Poseidon - Der Tod ist Cool
Eisfläche ergoss.
Die haben ihren gesunden Menschenverstand verloren.Unfassbar!
Frenzels Wagen schlich Kilometer für Kilometer vorwärts. Die Klimaanlage im Fahrzeug verbreitete ihre kühlmittelgeschwängerte Luft. Sie hinterließ einen künstlichen Belag auf Frenzels Zunge.
Sogar die Luft schmeckt unnatürlich. Als ob das Spektakel dort draußen nicht schon verrückt genug wäre.
Er spülte das Aroma mit einem Schluck Wasser hinunter. Nach dem er den Verschluss wieder verschraubt hatte, betrachtete er die Plastikflasche in seiner Hand.
Wasser. Der Ursprung allen Lebens. Verwandelt ihn Falk zum apokalyptischen Reiter?
Frenzel schleuderte die Flasche blitzschnell auf den Beifahrersitz, als ob sie ihm zu heiß geworden wäre.
Denk nicht mal im Traum daran, Peter!
Am Spätnachmittag erreichte Frenzel seinen Zielort. Über fünf Stunden Autofahrt steckten ihm in den Knochen. Erschöpft checkte er im
Hotel Centrale -
venezianische Architektur aus dem vierzehnten Jahrhundert
-
an der
Piazza 3 Novembre
ein, nur einige Meter vom See entfernt. Er schmiss seine Reisetasche auf das Bett, zog sich aus und legte die Kleidung über die Lehne eines Stuhles. Während er sich duschte, rutschte seine Hose herunter. Sie fiel zu Boden. Dabei gab die Gürtelschnalle ein metallisches Klirren von sich.
Dies störte den Peilsender wenig. Er funkte weiterhin zuverlässig sein Signal.
66. Kapitel
Galati hatte die Kälte der Rechtsmedizin längst hinter sich gelassen, trotzdem hing sie ihm noch in den Knochen. Er glaubte zu spüren, wie der Geruch des Todes, der in seinen Kleidern steckte, einen Film auf seiner Haut bildete. Beim Gedanken an die beiden leblosen Körper, die grausam zugerichtet in der Fakultät aufgebahrt vor ihm lagen, schwindelte ihn. Ein flaues, ganz und gar unmännliches Gefühl breitete sich in der Gegend seines Solarplexus aus. Obwohl ihm Haller versicherte, dass der Anblick Ermordeter zuallererst bei Jedem diese Symptome hervorrief, kratzte es doch an seinem Selbstbewusstsein. Dagegen vermittelte ihm sein deutscher Kollege den Eindruck, dass ihn dies alles nicht tangierte. Die Identifizierung der Leichen spulte Haller routiniert und sachlich ab. Sein Gesicht blieb regungslos, der Klang seiner Stimme ließ keinerlei Veränderungen erkennen. Es befremdete, ja verstörte Galati, wie Haller gegenüber dem Tod zweier ihm zumindest beruflich nahe stehender Menschen eine solche Gleichgültigkeit an den Tag legen konnte. Das Bild des rücksichtslosen Vorgesetzten, der seinen Egoismus über Alles und Jeden stellte, erhärtete sich. Galati entwickelte eine wachsende Empathie zu Frenzel - bei diesem Chef waren Differenzen vorprogrammiert. Er bereute es bereits, sich auf Hallers Schmierentheater eingelassen und Frenzel, länger als nötig, festgehalten zu haben. Er nahm sich vor, die Angelegenheit von nun an differenzierter zu betrachten. Trotzdem saß er neben Haller in dessen Wagen, der ihn durch die Straßen Richtung Norden des
Lago di Garda
zwängte.
Haller blickte zwischen GPS-Anzeige und den Fahrzeugen vor sich hin und her. Frenzels Vorsprung betrug zwar nur wenige Kilometer, dieser summierte sich zeitlich angesichts der Verkehrssituation allerdings auf zirka sechzig Minuten.
Haller fuhr sich mit der Hand über sein unrasiertes Gesicht – die Nacht war kurz gewesen, mehr als vier Stunden Schlaf hatte er nicht bekommen. Die Zimmersuche gestaltete sich schwieriger, als gedacht, und sein von Nikotin geschwängerter Organismus benötigte einige Zeit, zur Ruhe zu kommen.
Als sich am nächsten Morgen die Neuigkeiten über die Situation am Gardasee überschlugen, analysierte sein Verstand die Lage. Er rief sich die ihm bekannten Fakten über den
Poseidon
-Fall ins Gedächtnis, addierte Frenzels Anwesenheit dazu und zog daraus seine Schlüsse.
Nun saß dieser Galati neben ihm, ein in seinen Augen absoluter Versager, dem er in groben Zügen die Tragweite dieses Falles klarzumachen versucht hatte. Sicherlich stellte der Fakt des vereisten Sees an sich eine Ungeheuerlichkeit dar, aber ein Profi ließ sich von solchen Tatsachen nicht ablenken. Nicht der See war das Ziel, sondern Falk.
Die Spur ist heiß. Frenzel wird mich zu ihm führen. Ich hätte Engel und Kleisters mehr zugetraut. Ich habe mich getäuscht. Lassen sich einfach überrumpeln. Dilettanten. Solange ich die Fäden in der Hand halte, kann nichts schief gehen. Ich muss nur noch sehen, dass ich Galati schnellstens los werde, er hängt wie ein Klotz an
Weitere Kostenlose Bücher