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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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machten uns in gedrückter Stimmung in die entgegengesetzte Himmelsrichtung auf. Diesmal begnügten wir uns mit einem flotten Spazierschritt. Papa war auffallend schweigsam.
    Wir erreichten die Saepta Julia. Papa ging weiter. Ich war inzwischen so daran gewöhnt, Seite an Seite mit ihm ins Verderben zu laufen, daß ich erst keine Einwände machte, aber nach einer Weile erkundigte ich mich doch: »Ich dachte, wir wollten zurück in die Saepta?«
    »Ich geh nicht in die Saepta.«
    »Das sehe ich, wir haben die Promenade ja längst hinter uns gelassen.«
    »Ich hatte nie die Absicht, in die Saepta zu gehen, und ich habe schon bei Carus gesagt, wohin wir wollen.«
    »Du hast gesagt: ›heim‹.«
    »Eben. Genau dahin gehe ich jetzt. Du aufgeblasener Wicht kannst tun, was dir beliebt.«
    Heim! Er sprach von dem Haus, in dem er mit seiner Rothaarigen wohnte.
    Ich war fassungslos.
    Noch nie war ich im Haus meines Vaters gewesen, auch wenn ich den Verdacht hatte, daß Festus dort ein und aus gegangen war. Ging ich jetzt mit, würde meine Mutter mir das nie verzeihen. Ich gehörte nicht zu Papas neuem Leben und würde nie dazugehören. Wenn ich trotzdem weiter an seiner Seite blieb, dann nur, weil es eine grobe Unhöflichkeit gewesen wäre, einen Mann seines Alters, der eben einen bösen Schock erlitten und mit dem ich gerade einen herrlichen Rabatz veranstaltet hatte, einfach mitten auf der Straße im Stich zu lassen. Schließlich hatte er nicht wie sonst seine Leibwächter dabei, obwohl er doch von Carus und Servia bedroht wurde. Außerdem hatte er mich eigens engagiert, damit ich ihn beschützte. Da war es ja wohl das mindeste, daß ich ihn sicher bis vor seine Tür geleitete.
    Er schleifte mich den ganzen Weg von den Saepta Julia vorbei am Circus Flaminius, am Portikus Octavia und dem Marcellus-Theater bis hin zum Kapitol. Von dort ging es unaufhaltsam weiter, vorbei an der Tiberinsel, dem alten Forum Boarium, einem ganzen Haufen von Tempeln sowie dem Pons Sublicianus und dem Pons Probus.
    Endlich waren wir am Ziel! Aber jetzt mußte ich wieder warten, während er nach seinem Hausschlüssel suchte. Natürlich konnte er ihn nicht finden, und so zog er schließlich heftig an der Glocke, damit man uns von drinnen öffne. Ich zockelte hinter ihm her in seine hübsche Eingangshalle. Er warf den Mantel ab, schnürte die Stiefel auf, bedeutete mir mit barscher Geste, es ihm nachzutun – und erst als ich barfuß und wehrlos vor ihm stand, erklärte er spöttisch: »Kannst wieder Luft holen! Sie ist nicht da.«
    Vor Erleichterung wäre ich fast in Ohnmacht gefallen.
     
    Papa warf mir einen verächtlichen Blick zu. Ich gab ihm zu verstehen, daß das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. »Ich hab ihr ein kleines Geschäft eingerichtet, damit sie aufhört, ihre Nase in meins zu stecken. Dienstags geht sie immer hin, um die Löhne auszuzahlen und die Buchführung zu machen.«
    »Heute ist nicht Dienstag«, bemerkte ich unwirsch.
    »Ich weiß, aber letzte Woche hatten sie Ärger im Betrieb, und nun hat sie die Handwerker da, weil einiges instand gesetzt werden muß. Sie wird den ganzen Tag fort sein.«
    Ich setzte mich auf eine Truhe, während er wegging, um mit seinem Verwalter zu sprechen. Ein Sklave brachte mir ein Paar Sandalen und nahm meine Stiefel zum Putzen mit. Außer ihm und dem Knaben, der uns die Tür geöffnet hatte, sah ich noch etliche dienstbare Geister, und als Papa wiederkam, bemerkte ich trocken: »Na, Personal hast du ja hier ausreichend.«
    »Ich hab eben gern Menschen um mich.« Und ich hatte immer gedacht, er habe uns vor allem deshalb verlassen, weil bei uns zu viele Leute rumwuselten.
    »Aber das sind Sklaven!«
    »Na und? Ich bin liberal, ich behandle die Sklaven wie meine Kinder.«
    »Darauf würde ich gern antworten: Und deine Kinder hast du wie Sklaven behandelt!« Unsere Blicke trafen sich. »Aber ich sag’s nicht. Denn es wäre ungerecht.«
    »Verschon mich mit erzwungener Höflichkeit, Marcus. Sei ruhig du selbst«, versetzte er mit jenem routinierten Sarkasmus, der sich nur in Familien entwickeln kann.
    Papa bewohnte ein hohes, schmalbrüstiges Haus am Flußufer. In diesem feuchten Areal, das wegen des Tiberblicks heiß begehrt war, gab es nur solche handtuchschmalen Grundstücke. Da die Häuser von Überflutungen stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, war das Untergeschoß in schlichten, vorwiegend dunklen Farben gehalten. Mir selbst überlassen, warf ich einen Blick in die Zimmer, die rechts und

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