Poseidons Gold
Einverständnis!«
»Aber falls noch was da sein sollte – laß die Finger von dem Zeug!«
»Ich bin doch kein Dieb! Und vergiß nicht, daß ich der Erblasser meines Bruders bin. Außerdem kann ich sowieso erst weg, wenn die drohende Verhaftung vom Tisch ist. Bevor ich Petronius nicht ein paar ernste Fragen beantworten kann, darf ich nämlich nicht aus Rom weg. Und da wir gerade dabei sind: Was weißt du eigentlich über diesen Censorinus? Ich hab zwar mitgekriegt, daß er irgendwelchen ins Wasser gefallenen Profiten nachweinte, aber Näheres weiß ich nicht, und ich kann mir vor allem nicht erklären, warum er so geheimnisvoll tat. Hat Festus vielleicht illegale Waren aus Griechenland importiert?«
Papa war entrüstet. »Warum sollte er? Willst du ihm etwa unterstellen, er hätte Tempel geplündert, oder was?« Zugetraut hätte ich’s ihm. »Griechenland ist doch randvoll mit begehrten Kunstschätzen«, gab Papa zu bedenken. »Da hat’s keiner nötig, die heiligen Schreine zu berauben. Im übrigen ist es gar kein Geheimnis, daß Festus eine gemischte Ladung Statuen, Urnen und Vasen erworben hatte, die er noch um etliche lukrative Waren aus Syrien und Judäa ergänzte – also Leinen, Purpurfärbemittel und Zedernholz.«
»Warum sagst du das so zornig?«
»Weil ich kein elender Krämer bin! Ich hasse diesen ganzen Plunder. Den Kauf hat Festus ganz allein arrangiert. Jupiter weiß, wie er sich in die Kartelle vor Ort reingemogelt hat, aber du weißt ja, was für ein Kerl er war. Die Purpurgilde von Tyrus ist offiziell seit gut tausend Jahren für Ausländer gesperrt, doch ich nehme an, unseren Goldjungen werden sie wie einen lange verschollenen Phönizierprinzen empfangen haben … Tja, kurz und gut, Festus hatte ein Schiff gemietet, das unter dem schönen Namen Hypericon segelte und das leider vor Kreta gesunken ist.«
»Und du warst nicht an der Fracht beteiligt?«
»Nein, sag ich doch! Die Hypericon ging ganz allein auf seine Kappe. Festus hat sich den Kahn auch draußen im Osten besorgt, darum mußte er ja seine Kameraden um Kapital angehen. Er hatte von dieser Ladung gehört, zu der ein paar erstklassige Stücke gehörten, und die Zeit reichte nicht, um sich erst mit mir abzusprechen.« Ich wußte, daß in der Partnerschaft zwischen Geminus und Festus mein Bruder der risikofreudige Unternehmer und Papa der Finanzier war. Festus war der Entdecker, die Spürnase; Papa kaufte und verkaufte. Das funktionierte gut, solange sie vorher die nötigen Absprachen treffen konnten, andernfalls konnte es leicht brenzlig werden. Ein Briefwechsel zwischen Rom und Judäa dauerte in der Regel fünfzehn oder mehr Tage, je nach Gezeiten- und Windverhältnissen mitunter bis zu einem halben Jahr. Und wenn das Schiff sank, dann wartete man bis in alle Ewigkeit.
Ich überdachte die Geschichte und klopfte sie auf Ungereimtheiten ab. »Wenn Festus Aussicht auf ertragreiche Beute hatte, dann hätte er sich die niemals wegen der bloßen Entfernung oder wegen Finanzierungsschwierigkeiten durch die Lappen gehen lassen. Und das hat er ja auch nicht getan, sondern er beteiligte kurzerhand seine Kameraden, die dabei prompt ihr bißchen Erspartes verloren. Das ist sehr traurig, gewiß, doch wo ist der Haken? Warum jetzt, nach all den Jahren, so ein Aufstand? Was stimmte nicht mit dieser Ladung?«
»Mit der war, soviel ich weiß, alles in Ordnung«, versetzte Geminus ruhig. »Was stinkt, ist die Finanzierung.«
»Weißt du das?«
»Ich vermute es.«
»Und wieso?«
»Na, denk doch mal nach!«
Ich aktivierte gehorsam meine grauen Zellen. »Wovon reden wir denn eigentlich – von ein paar alten Marmorgöttern und einer Sammlung schwarzfiguriger Vasen?«
»Nicht, wenn wir Censorinus Glauben schenken. Der schwor Stein und Bein, Festus hätte genügend erstklassige Keramiken beisammen gehabt, um ein ganzes Privatmuseum auszustaffieren. Und erst die Statuen, die sollen ganz hervorragend gewesen sein. Darum brauchte Festus ja auch mehr Geld als sonst. Er wollte nicht riskieren, daß man ihm das Geschäft vor der Nase wegschnappt, wenn er sich erst mit mir in Verbindung gesetzt hätte.«
»Hatte er keine Vollmacht für deine Auslandskonten?«
»Schon, aber nur begrenzt.« Ich überlegte kurz, ob Papa am Ende nicht ganz an die Redlichkeit meines großen Bruders geglaubt hatte. Er erriet meine Gedanken und lächelte. Doch seine Erklärung war betont unverbindlich: »Ich investiere ungern große Summen in Auslandslieferungen. Du weißt ja:
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