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Poseidon - Der Tod ist Cool

Poseidon - Der Tod ist Cool

Titel: Poseidon - Der Tod ist Cool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Wand
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Einhundert. Einhundert eins. Einhundert zwei. Einhundert drei.
    Achtzig Meter.
    Schweiß sammelte sich zwischen seinen Schulterblättern, strömte die Wirbelsäule hinab. Sein Shirt klebte am Oberkörper.
    Siebzig Meter.
    Autos hupten, Fahrer schimpften. Frenzel spurtete stur gerade aus. Links und Rechts existierten nicht mehr.
    Sechzig Meter.
    Das Treiben um ihn herum versank im Nebel. Es zog schemenhaft an ihm vorbei.
    Fünfzig Meter.
    Die Straße verjüngte sich in eine Gasse.
    Vierzig Meter.
    Das Klappern seiner Ledersohlen hallte von den Häuserwänden wider, die sich grau und schmutzig umarmten. Hierher verirrten sich keine Sonnenstrahlen.
    Dreißig Meter.
    Nichts trennte ihn mehr von seinem Gegenspieler – Frenzel hatte freies Sichtfeld. Sie waren allein.
    Zwanzig Meter.
    Falk schien ihn immer noch nicht bemerkt zu haben. Er spazierte dahin.
    Frenzels Nase registrierte einen eigentümlichen Geruch.
    Zehn Meter.
    Der Geruch wurde stärker.
    Eine Sackgasse! Gleich habe ich dich.
    Frenzel traute seinem Auge nicht - Falk drehte sich zu ihm um und lachte. Dann nahm er kurz Anlauf und setzte zu einem gewaltigen Sprung auf die zirka vier Meter hohe Mauer vor ihm an. Falk hangelte sich nach oben, bevor Frenzel ihn daran hindern konnte. Er verfehlte Falks Fuß um wenige Zentimeter und schlug mit der Schulter hart gegen den Beton, bevor er daran herunterrutschte.
    Frenzel knallte aufs Kopfsteinpflaster, aber im Nu war er wieder auf den Beinen, suchte den Mauersims nach Falk ab. Nichts. Frustriert biss er sich auf die Lippen und sah erneut an der Wand vor sich hoch. Erst jetzt wurde ihm die Ungeheuerlichkeit des soeben Erlebten bewusst. Er schüttelte ungläubig den Kopf.
    Wie zum Teufel kann er so hoch springen?
    Frenzel überkam kurz ein Gefühl der Hilflosigkeit. Wie sollte er über die Mauer kommen? Und selbst wenn es ihm gelänge, wäre Falk schon über alle Berge. Doch der eigentümliche Geruch, der ihm zum wiederholten Male in die Nase stieg, lenkte ihn von seinen trübsinnigen Gedanken ab. Er kannte dieses ganz spezielle Aroma, konnte es aber beim besten Willen nicht zuordnen. Frenzel versuchte deshalb, die Quelle ausfindig zu machen. Er blickte um sich und erforschte die Umgebung. Wenige Meter von ihm entfernt entdeckte er den Eingang zu einem Innenhof. Einer plötzlichen Eingebung folgend steuerte er darauf zu. Er öffnete das Tor und trat ein. Im Innern standen ein alter Fiat 500, verrostete Fahrräder, zerbeulte Mülltonnen, zerfallene Holzmöbel.
    Frenzels Blick blieb an einer Leiter hängen. Sie machte einen stabilen Eindruck. Er schulterte sie und trug sie in die Gasse hinaus. Dort lehnte er sie an die Mauer. Stufe um Stufe verstärkte sich der Geruch. Als er den Mauersims erreicht hatte, stockte ihm der Atem. Auf der anderen Seite fiel die alte Befestigungsmauer der
Bastion del Peschiera
mindestens zehn Meter senkrecht in den Gardasee ab.
     
    Der Wind nahm den Duft des Wassers bei der Hand, wehte ihn in Frenzels Gesicht. Das Rauschen der Brandung drang zu ihm empor. Es klang in seinen Ohren, wie höhnisches Gelächter.
     
    Von Falk fehlte jede Spur.

57. Kapitel
     
    „Wie oft soll ich Ihnen die Geschichte denn noch erzählen?“
    „Bis ich Sie Ihnen abkaufe.“
    Frenzel blickte in das Gesicht seines Gegenüber. Das blonde Haar über dem kantigen Schädel stand nur wenige Millimeter in die Höhe und reflektierte mit der gebräunten Kopfhaut wie Schmirgelpapier in der Sonne. Die harten und ebenmäßigen Gesichtszüge in Verbindung mit den schwarzen, eng stehenden Augen, den buschigen Brauen und der schmalen, spitzen Nase erinnerten ihn an das Aussehen eines Geiergesichtes mit gerupften Federn.
    Seit wann sind Italiener denn blond?
    Frenzel saß einem
Carabinieri
in dessen
Comanda Compagnia
gegenüber und beantwortete zum wiederholten Male die gleichen Fragen. Es langweilte ihn.
    Nachdem er von seiner Verfolgungsjagd ins Lokal zurückgekehrt war, wartete schon zwei Herren der Militärpolizei, die in Italien üblicherweise auch in den Dörfern eingesetzt ist, auf ihn. Obwohl er die Zeche inklusive dem entstandenen Sachschaden durch umgestürztes Mobiliar und zerbrochenem Geschirr sofort bezahlen wollte, führten sie ihn ab. Dabei taten sie so, als ob sie kein Wort dessen verstünden, was er in einem Kauderwelsch aus Italienisch, Englisch und Deutsch von sich gab. Also fügte er sich seinem Schicksal, in der Hoffnung, hier im Präsidium gehört zu werden. Der zuständige Leiter sprach zwar hervorragend

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