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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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teilen. Bei näherer Betrachtung konnten einen derlei Überbleibsel eines zu Ende gegangenen Lebens richtig traurig stimmen: halbleere Tintenfläschchen und jungfräuliche Papyrusrollen, deckellose Kornkrüge, noch halb voll mit Weizen, körbeweise alte Schuhe, ein Bündel Decken, ja sogar der Napf, in dem der Wachhund sein Fressen bekommen hatte. Ich sah Pfannen mit wackeligem Stiel und Öllampen mit abgebrochenem Griff. Potentielle Bieter lehnten ihren müden Rücken an Diwane mit geborstenen Beinen und zerschlissenen Bezügen: Abnutzungserscheinungen, die dem Eigentümer im Lauf der Jahre gar nicht mehr auffallen, sich hier jedoch peinlich bemerkbar machten.
    Allem Anschein nach war es ein Mittelstandshaushalt gewesen, was mir Aussicht auf ein Schnäppchen verhieß, da die Familie anscheinend erst in jüngerer Zeit zu Geld gekommen war und die Möbel noch ziemlich neu wirkten. Also setzte ich eine gleichgültige Miene auf, während ich die Bestände verstohlen einer eingehenden Prüfung unterzog.
    Natürlich keine Spur von einem Bett, das ich doch am dringendsten brauchte. Dafür entdeckte ich ein paar hübsche Keramiksachen für den Garten (den ich zwar nicht besitze, doch Träume sind in Rom billig zu haben). Das mit Abstand schönste Stück der Sammlung war ein Sockeltisch mit einer riesigen Zitronenholzplatte, der bestimmt ein Vermögen gekostet hatte. Sogar im trüben Licht eines verhangenen Wintertages hatte die Maserung noch einen wunderbar seidigen Glanz. Geminus hatte den Tisch natürlich vor der Versteigerung eigens mit Öl und Bienenwachs aufpolieren lassen. Mir lief gewissermaßen das Wasser im Munde zusammen, aber ich ließ mir nichts anmerken und schlenderte ganz lässig hinüber zu einer Gruppe hübscher bronzener Dreifüße in verschiedenen Größen. Einer davon hatte Klauenfüße, eine Platte mit aufgebogenem Schnörkelrand, damit nichts herunterfallen konnte, sowie eine faszinierende Vorrichtung, um die Höhe zu verstellen. Ich hatte eben den Kopf unter den Tripus gesteckt, um den Mechanismus auszuknobeln, als einer der Saaldiener mich am Schlafittchen packte.
    »Laß es gut sein. Für den hat dein alter Herr einen gesalzenen Mindestpreis veranschlagt. Den will er nämlich selbst behalten.«
    Typisch mein Vater.
    Ich linste hinüber zu Papa auf seinem Podium. Er war klein von Statur, aber trotzdem imposant, ein Mann mit wirren grauen Locken und einer geraden, arroganten Nase. Seinen dunklen Augen entging nichts. Mich hatte er offenbar schon seit einer ganzen Weile im Visier. Jetzt deutete er mit dem Kopf auf den Dreifuß und gab mir mit einem verächtlichen Wink zu verstehen, daß man mich selbstredend überbieten würde. Einen wahnwitzigen Augenblick lang hätte ich alles für diesen verstellbaren Tripus gegeben – dann aber fiel mir ein, daß Auktionatoren mit genau dem Trick reich werden. Also ging ich ruhig weiter.
     
    Die Erben waren entschlossen, das Äußerste aus ihrer Hinterlassenschaft herauszuholen. Und um möglichst viele Einzelteile verkaufen zu können, hatten sie beispielsweise ein paar hölzerne Schiebetüren, die wahrscheinlich einmal die Zierde eines Speisesaals gewesen waren, von den Drehzapfen getrennt, hatten den Bronzedelphin aus einem Brunnen so brutal von seinem Sockel gerissen, daß das arme Tier sich die Kiemen abgeschürft hatte, ja sogar ein paar hübsche bemalte Paneele hatten die gierigen Plünderer aus der Wand gebrochen. Geminus würde solchen Vandalismus ebensowenig gutheißen wie ich.
    Doch das war nicht das einzige, was heute nicht ganz in Ordnung schien. Als eingeschworener Liebhaber alten Plunders konzentrierte ich mich anfangs so sehr auf die angebotenen Waren, daß ich weder das Publikum noch die Atmosphäre mitbekam. Aber allmählich dämmerte mir, daß ich in eine brenzlige Situation hineingeraten war.
    Die Versteigerung war gewiß eine Woche im voraus in den Saepta angekündigt worden. Zu großen Auktionen erschien in der Regel ein Kundenstamm, den Geminus mehr oder weniger kannte, und ein paar Interessenten erkannte sogar ich: diverse Händler und ein, zwei private Sammler. Aber für einen echten Connaisseur gab es hier nicht viel zu holen, und folglich brachen die wahren Kunstkenner allmählich wieder auf. Die Händler waren schäbige Käuze, doch sie waren mit einem festen Ziel gekommen und an das hielten sie sich. Außerdem konnte man immer mit ein paar Passanten rechnen, die zufällig vorbeischauten, und vor dem Portikus lungerte auch ein gewisses

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