Portland Head Light
als Teenager schließlich oft genug gewälzt. Es war wirklich Zeit, dass er sich in sein eigenes Bett verzog, sofern Cameron ihm darin noch ein wenig Platz gelassen hatte. Das Gästezimmer zu beziehen, hätte seine Mum sich wirklich sparen können, denn sein Wirbelwind hatte nicht einen Gedanken daran verschwendet, dort zu übernachten. Gott sei Dank, dachte Dominic amüsiert und gab Devin einen Kuss auf die Stirn, bevor er aufstand, um zu tun, was sein Bruder gesagt hatte. Bevor Cameron wirklich noch auf die Idee kam, sich bei Devin darüber zu beschweren, dass der seinen großen Bruder aus dem eigenen Bett fernhielt.
- 11. Kapitel -
Liebster Dominic,
wenn du irgendwann den einen Menschen findest, den du über alles lieben wirst und der dich auch zurück liebt, so wie ich vor vielen Jahren deinen Dad gefunden habe, dann halte ihn so fest wie du nur kannst. Denn diese ganz besonderen Menschen findet man oft nur ein einziges Mal im Leben. Das Schwierige dabei ist, wenn du den einen Menschen gefunden hast, darfst du ihn nicht einengen. Die Grenzen sind fließend, das weiß ich, aber wenn du sie überschreitest, dann verlierst du alles. Ich hatte das Glück, dass ich diese Grenze bei deinem Dad jedes Mal sah, bevor ich sie überschreiten konnte. Es klingt mit Sicherheit etwas merkwürdig, dass jemand wie ich dir Ratschläge fürs Leben geben möchte, aber vielleicht nützen sie dir irgendwann ein wenig.
Ich wünschte, ich könnte dir mehr geben, als ein paar Worte auf Papier, Dominic, aber es ist leider nicht möglich und das kann ich derzeit nur schwer ertragen. Die Tage werden mit jeder Sekunde ein Stückchen dunkler. Jedenfalls für mich. Draußen kommt der Frühling mit großen Schritten auf uns zu, aber ich kann mich nicht darüber freuen. Ich kann die ersten Schneeglöckchen und Krokusse im Garten sprießen sehen und obwohl ich diesen Anblick immer genossen habe, bedeutet er mir heute gar nichts.
Mein großer Schatz, ich habe vergessen, wie dein Vater aussieht. Einfach so. Es tut mir so furchtbar leid, Dominic. Ich bin heute Morgen aufgewacht und alles war einfach weg. Ich weiß nicht mehr, wie seine Augen aussahen, wie er sein Haar trug, wie er ging. Und ich habe kein Foto von ihm, um die Erinnerung aufzufrischen.
So wie ich von dir kein Foto habe.
So wie ich dich eines Tages vergessen werde.
Ich habe den ganzen Vormittag geweint und jetzt fange ich gerade wieder damit an. Wie konnte ich seinen Anblick einfach vergessen? Gavin. Mein Gavin. Dein Dad. Wieso spielt mein Verstand mir solche grausamen Streiche? Wie kann er mir das neben dir Allerwichtigste nehmen, was mir geblieben ist? Meine Erinnerung. Wie lange wird es dauern, bis ich nicht mal mehr Gavins Namen weiß? Bis ich völlig vergessen habe, dass es ihn einst auf der Welt gab? Dass ich ihn geliebt habe? Dass er mir das kostbarste Geschenk aller Zeiten gemacht hat – dich.
Vielleicht kann ich einen meiner netten Pfleger bitten, mir ein Bild von Gavin herauszusuchen. Dann werde ich mir aufschreiben, wo er herkam, wer er war und was er in meinem Leben für eine wichtige Rolle spielte. Ich muss ihn irgendwie wiederfinden und festhalten, ich will ihn nicht verlieren. Ich will nicht so kampflos aufgeben. Das darf ich nicht. Gavin würde enttäuscht von mir sein, wenn ich es täte. Und du würdest auch enttäuscht sein.
Du. Mein einziger Sohn. Ich habe solche Angst, dich ebenfalls zu vergessen, Dominic. Die Vorstellung, heute Nacht einzuschlafen und morgen nicht mehr zu wissen, dass es dich gibt, ist unerträglich für mich. Meinen Sohn zu vergessen... Nein, das darf einfach nicht passieren. Ich werde alles tun, um heute Nacht nicht zu schlafen. Ich muss wach bleiben und dich in meinem Kopf weiter festhalten. Dein Vater ist schon fort und ich kann ihn vielleicht nie wieder zurückholen, aber dich darf ich nicht auch noch verlieren. Du bist alles, was mir bleibt. Eher werde ich den Rest meines Lebens nicht mehr schlafen, als dich zu verlieren. Du musst bei mir bleiben. So lange ich lebe, muss ich dich in meinem Herzen und meinem Verstand bewahren und beschützen. Wenn ich schon sonst nicht für dich da sein und nichts für dich tun kann, dann möchte ich wenigstens das tun. Wenigstens das.
Ich liebe dich, Dominic. Das werde ich immer.
Deine Mum
Irgendetwas kitzelte ihn an der Wange. Dominic murrte, schlug mit der Hand nach dem Störenfried und drehte sich dann auf die andere Seite, um weiterzuschlafen. Für kurze Zeit herrschte Ruhe, bevor er
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