Poseidons Gold
nächsten Kneipe heimlich ins Fäustchen gelacht haben vor Freude darüber, daß es nicht ihn erwischt hatte.
Nun heißt es ja immer, Ehrlichkeit würde sich auszahlen. »Ich habe mich im eleganten Stadthaus meines Vaters bewirten lassen.«
»Du sahst mir gleich so grün um die Nase aus!« höhnte Mama. »Dabei hab ich dir doch von klein auf eingebleut, Orte zu meiden, an denen du dir eine Krankheit holen könntest.«
»Es war alles blitzsauber«, entgegnete ich matt.
»Und was ist mit dem kleinen Auftrag, den du für mich erledigen solltest?« Ihrem Ton nach zu schließen, hielt sie mich für einen pflichtvergessenen Faulpelz.
»Dein ›kleiner Auftrag‹ hat mich neulich hinter Gitter gebracht – und Helena gleich mit. Aber keine Angst, ich arbeite daran. Darum mußte ich ja auch zu Papa. Du kannst beruhigt sein, ich hab mir heute den ganzen Tag für dich die Hacken abgelaufen. Und morgen muß ich sogar nach Capua deswegen …«
»Wieso ausgerechnet Capua?« fragte sie scharf. Aus naheliegenden Gründen war Capua bei uns daheim lange Zeit ein Unwort. Die hübsche Stadt galt uns als Synonym für Verrat und Sittenlosigkeit, obwohl man ihr eigentlich nichts weiter vorwerfen konnte (natürlich abgesehen davon, daß sie meinem flüchtigen Vater Gastrecht gewährte), als die Touristen auf der Durchreise nach Oplontis und Baiae mit überteuerten Preisen zu schröpfen und Gemüseanbau zu betreiben.
»Ich muß nach Capua, weil dort ein Bildhauer lebt, der mit Festus zu tun hatte und den ich nach dem bewußten Importgeschäft ausfragen muß.«
»Du allein?«
»Nein, Papa besteht darauf, mich zu begleiten«, gestand ich. Mama stieß einen furchtbaren Jammerlaut aus. »Aber Mutter, was kann ich denn dafür, wenn dein von dir getrennt lebender Mann auf seine alten Tage plötzlich väterliche Rechte geltend macht?«
»Ihr fahrt also zusammen!« Es hörte sich an, als wollten wir Hochverrat begehen. »Ich hätte gedacht, daß du so was tunlichst vermeiden würdest.«
Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätte ich die ganze Reise vermieden. »Mutter, sei doch vernünftig! Papa kennt diesen Bildhauer, ich nicht. Wie sollte ich den Mann ohne Hilfe aufspüren? Dabei ist er inzwischen unsere einzige Hoffnung, diesen Fall doch noch zu klären. Und damit du gleich Bescheid weißt: Die Geschichte wird in jeder Beziehung sündteuer werden.«
»Ich kann dir ein paar Sesterzen leihen …«
»Mit ein paar Sesterzen ist es nicht getan. Der Preis dafür, unsere Familie von diesem Problem zu befreien, ist rund eine halbe Million.«
»Ach, Marcus, daß du immer so übertreiben mußt!«
»Nichts da – das sind nackte Tatsachen!« Sie zitterte. Auch ich würde das Zittern kriegen, wenn ich noch oft diese ungeheure Summe aussprechen mußte. »Nun mach dir mal keine Sorgen, das ist schließlich Männersache. Geminus und ich kümmern uns schon darum – aber du mußt dich dann auch mit dem abfinden, was dabei rauskommt. Und damit du’s weißt: Wenn wir die Summe auftreiben, die mein großer Bruder schuldet, dann kann ich all meine Hoffnungen auf eine Heirat mit Helena im Hades begraben. Also verschone mich mit Vorwürfen – ich will zu dem Thema nichts weiter hören. Andern können wir jetzt ohnehin nichts mehr, und dafür dürfen wir uns bei unserem geliebten Festus bedanken.«
»Du hast deinen armen Bruder ja nie gemocht!«
»Ich habe ihn geliebt, Mama – doch was er mir jetzt antut, schmeckt mir ganz und gar nicht.«
Ich sah, wie Mama das Kinn reckte. »Vielleicht sollten wir die ganze Sache lieber auf sich beruhen lassen.«
»Dazu ist es jetzt zu spät.« Ich fror, und ich war hundemüde. »Die andere Partei sorgt schon dafür, daß die Geschichte nicht unter den Teppich gekehrt wird. So, und jetzt geh ich nach Hause. Ich muß unbedingt mit Helena sprechen.«
»Wenn du wirklich mit diesem Mann nach Capua fährst, dann solltest du Helena mitnehmen, damit sie auf dich aufpaßt.«
»Helena ist gerade erst von einer langen und anstrengenden Reise zurückgekommen. Das letzte, wonach ihr der Sinn steht, ist ein Ausflug in die finsterste Campania.« Jedenfalls nicht in Gesellschaft eines abgehalfterten alten Auktionators und eines glücklosen Detektivs, der so deprimiert war wie nie zuvor in seinem Leben.
Meine Mutter stellte sich auf die Zehenspitzen und strich mir das Haar glatt. »Helena wird sich schon dreinschicken. Bestimmt will sie nicht, daß du ohne Beistand in so schlechter Gesellschaft reist.« Ich wollte schon
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