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Poseidon - Der Tod ist Cool

Poseidon - Der Tod ist Cool

Titel: Poseidon - Der Tod ist Cool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Wand
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Körper forderte sein Recht ein. Er begab sich gezielt auf die Suche nach einem Restaurant mit den regionalen Spezialitäten - dafür reichten seine rudimentären Italienischkenntnisse gerade aus - denn er gehörte nicht zu der Sorte Touristen, die nur Spaghetti und Pizza kannten und diese mit Hilfe eines billigen
vino bianco
kiloweise in sich hinein schaufelten. Nach kurzer Zeit hatte er eine Osteria gefunden. Sie machte einen ausgesprochen gemütlichen Eindruck, und die Tatsache, der einzige Tourist weit und breit darin zu sein, weckte in ihm die höchsten Erwartungen.
    Am besten isst man immer noch dort, wo auch die einheimische Bevölkerung speist.
    Nachdem Frenzel vom Ober zum Platz geführt worden war, hatte er den Eindruck, ein Aussätziger zu sein. Alle beäugten ihn mehr oder weniger verstohlen und musterten ihn von Kopf bis Fuß.
    Entweder verirrt sich hierher so gut wie kein Tourist, oder man sieht mir den Bullen schon von Weite
m an.
Es wäre nicht das erste Mal.
    Frenzel bestellte sich Rotwein und eine Flasche Wasser, dazu stellte er sich ein Fünf-Gänge-Menü aus der Speisekarte zusammen. Nachdem er den letzten Bissen zu sich genommen hatte, lehnte er sich rundum zufrieden zurück und strich sich über den Bauch.
    Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so hervorragend gegessen habe. Jetzt noch eine gute Tasse Kaffee, und die Reisestrapazen sind vergessen.
    Frenzels Blick wanderte nach draußen. Er beobachtete das Treiben auf den Straßen, die verschiedenen Gesichter und Charaktere, die zu einem Knäuel aus Leibern verschmolzen. Sie erhoben ihre Stimmen in einem Timbre, das Frenzel wie ein altbekanntes Lied vorkam. Es trieb ihn in die Vergangenheit, als sein Bruder noch lebte. Ihm wurde warm ums Herz. Erst das Aroma des servierten Kaffees holte ihn in die Gegenwart zurück. Gerade als er ihn umrührte, verharrte er mitten in der Bewegung. Er versteifte sich. Adrenalin formte ihn zu einem wilden Tier, zur Jagd bereit.
    War das nicht eben Falk, der fröhlich winkend am Lokal vorbeigelaufen war?
    Trotzdem griff Frenzel nicht an, ignorierte seinen Instinkt. Statt dessen starrte er angestrengt nach draußen. Sein Blick schweifte unruhig von links nach rechts.
    Nichts. Vielleicht nur eine Verwechslung.
    Das Erlebnis in Falks Anwesen steckte ihm noch in den Knochen, verunsicherte sein sonst so klares Urteilsvermögen.
    Oder eine weitere Einbildung.
    Sämtliche Alarmglocken in ihm schrillten. Jeder aufkeimende Selbstzweifel verstärkte seine Anspannung nur. Sein Körper zwang ihn, wachsam zu bleiben. Frenzel spürte das Zittern seiner Finger, die Härte in seinen Muskeln, den kalten Schweiß auf seiner Stirn. Das Brennen seines Auges.
     
    Frenzel sog die Luft zwischen seinen Zähnen ein, bis sie vor Kälte schmerzten. Die Umgebung sackte in sich zusammen, sein Sichtfeld verschmolz zur Größe einer Kameralinse.
    Da!
    Für einen Moment teilten sich die Menschenmassen und gaben den Blick frei. Etwa fünfzig Meter vom Restaurant entfernt entdeckte er ihn. Falk saß seelenruhig auf einer Bank und sah in seine Richtung. Frenzel zögerte keine Sekunde. Er schoss er aus dem Stuhl. Dabei schnellte das Möbelstück nach hinten, traf den Tischnachbarn mit ganzer Wucht ins Kreuz.
    Der schrie laut auf.
    Frenzel registrierte es nicht. Er hastete auf kürzestem Weg Richtung Ausgang. Tische stürzten um, Geschirr krachte zu Boden. Gäste und Personal bekamen seine Ellenbogen in die Seiten gerammt.
    „Aus dem Weg, Polizei.“ Scheinbar verstanden einige das Wort
Polizei
und machten Platz.
    Er erreichte die Tür, blieb für eine Sekunde stehen, orientierte sich.
    Falk sitzt nicht mehr auf der Bank!
    Frenzel suchte hektisch die Gegend vor sich ab. Leiber und Fahrzeuge schoben sich durch die engen Gassen und machten es ihm unmöglich, den Überblick zu behalten.
    Verdammter Mist, ich habe ihn verloren.
    Wütend donnerte seine Faust ins Türholz. Der Hieb durchtrennte die Fäden seiner Gedanken. Zurück blieben die losen Enden seines Instinkts – der Körper übernahm die Führung. Frenzel glitt in die Straße, floss zwischen den Passanten hindurch. Sie teilten sich vor ihm wie von Geisterhand geführt. Sein Blick schien sich im Nichts zu verlieren, doch im Gehirn hatte sich längst Falks Bild zusammengesetzt. Er hatte ihn für einen Augenblick etwa hundert Meter weiter vorne entdeckt.
    Frenzels Geschwindigkeit erhöhte sich.
    Neunzig Meter.
    Sein Pulsschlag nahm synchron im Rhythmus seiner Schritte zu.

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