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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bemerkenswert stabile Kind meines Bruders auf dem Arm hielt, versuchte ich zum x-ten Mal, mir seinen letzten Abend in Rom ins Gedächtnis zu rufen. Mit einem hatte Marina recht: Ich war natürlich dabei gewesen. Etwaige Indizien müßten mir ins Auge springen – wenn ich mich nur an sie erinnern könnte.
    »Ich glaube doch, daß er nervös war«, versuchte ich, mich selbst davon zu überzeugen. Marina zuckte nur wieder auf ihre gleichgültige Art die Achseln. Bei den Schultern und dem Busen betrieb sie das Achselzucken allerdings aus Prinzip. Und dieses Prinzip lautete: Hau sie um, die Männer! »Ja, mein lieber Bruder hatte am letzten Abend regelrecht Hummeln im Hintern. Olympus weiß, woran das lag – bestimmt nicht daran, daß er wieder nach Judäa zurück mußte. Er machte sich nichts daraus, wenn ihm die Pfeile um die Ohren schwirrten, weil er dachte, er könnte sich einfach drunter wegducken. Sag mal, Marina, erinnerst du dich noch an diese gräßlichen Künstler, die er an dem Abend abgeschleppt hat?«
    »Ich erinnere mich an das Mädchen im Circus Maximus!« fauchte Marina. »Und die hat er bestimmt abgeschleppt, darauf möchte ich wetten!«
    »Ist mir gar nicht aufgefallen«, brummte ich, bemüht, keine Szene heraufzubeschwören. Helena beobachtete uns mit der Duldermiene einer Intellektuellen, die im Pompejustheater die schauerliche, obligate Farce über sich ergehen läßt, in der Hoffnung, daß bald die ernsthafte griechische Tragödie folgt. Wäre eine Handvoll Mandeln in Reichweite gewesen, hätte sie diese bestimmt eine nach der anderen zierlich weggeknabbert. »Ach komm, Marina, jetzt denk doch mal an diese Maler! Schaurige Kerle waren das. Wo kamen die her? Damals nahm ich an, daß Festus sie vorher nicht kannte, aber können wir da sicher sein?«
    »Festus kannte Zeus und die Welt! Und wenn er mit diesen Künstlertypen noch nicht verbrüdert war, als wir in die Kneipe kamen, hat er das bis zum Verlassen der Spelunke ganz sicher nachgeholt.«
    Mit einer ganzen Wirtsstube Freundschaft zu schließen, das war Festus’ Spezialität. »Zugegeben, er hatte seine Marotten, aber auch er wußte, wie weit er gehen kann, und bei Sklaven und Wandmalern zog er normalerweise die Grenze. An dem Abend hat er uns eingeredet, diese Angeber wären ihm gänzlich fremd. Aber in Wirklichkeit … Und wie steht’s mit dir? Kanntest du die Kerle etwa?«
    »Ach, das waren doch bloß so’n paar Schwindler aus der Jungfrau – da ist doch immer so mieses Publikum.«
    »Die Jungfrau ?« Der Name war mir entfallen. Festus hätte das für einen kapitalen Witz gehalten. »Sind wir da gelandet?«
    »Ein schreckliches Bumslokal.«
    »Daran entsinne ich mich noch.«
    »Aber die Typen hatte ich nie zuvor gesehen.«
    »Die Kneipe muß doch hier ganz in der Nähe sein. Verkehrst du da immer noch?«
    »Nur, wenn einer mich dafür bezahlt, daß ich hingeh.« Marina war genauso ehrlich wie ihr entzückendes Kind.
    »Und hast du die Künstler nochmal wiedergesehen?«
    »Nicht daß ich wüßte. Aber wenn ich so daneben bin, daß ich in der Jungfrau lande, dann bin ich wahrscheinlich zu beschwipst, um meine eigene Großmutter zu erkennen.«
    »Oder du würdest nicht wollen, daß deine Großmutter dich erkennt.« Trotz ihrer vierundachtzig Jahre hätte Marinas alte Großmutter noch einen strammen Prätorianer abgegeben. Und sie war eine von denen, die erst zuschlugen und dann Fragen stellten. Zwar war sie nur knapp einen Meter groß, aber ihr rechter Haken war berühmt.
    »Ach Quatsch! Großmutters Stammkneipe ist doch das Lokal Zu den vier Fischen!« korrigierte Marina mich seelenruhig.
    Ich seufzte, aber nur ganz leise.
XX
    Helena merkte, daß mich diese sprunghafte Unterhaltung an den Rand der Verzweiflung brachte.
    »Was wir herausfinden müssen«, erklärte sie in so wohlgesetzten Worten, daß mein linker Fuß wütend zuckte, »ist, ob Didius Festus bei seinem letzten Heimaturlaub eine ganz besonders wichtige Verabredung getroffen hat. Mit jemandem, der uns über seine Pläne Auskunft geben könnte. Warum fragst du so beharrlich nach diesen Künstlern, Marcus? Dein Bruder hätte doch jederzeit während seines Urlaubs geschäftliche Vereinbarungen treffen können. Also: War an jenem letzten Abend – und an diesen Zechkumpanen – wirklich etwas Besonderes?«
    »Na und ob!« platzte Marina heraus. Mir wurde ganz heiß. Die Indiskretion stand ihr ins Gesicht geschrieben, auch wenn sie noch nicht gleich damit herausrückte. »Zum einen

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