Portland Head Light
Nachbarn das Antennenkabel durchzuschneiden, erwischt worden war. Wozu ihn Devin mit seinen damals gerade mal zehn Jahren im Übrigen angestiftet hatte.
„Ihr seid zwei Satansbraten“, murrte sein Dad gespielt und drehte sich kopfschüttelnd und zugleich sichtbar amüsiert zur Tür. „Macht nicht mehr solange, ja? Ich hab' euch lieb, Jungs.“
„Wir lieben dich auch, Dad“, sagte Devin synchron mit ihm, was Dominic lächeln ließ, bevor er sich wieder zu seinem Bruder aufs Bett setzte, nachdem ihr Vater die Tür hinter sich zugezogen hatte. Diesmal aber neben Devin ans Kopfende, der ihn daraufhin tadelnd und bittend zugleich ansah. „Wenn ich dich nicht so lieben würde, würde ich dir eine reinziehen. Ich wäre ohne dich heute tot, Dom. Wann immer du mal wieder anfängst, dich zu fragen, ob du irgendetwas anders hättest machen können, dann erinnere dich daran, wie ich nach dem Unfall drauf war.“
Wieso versuchte sein kleiner Bruder eigentlich ständig das letzte Wort zu haben? „Devin, du...“
„Nein, hätte ich nicht“, kam Devin seinen Worten zuvor und boxte ihm zum x-ten Mal heute gegen den Oberarm. Wenn das so weiterging, hatte er morgen früh davon blaue Flecken. „Ich hätte es nicht ohne deine Hilfe geschafft und das wissen wir beide. Du hast mir mehr als einmal meinen Arsch gerettet.“ Devin sah kurz zur Tür. „Danke, dass du es ihnen nicht erzählt hast.“
Was sollte er denn dazu sagen? Dominic seufzte. Natürlich hatte er ihren Eltern nicht das ganze Ausmaß dessen gesagt, was zwischen Devin und ihm damals vorgefallen war. Wie hätte er den Beiden auch erklären sollen, dass er Devin am Ende eine Tracht Prügel verpasst hatte, weil er vor Angst, dass sein Bruder sich das Leben nehmen würde, fast gestorben war. Dabei konnte er Gewalt nicht ausstehen. Wegen den Typen, die ihn damals in New York verprügelt hatten, bis Tom dazwischengegangen war, aber eben vor allem wegen Devin. Weil der ihn mit seinem Selbstmitleid damals solange provoziert hatte, dass ihm schlussendlich der Kragen geplatzt war.
Wochenlang war Devin in seinem Selbstmitleid versunken, hatte nur noch getrunken und vor sich hin vegetiert, und am Ende jedes Wort, ganz egal von wem es gekommen war, auf seine imaginäre Goldwaage gelegt und für sich selbst solange gedreht und gewendet, bis Devin daraus einen Angriff auf seine Person herausgelesen hatte. Dominic war nach jedem Besuch bei seinem Bruder an die Decke gegangen, bis es schließlich Tom und David gewesen waren, die ihm gesagt hatten, dass er Devin entweder aufgeben oder um ihn kämpfen müsse. Und das mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Dominic hatte sich für das Kämpfen entschieden und seinen kleinen Bruder, mit Zustimmung ihrer Eltern, vor die schlichte und doch so schwere Wahl gestellt, sich entweder in sein Leben zurückzukämpfen oder ganz zu sterben. Dominic würde ihren Eltern nie erzählen, was er damals alles für, beziehungsweise anfangs vermehrt gegen Devin getan hatte, weil es das Beste war, wenn sie es nicht erfuhren. Er schämte sich heute noch für so einige Dinge, die er damals getan hatte, aber gleichzeitig war Dominic überglücklich, dass sein Plan aufgegangen war.
„Ich wusste einfach nicht mehr, was ich tun sollte“, murmelte er und nahm Devins Hand in seine. „Du warst am Ende gar nicht mehr du selbst. Du hast uns gehasst, Dev.“
„Ich weiß“, sagte Devin genauso leise und drückte seine Finger. „Und dafür werde ich mich für den Rest meines Lebens schämen. Ich bin so froh, dass du mir den Spiegel vorgehalten hast. Dass du mir meinen versoffenen Hintern versohlt hast, wortwörtlich sogar, denn sonst wäre ich abgekratzt. Ich wollte einfach nicht sehen, wie weh ich euch allen tue. Es tut mir so leid, Dom.“
„Mir auch, Dev.“ Er zog Devin in seine Arme. „Und ich liebe dich. Das werde ich immer. Obwohl du eine Nervensäge bist.“
„Ich liebe dich auch, Bruderherz.“ Devin lachte leise und löste sich von ihm, um ihn ansehen zu können. „Aber ich befürchte, wenn ich dich noch länger davon abhalte, wieder zu deinem Cameron ins Bett zu kriechen, kann er mich bald nicht mehr leiden.“
Dominic wollte nicht lachen, wirklich nicht. Trotzdem tat er es, weil Devins darauffolgendes und überaus schmutziges Grinsen mehr sagte, als tausend Worte es gekonnt hätten. Nein, er würde nicht fragen, was in Devins Kopf gerade vor sich ging. Dominic konnte es sich auch so denken, denn schmutzige Gedanken hatten sie beide
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