Poseidons Gold
widerstrebend wie einer, der einem Kind nicht verraten will, was es zu den Saturnalien kriegt.
»Dann kennst du die Burschen also?«
»Nicht daß ich wüßte. Und«, erklärte mein Vater hoheitsvoll, »kein Gericht der Welt wird einen Mann dafür verurteilen, daß ihm die Freunde seines Sohnes nicht vorgestellt worden sind.«
Ich überhörte die Stichelei geflissentlich. »Wahrscheinlich«, platzte ich wütend heraus, »wirst du mir gleich weismachen, daß du auch von dem Handel, den Festus noch kurz vor seinem Tod eingefädelt hat, keine Ahnung hattest?«
»Stimmt«, antwortete Geminus ruhig. »Genau das würde ich sagen.«
»Du sprichst hier nicht mit Censorinus!« erinnerte ich ihn.
»Nein, ich rede mit dir.« Unterhaltungen dieser Art kommen nur in Familien vor. »Ich verschwende hier bloß meine Spucke«, brummte er. »Aber das ist wieder mal typisch für dich – reitest den Esel rückwärts, so daß du nur den Schwanz siehst, der dem Tier die Fliegen vom Arsch schlägt! Ich hätte gedacht, daß wir schon vor ’ner halben Stunde bei dem Soldaten angelangt wären, aber du mußt dich ja in Nebensächlichkeiten verzetteln und so tun, als hättest du vergessen, weshalb man dich hergeschickt hat – und ich weiß, daß du geschickt worden bist!« höhnte er, als ich ihm ins Wort fallen wollte. Natürlich konnte er sich zusammenreimen, daß ich nicht aus eigenem Antrieb zu ihm gekommen wäre. »Aber wenn wir schon alte Wunden aufreißen müssen, dann laß uns wenigstens am Anfang beginnen – und mit einem anständigen Schluck dazu!«
Mit diesen Worten nahm er mich am Ellbogen und dirigierte mich so diskret, als hätte ich ein heikles Thema unbesonnen in der Öffentlichkeit angeschnitten, von der offenen Ladenfront seines Warenhauses hinauf in das abgeschiedene Büro im ersten Stock.
Mir war zumute wie einem, dem man einen unechten silbernen Weinwärmer andrehen will, mit nur einem Fuß, der auch noch dauernd abgeht.
XXIV
Bei meinen sehr sporadischen Besuchen war mir aufgefallen, daß sich Stil und Atmosphäre von Vaters Büro mit dem Verkauf der jeweils dort ausgestellten Prunkstücke änderten. In dieses Allerheiligste wurden nur handverlesene Kunden vorgelassen – diejenigen, die sich während der halben Stunde, die er brauchte, um ihnen etwas ebenso Sündteures wie Nutzloses anzudrehen, für etwas ganz Besonderes halten sollten. Hier saßen sie auf Elfenbein, getriebenem Silber oder süß duftendem orientalischem Holz, während Geminus reich verzierte Becher mit würzigem Wein kredenzte und ihnen so lange schmeichelhafte Lügen auftischte, bis sie unversehens viel mehr kauften, als sie sich leisten konnten. Heute war das Büro mit einer Garnitur aus Alexandria ausgestattet: zierlich mit Lotosblumen und Ibissen bemalte Truhen und Kommoden auf schlanken Füßchen. Um das ägyptische Flair zu vervollkommnen, hatte Geminus ein paar große Pfauenfächer ausgegraben (langgediente Requisiten, die ich nicht zum ersten Mal sah). Auf dem einzelnen harten Diwan, der seit ewigen Zeiten hier stand und nicht verkäuflich war, hatte er üppig betroddelte Kissen verteilt. Hinter dem Diwan hing eine weinrote Portiere, und dahinter befand sich, in die Wand eingemauert, sein Tresor.
Bevor unsere Aussprache begann, trat Geminus ans Schließfach und brachte die Einnahmen der heutigen Versteigerung in Sicherheit. Ich wußte, daß er im Umgang mit Geld sehr vorsichtig war. So öffnete er seinen Tresor nie in Gegenwart des Personals, von Kunden ganz zu schweigen. Daß er bei mir eine Ausnahme machte, war einer der wenigen Punkte, in denen er mich als Familienmitglied anerkannte. Ganz ruhig ging er an den Tresor und öffnete ihn mit einem Schlüssel, den er an einem Lederriemen um den Hals trug, als würden auch wir – wie seinerzeit er und Festus – eine Art Partnerschaft unterhalten. Allerdings hatte er sich das erst nach dem Tod meines Bruders angewöhnt.
Jetzt ließ er hastig die Portiere fallen, denn ein junger Bursche erschien mit einem Tablett mit Wein und Mandeln in der Tür. »Tag, Falco!« Der Jüngling grinste, als er mich wie einen überzähligen Besen an der Wand lehnen sah. Doch im nächsten Moment wandte er sich verlegen ab. Von Geminus’ Angestellten wußte keiner so recht, was von mir zu halten war. Bei meinen ersten Besuchen hatte ich noch jegliche verwandtschaftliche Beziehung geleugnet; inzwischen wußten sie alle, daß ich der Sohn des Chefs war, wobei ihnen allerdings nicht entging, daß wir längst
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