und wer keinen Job hat, geht bei diesem Wetter nur im Notfall vor die Tür.
Ich gehe stampfend auf und ab, hole meine Hände aus den Taschen und hauche hinein. Meine Fingerspitzen haben bereits einen Blaustich.
Es wird zehn Uhr und dann fünf nach zehn.
Niemand kommt, kein Wagen hält, um mich abzuholen.
Ich betrachte gerade wieder besorgt meine Hände, als es in der Telefonzelle klingelt. Ich lasse es einige Male klingeln, bis mir schlagartig bewusst wird, dass es für mich sein könnte, dass ich gar nicht abgeholt, sondern angerufen werden soll, und stürze in die Telefonzelle und hebe den Hörer ab.
„Ja?“
„Mr. Higgins?“, fragt ein Mann am anderen Ende.
„Ich bin dran.“
In der Zelle ist es windgeschützt. Trotzdem zittert meine Stimme wie der Rest von mir.
„Bitte entschuldigen Sie die Verspätung. Es ist … es ist eigentlich nicht meine Art. Der Verkehr in Boston warwirklich … wie sagt man? Höllisch.“
Erst jetzt erkenne ich Mr. Lundergaards Akzent.
„Das macht doch nichts“, sage ich. „Überhaupt kein Problem.“
„Fein. Sie können dann herauskommen. Wir sind da.“
Ich drehe mich um. Am Straßenrand steht jetzt ein großer schwarzer Wagen mit getönten Scheiben. Sonst ist niemand zu sehen.
„Wo?“, frage ich.
„Die Limousine“, sagt Mr. Lundergaard mit einem süffisanten Unterton. „Sie können sie gar nicht verfehlen.“
Ich verlasse die Telefonzelle und steige in den Wagen. Im Inneren ist es gefühlte vierzig Grad warm. Mr. Lundergaard sitzt mit übereinandergeschlagenen Beinen auf der Rückbank. In der Hand hält er einen Drink mit Eiswürfeln. Die Trennwand zur Fahrerkabine ist geschlossen. Abgesehen von den Scheiben scheint alles im Inneren der Limousine aus schwarzem Glattleder zu bestehen. Mr. Lundergaard hat sich seiner Umgebung angepasst. Anstelle des abgewetzten Reiseanzugs von unserer ersten Begegnung trägt er jetzt einen schwarzen Dreiteiler mit roter Krawatte. Er sieht aus wie ein Minister. Oder wie ein Selfmade-Milionär – was wahrscheinlich an seinen Gesichtszügen liegt, denen man die Entbehrungen
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