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Portland Head Light

Portland Head Light

Titel: Portland Head Light Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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war. Philadelphia im Februar war nun mal nicht mit Kalifornien oder Florida zu vergleichen. In Pennsylvania bedeutete das Wort Winter auch genau das, was es war. Dominic zog den Reißverschluss seiner Jacke bis ganz nach oben und setzte sich die dicke Wollmütze auf, bevor er die wenigen Stufen der hinteren Veranda hinunterging und in den Garten trat.
    An Schlaf war nicht zu denken gewesen und als er dann seinen Dad aus dem Schlafzimmer seiner Eltern hatte kommen hören, war Dominic ebenfalls wieder aufgestanden, um nachzusehen, was der Grund dafür war, dass sein Dad immer noch oder wieder wach war. Wahrscheinlich konnte der aus dem gleichen Grund nicht schlafen wie er selbst. Es hätte ihn zumindest nicht gewundert. Auch wenn er in den letzten Jahren nur ziemlich sporadisch daheim gewesen war, Dominic wusste, dass sein Dad sich immer über ihn auf dem Laufenden gehalten und sich immer Sorgen gemacht hatte. Seine Vermutung täuschte ihn auch dieses Mal nicht, denn sein Dad saß auf der Gartenbank hinter den Rosensträuchern, die seine Mum hegte und pflegte, seit Devin und er sie ihr als Kinder zum Muttertag geschenkt hatten. Den Blick in die Ferne gerichtet, wirkte sein Dad sehr nachdenklich und Dominic zögerte, ob er ihn stören sollte.
    „Komm ruhig her, Großer“, sagte sein Dad im nächsten Moment und nahm ihm die Entscheidung damit ab.
    „Dad, ich...“
    „Du musst es mir nicht erklären“, unterbrach sein Dad ihn leise, bevor er auf die Gartenbank klopfte. Dominic setzte sich neben ihn und schwieg. „Als Devin uns von Cameron erzählte, haben wir uns so sehr für dich gefreut. Deine Mum und ich hatten schon befürchtet, du würdest allein bleiben. Wegen dem, was damals passiert ist. Ich weiß, dass die Therapie dir zwar etwas helfen konnte, aber du hast zuviel an jenem Tag gesehen und es auch nie wieder vergessen. Nur verdrängt.“
    Dominic zuckte zusammen. „Woher...?“
    „...ich das weiß?“ Sein Vater lächelte kurz. „Dominic, wir haben uns vor vielen Jahren ganz bewusst dafür entschieden, Kindern ein Zuhause zu geben, die niemand haben will. Devin und du, ihr galtet von Anfang an als Problemkinder, doch uns kümmerte das nicht. Wir wollten euch. Dich, weil du uns so dringend brauchtest, und Devin, weil seine drogensüchtigen Eltern ihn ansonsten mit in den Abgrund gezogen hätten. Wir wollten Kinder in unserem Leben, schon immer. Und wir bekamen euch. Zwei tolle Jungs. Trotzdem hatten wir seit jeher Angst, dass uns die Vergangenheit eines Tages einholen würde und jetzt ist soweit.“ Als er etwas sagen wollte, hob sein Vater die Hand. „Ich kann verstehen, warum du zu ihr gehen willst, Dom, und ich weiß auch, dass du das tun musst, um damit hoffentlich den Abschluss zu finden, nach dem du seit so vielen Jahren instinktiv suchst, aber dein Mum und ich haben ziemliche Angst um dich. Angst davor, was du in dieser Klinik finden wirst.“
    „Die habe ich auch“, gestand Dominic ein und schob seine Hände in die Jackentaschen, weil er plötzlich stark fror. „Was, wenn sie sich nicht mehr an mich erinnert?“
    Sein Vater schwieg eine Weile, bevor er antwortete. „Und wenn es genau andersherum ist? Wenn sie weiß, wer du bist und sich darüber freut, dass du sie besuchst? Was dann? Du weißt, was sie getan hat und du darfst sie dafür nicht verurteilen, weil sie krank ist. Wie willst du damit umgehen? Wirst du damit klarkommen, die Frau zu sehen, die versucht hat, dich zu töten?“
    Das waren einige, wirklich sehr gute Fragen und Dominic musste sich eingestehen, dass er es nicht wusste. Er hatte keine Ahnung, wie er auf seine Mutter reagieren sollte, und gleichzeitig war ihm klar, dass es kein Zurück mehr gab. Er war lange genug vor seiner Vergangenheit davongelaufen. Es würde enden. Es musste enden, weil er sonst nicht mit seinem Leben weitermachen konnte. „Ich weiß es nicht, Dad, aber ich muss zu ihr gehen. Allein.“
    Sein Vater seufzte leise. „Das wird ihm nicht gefallen.“
    Nein, das würde Cameron ganz und gar nicht gefallen, doch egal, wie diese Sache am Ende ausging, diese Entscheidung hatte Dominic bereits getroffen und daran würde er auch nicht rütteln. Er musste sich seiner leiblichen Mutter stellen, und zwar allein. Was danach kam, würde sich zeigen, wenn es soweit war.
    „Ich weiß“, murmelte Dominic und stand auf, um wieder ins Haus zu gehen, wo es ihn wie magisch zu Devins Zimmer hinzog. Obwohl er sich wie ein Eindringling vorkam, schob er lautlos die Tür auf

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