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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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und bloß noch Orontes’ schreckensbleiches Gesicht freigab. Ich lehnte mich an der gegenüberliegenden Wand an eine Leiter, während Papa an einer machtvoll thronenden Göttin emporkletterte und sich sittsam auf ihrem Schoß niederließ.
    Aufmerksam starrte ich den Bildhauer an, der uns schon soviel eingebrockt hatte und uns (was ich zum Glück nicht wußte) noch sehr viel mehr Ärger einhandeln sollte.
    Mit seinem kahlen Schädel und dem gelockten Rauschebart war Orontes gewiß einmal ein gutaussehender Mann gewesen. Noch immer strahlte er die beeindruckende Autorität eines alten griechischen Philosophen aus. Wenn man ihn in eine Decke gehüllt unter einen Portikus setzte, würden die Leute vermutlich in Scharen herbeistürmen, um seinen Geistesergüssen zu lauschen. An uns hatte er bislang noch kein Wort verschwendet. Dem mußte ich schleunigst abhelfen.
    »Jetzt hör mir mal gut zu!« fuhr ich ihn drohend an. »Ich hab heute abend noch nicht zu Abend gegessen, ich sorge mich um meine Freundin, und obwohl dein heißblütiges Modell wirklich einiges zu bieten hat, bin ich nicht in der Stimmung, mir mit euch die ganze Nacht um die Ohren zu schlagen.«
    Endlich fand der Bildhauer seine Stimme wieder. »Stürz dich doch in die Phlägränischen Sümpfe!« Es war eine tiefe, dunkle Stimme, kratzig und heiser geworden durch unmäßiges Trinken und ausschweifenden Lebenswandel.
    »Etwas mehr Respekt, du kreuzkümmeliges Stinktier!« brüllte Papa von seiner Göttin herunter. Das ist der Unterschied zwischen uns: Ich führe so eine Vernehmung gern mit Würde, er geht leicht unter Niveau.
    Geduldig machte ich weiter. »Du bist also Orontes Mediolanus, der verlogene Fiesling!«
    »Aus mir kriegt ihr kein Wort raus!« Orontes stützte sich gegen die Innenwand seines steinernen Kerkers, schob ein Knie durch die Öffnung und versuchte doch tatsächlich, den Deckel runterzustoßen. In seinem Beruf hatte er Muskeln entwickelt, aber zum Glück nicht genug.
    Ich trat an den Sarkophag und versetzte ihm einen kräftigen Tritt. »Sei vernünftig, Orontes! Du vergeudest nur deine Kräfte. Ich könnte dich in dem Sarg einschließen und einmal am Tag vorbeikommen, um mich zu erkundigen, ob du in totaler Finsternis vielleicht deine Meinung geändert hast. Oder ich könnte dich, falls ich zu der Überzeugung gelange, daß du die Mühe nicht wert bist, auch einfach da drin vergammeln lassen.« Er hörte auf, sich zu wehren. »Wir haben uns noch nicht miteinander bekannt gemacht«, fuhr ich so höflich fort, als ob wir auf den Marmorstufen eines eleganten Badehauses einen gepflegten Diskurs führen würden. »Ich heiße Didius Falco, und dies ist mein Vater, Marcus Didius Favonius, auch Geminus genannt. Aber ihn kennst du ja bereits, nicht wahr? Ebenso wie ein anderes Mitglied unserer Familie, einen gewissen Didius Festus.«
    Rubinia stieß einen unartikulierten, schrillen Laut aus, der sowohl Angst wie auch Empörung hätte sein können. »Was soll das Gekreische?« knurrte mein Vater, der neugierig auf das Mädchen hinunterschielte. »Was meinst du, Marcus, sollte ich mal mit ihr raus auf den Hof gehen und sie unter vier Augen befragen?« Die Andeutung war nicht mißzuverstehen.
    »Warte noch ein bißchen!« hielt ich ihn in der Hoffnung zurück, daß er nur geblufft hatte, aber sicher war ich mir nicht. Schließlich hatte meine Mutter ihn immer als Schürzenjäger hingestellt, und er schien sich ja wirklich mit Begeisterung in jedes nur erdenkliche Abenteuer zu stürzen.
    »Du meinst, wir sollen sie noch ein bißchen zappeln lassen …« Ich sah, wie mein Vater den Bildhauer hinterhältig angrinste. Vielleicht erinnerte Orontes sich an Festus, jedenfalls schien er nicht wild darauf, seine betörende Komplizin noch mal einem zügellosen Didius zu überlassen.
    »Überleg dir’s, Mann!« zischte ich ihm zu. »Deine Rubinia sieht aus wie ein Mädchen, daß sich leicht beeinflussen läßt!«
    »Laßt mich gefälligst aus dem Spiel!« jaulte sie.
    Ich stieß mich gemächlich von der Leiter ab und schlenderte zu der festgebundenen Rubinia hinüber. Wunderschöne Augen, randvoll mit Bosheit, funkelten mich an. »Aber du steckst ja bereits mittendrin, Herzchen! Hat Didius Festus dir an dem Abend, als ich euch zusammen im Circus sah, Eindruck gemacht?« Ob sie sich nun an den Vorfall erinnerte oder nicht – jedenfalls wurde sie beim Namen meines Bruders und bei meiner Anspielung knallrot. Zumindest hatte ich für einen handfesten Krach

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