Poseidons Gold
ausstoßend, über die staubigen Dielen auf mich losstürmte.
Diese Künstler sind wirklich ein furchtbar lautes Pack. Kein Wunder, daß die beiden sich auf dem Land einquartiert hatten, wo sie mit ihrem Geschrei keine Nachbarn belästigen konnten.
Rubinia krakeelte in einem fort und zappelte so heftig, daß ich nicht gleich merkte, wie ihr Galan nach Hammer und Meißel griff. Zum Glück verfehlte sein erster Wurf das Ziel, und der Hammer zischte an meinem linken Ohr vorbei. Als er jetzt den Meißel schwang, machte ich eine scharfe Drehung, so daß ich das Mädchen schützend vor mich hielt. Rubinia, nicht faul, biß mir ins Handgelenk. Das nahm mir die letzten Hemmungen, sie als Schild zu mißbrauchen.
Das Mädchen immer noch fest an die Brust gepreßt, duckte ich mich hinter eine Statue, und Orontes’ Meißel prallte mit dumpfem Knall von einer halbfertigen Nymphe ab, für die ein schlankeres Mädchen Modell gestanden hatte als das üppige Geschöpf, das ich nur unter äußerster Kraftanstrengung bändigen konnte. Rubinias Füße schurrten über den Boden, während sie krampfhaft versuchte, ihre Beine um die Hüften der Nymphe zu schlingen. Um das zu verhindern, riß ich sie unsanft zur Seite, wobei mir fast das Abdecktuch samt Inhalt aus den Händen gerutscht wäre. Rubinia war zappelnd in die Hocke gegangen, und es war nur eine Frage der Zeit, wann sie mir entwischen würde.
Unversehens sprang der Bildhauer hinter einer Marmorgruppe hervor. Ich warf mich im letzten Augenblick zurück, wäre dabei aber um ein Haar über eine Leiter gestürzt. Er war größer als ich, aber der Wein und die Erregung machten ihn ungelenk, und so rannte er prompt mit dem Kopf gegen das Hindernis. Während er sich noch fluchend die Stirn rieb, ergriff ich meine vielleicht einzige Chance. Da ich das Mädchen ohnehin kaum noch halten konnte, schleuderte ich sie kurzerhand so weit von mir, wie es meine schwindenden Kräfte erlaubten. Damit es auch richtig weh tat, versetzte ich ihr noch einen kräftigen Tritt in den ausladenden Popo. Als Rubinia in ein Giebeldreieck krachte, stieß sie einen weiteren Schwall von Latrinenflüchen aus.
Ohne mich um sie zu kümmern, packte ich den noch ganz benommenen Bildhauer. Er war stark, aber ehe er recht begriff, was geschah, hatte ich ihn schon herumgewirbelt und in einen Sarkophag gedrückt, der hochkant und einladend in der Ecke stand. Dann schnappte ich mir den massiven Deckel, stemmte ihn seitwärts und versuchte, den Sarg über dem Mann zu schließen, der ihn hätte reparieren sollen.
Doch ich hatte nicht mit dem kolossalen Gewicht der Steinplatte gerechnet, und so war der Sarkophag erst zur Hälfte geschlossen, als Rubinia sich von neuem auf mich stürzte. Diesmal fiel sie mich von hinten an und versuchte, mir die Haare auszureißen. Ihr Götter, was hatte dieses Mädchen für eine Ausdauer! Ehe ich mich herumdrehen und sie von vorn packen konnte, ließ sie meine Schultern los und griff nach dem Hammer. Jetzt hagelte es rasende Schläge um mich herum, denn zum Glück hatte das temperamentvolle Geschöpf nur eine vage Vorstellung davon, wie man zielt. Dadurch, daß sie gleichzeitig wie ein wildgewordenes Stinktier herumsprang und versuchte, mich in die edelsten Teile zu treten, wurde die Treffsicherheit ihrer Hammerschläge nicht eben größer.
Trotzdem wurde meine Lage, angesichts zweier so martialischer Gegner, langsam aussichtslos. Aber ich schaffte es doch, mich so gegen den Sargdeckel zu stemmen, daß Orontes hinter mir in der Falle saß, und gleichzeitig Rubinias Hammerfaust in den Schraubstock zu nehmen. Offenbar tat ich ihr verteufelt weh, denn ein paar Sekunden lang versuchte sie ernsthaft, mich umzubringen. Natürlich bemühte ich mich genauso angestrengt, sie daran zu hindern. Endlich gelang es mir, ihr die Waffe zu entreißen. Ich verpaßte ihr eins auf die Schläfe und nahm sie in den Schwitzkasten.
In dem Moment flog krachend die Tür auf. Eine mir nur zu vertraute untersetzte Gestalt mit wilden grauen Locken stürmte herein.
»Cerberus!« donnerte mein Vater in einem Ton, den ich hoffnungsvoll als bewundernd deutete. »Kaum lasse ich dich mal einen Moment aus den Augen, schon fängst du einen Ringkampf mit einer nackten Nymphe an!«
LII
»Steh nicht so dumm da, Sprücheklopfer!« keuchte ich. »Faß lieber mit an!«
Papa schlenderte seelenruhig auf mich zu und grinste dabei genauso, wie ich es von Festus kannte. »Ist das der letzte Schrei, Marcus? Es auf einem
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