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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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älteste von Vaters Trägern eine große vergoldete Uhr von dem wunderhübschen Zitronenholztisch nahm, sie hastig in einer Kiste verstaute und den Deckel abschloß. Über die Köpfe der Menge hinweg erspähte ich eine Hand, die einen der Kandelaber ergriff und so wild damit herumfuchtelte, daß das ganze übrige Lampenarsenal, das noch zum Verkauf anstand, ins Wanken geriet und schließlich umstürzte wie ein vom Wirbelsturm gefällter Kiefernhain. Zwei gewiefte Händler, die blitzschnell die Situation erkannt hatten und hastig den Rückzug antreten wollten, stolperten aus Versehen über ein paar Kisten mit Küchengerät. Ängstliches Geschrei wurde laut, als harmlose Zuschauer sich plötzlich mit Püffen und Kopfnüssen traktiert fanden. Kostbare Waren wurden grob mißhandelt, und sensible Menschen rammten sich spitze Ellbogen in besonders empfindliche Körperteile.
    Die Kauflustigen rings um die erhöhte Plattform des Auktionators stoben ängstlich auseinander, sobald auf allen Seiten Geschirr zu Bruch ging und ihnen lauter schwere Bronzegefäße vor die Füße kugelten. Einer von den verdächtigen großen Kerlen hatte sich eben einen Passanten gegriffen und schwang den Bedauernswerten jetzt so ungestüm gegen das Podium, daß es krachend umstürzte und Geminus gleich mitriß. Vierzig Jahre Praxis als Auktionator hatten Papa eine wunderbar kräftige Lunge beschert, und der Schrei, mit dem er jetzt in einem Berg Latten und Rundhölzer verschwand, ging gewiß jedem durch Mark und Bein.
    Die Träger taten, was ihnen Geminus für den Fall eines solchen Tumults eingebleut hatte: Sie warfen sich auf die Ware, vor allem die besten Stücke, und packten sie in Windeseile wieder in die Kisten und Kästen, in denen sie geliefert worden waren. Als Gornia, ihr Vorarbeiter, auf der Jagd nach vergessenen Wertgegenständen wieselflink an mir vorbeihuschte, krächzte er: »Hast du denn gar keinen Respekt vor deinem Vater? Komm schon, Marcus, besinn dich auf deine Sohnespflicht und faß mit an!«
    Kindlicher Respekt gegenüber Geminus war nicht meine starke Seite, aber für einen handfesten Kampf war ich immer zu haben. Also sah ich mich nach einer geeigneten Waffe um. Das erste, was mir in die Hände fiel, war eine Vorhangstange, an der zwar noch die Gardine hing, doch so konnte ich sie schwingen wie einen Fahnenmast und mir damit erst einmal angemessene Bewegungsfreiheit schaffen. Natürlich wurden die Schläger dank dieses Auftakts gleich auf mich aufmerksam. Zwei von ihnen kamen denn auch sofort auf mich zugestürmt, doch ich war schneller, schlug ihnen meine Stange in die Kniekehlen und mähte sie um wie reifes Korn.
    Mein Vater war inzwischen aus den Trümmern seines Podiums wieder aufgetaucht. Er sah übel aus, atmete schwer und hatte einen knallroten Kopf, aber seine Geldkassette hielt er eisern umklammert. »Die doch nicht! Die doch nicht!« schrie er verzweifelt, was ich (nach traditioneller Kindesart) überhörte. »Auf die anderen mußt du losgehen, du Idiot!« Die Muskelprotze, mit denen ich mich geprügelt hatte, waren offenbar von Geminus angeheuert. Es mußte schon sehr schlimm um ihn stehen, wenn er sich seinen Schutz was kosten ließ.
    Ich packte ihn am Arm und half ihm auf die Beine, während er unentwegt weiter auf mich einschimpfte. »Nun beruhige dich, Papa. Deinen Schlägern ist doch nichts passiert …« Na ja, jedenfalls nicht übermäßig viel.
    Vaters Gejammere verstummte abrupt, als einer der scheinbar harmlosen Kunden ihm jählings einen zusammengerollten Teppich vor die Brust rammte.
    Einer der Rausschmeißer knöpfte sich den »Käufer« vor, der Geminus niedergestreckt hatte, packte ihn um die Taille und schwenkte ihn samt dem Teppich so kräftig herum, daß die Rolle gleich noch einen anderen Störenfried zur Seite fegte. Bemüht, mich auf die richtige Seite zu schlagen, half ich flugs mit meiner Vorhangstange nach, was meinem Vater samt seiner Kasse (um die es ihm am meisten zu tun war) einen Fluchtweg öffnete, während ich mich in den nächsten Tumult stürzte. Ein Halunke hatte einen Lesediwan mit gedrechselten Sphinxen als Armlehnen hochkant gestellt und wollte damit auf eine Gruppe unbeteiligter Zuschauer losgehen. Ich blockierte ihm den Weg, und als ihm einer seiner Kumpane zu Hilfe eilen wollte, bändigte ich den mit der Spitze meiner Fahnenstange. Leider ging dabei meine Waffe zu Bruch. Donnernd fiel der Diwan um, und – rumms! – hatte die eine der beiden Sphinxen einen Flügel

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