Poseidons Gold
Helena Justina liebenswürdig. Sie wußte, wie man eine abfällige Bemerkung wirkungsvoll plaziert. »Da hast du vermutlich einen besonderen Draht zu den Hunden von der Insel entwickelt.« Na und ob! Eine wundervolle Aufgabe für einen Profi – jeder Detektiv sollte in mindestens zwölf Sprachen »Bei Fuß, Hundchen!« rufen können. Leider waren heute, fünf Jahre später, die Aufträge, die ich an Land zog, immer noch genauso öde. »Und, hast du ihn gefunden?« fragte Helena gespannt.
»Wen?«
»Aber Marcus! Den Hund, natürlich.«
»Ach so! Ja, ja.«
»Da war deine Klientin dir bestimmt sehr dankbar!« Helena verstand mehr von meinem Geschäft, als mir lieb war.
»Nun mach aber mal ’nen Punkt. Du weißt genau, daß ich nie mit Klientinnen ins Bett gehe.« Sie sah mich nur an. Helena war selbst einmal meine Klientin gewesen. Aber sooft ich auch beteuern mochte, daß sie die einzige Ausnahme war – irgendwie fiel das bei ihr nicht ins Gewicht.
Die Frau mit dem entlaufenen Köter hatte mehr Geld als Verstand, und sie sah umwerfend aus. Mein Berufsethos war selbstredend ganz untadelig, trotzdem hatte ich natürlich mit dem Gedanken gespielt, ihr den Hof zu machen. Aber dann hatte mein großer Bruder mir eingeredet, daß man auf die Nase fallen würde, wenn man sich mit den Wohlhabenden einließe. Marinas Frage weckte jetzt einen leisen Zweifel in meiner Brust. Ich sah sie prüfend an. Sie kicherte vergnügt. Offenbar war sie der Meinung, ich hätte die ganze Zeit gewußt, was da lief. Aber ich begriff erst in diesem Augenblick, warum Festus mir geraten hatte, die Finger von der hübschen Hundehalterin zu lassen: Er hatte sie selbst besprungen!
»Um genau zu sein«, erklärte ich Helena düster, »war es Festus, der den Scheißköter gefunden hat.«
»Ja, natürlich«, mischte sich Marina ein. »Er hat die Töle ja die ganze Zeit bei mir versteckt. Ich hatte damals vielleicht eine Stinkwut auf ihn! Festus hat den Hund in der Badeanstalt geklaut, nur weil er die fesche Braut kennenlernen wollte.« Mein Bruder, der Held! »Hast du das etwa nicht kapiert?«
»Ach, Marcus!« Helena tröstete mich auf das einfühlsamste. »Ich wette, sie hat nicht mal deine Rechnung bezahlt.« (So einfühlsam nun auch wieder nicht.) Trotzdem hatte sie natürlich richtig geraten.
Ich fühlte mich schändlich behandelt.
»Seid ihr endlich fertig damit, euch über mich lustig zu machen? Ich hab nämlich heute noch viel vor …«
»Aber gewiß doch, Marcus.« Helena lächelte, als ginge es mir darum, mich für ein paar Stunden in einem Faß zu verkriechen und abzuwarten, bis meine Schamröte sich verflüchtigt.
»Genau. Meinen angeschlagenen Ruf wieder aufzupolieren wird schließlich kein leichtes Geschäft sein.« Bei Helena spielte man am besten mit offenen Karten, besonders, wenn sie klang, als mache sie Scherze, dabei aber aussah, als versuche sie sich zu erinnern, wo sie das Rattengift gelassen hatte.
Ich gab Marcia einen schallenden Kuß und reichte das Kind an seine Mutter weiter. »Vielen Dank für deine Gastfreundschaft, Marina. Wenn dir noch irgendwas einfällt, was mir weiterhelfen könnte, laß es mich sofort wissen, hörst du? Andernfalls falle ich nämlich dem Scharfrichter in die Hände.« Helena erhob sich. Ich legte ihr den Arm um die Schulter und setzte lächelnd hinzu: »Wie du siehst, sollte ich mich eigentlich viel mehr um dieses reizende Mädchen kümmern.«
Helena gestattete sich ein selbstzufriedenes Naserümpfen.
»Wollt ihr zwei heiraten?« fragte Marina mitfühlend.
»Natürlich!« riefen wir im Duett. Als Paar lügen wir hervorragend.
»Ach, wie schön! Dann wünsche ich euch alles Glück der Welt.«
Eins mußte man Marina wirklich lassen: Sie hatte ein gutes Herz.
XXI
Ich erklärte Helena, daß ich für heute lange genug an der Leine gehangen hätte und meinen nächsten Termin allein wahrnehmen wolle. Helena wußte, wann es ratsam war, mir meinen Willen zu lassen. Ich hatte zwar das Gefühl, daß sie zu leicht nachgab, aber das war immer noch besser als ein Streit auf offener Straße.
Da wir nur ein paar Schritte von ihrem Elternhaus entfernt waren, ermunterte ich sie zu einem töchterlichen Besuch. Ich bestand darauf, sie bis an die Tür zu begleiten, weil der Abschied auf der Schwelle mir Gelegenheit gab, ihre Hand zu halten. Sie kam ohne solchen Trost zurecht, ich aber brauchte ihn dringend.
»Sei mir nicht böse, Liebste.«
»Nein, Marcus.« Es wäre allerdings töricht von ihr
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