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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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war so, als sähe ich meinen Vater verstohlen lächeln. »Helena Justina«, erklärte ich würdevoll, »ist im übrigen viel zu gewitzt, um auf einen solchen Schwindel reinzufallen.«
    »Sie sucht einen Mann mit Charakter!« warf mein Vater ein.
    »Und da hängt sie sich an einen Verlierer?« Gaius grinste verschmitzt. »Was findet sie denn an Onkel Marcus, Großvater? Ist er vielleicht gut im Bett oder was?«
    Ich zog dem Bengel die Ohren lang, und zwar fester, als ich eigentlich wollte. »Du bist ja bloß eifersüchtig, weil Helena den Larius so gern mag.« Larius war Gaius’ älterer Bruder, der schüchterne Künstlertyp. Gaius kommentierte das nur mit einem unflätigen Rülpser. »Und die Botschaft kannst du ruhig für dich behalten, die kenne ich nämlich schon. Petronius will mich verhaften – und ich will nichts davon wissen.«
    »Falsch geraten!« piepste Gaius, der immerhin endlich ein bißchen ins Zittern geriet. Er wußte wohl schon im voraus, was ihm blühte, sobald ich erfuhr, was los war. Jedenfalls klang seine Stimme sehr viel zaghafter als vorher, als er jetzt nervös verkündete: »Petronius Longus hat deine Helena verhaftet!«
XXVII
    Der Richter bewohnte ein imposantes Haus in dem Stil, der auch mir gut gefallen würde. Schlimmer noch: Sein Haus hätte mich womöglich dazu verführen können, seinen Rang anzustreben.
    Es war eine alleinstehende Stadtvilla gleich hinter dem Vicus Longus – nicht zu groß und nicht zu klein – mit ein paar Prunkräumen, um die offiziellen Gäste zu beeindrucken, ansonsten aber ganz auf ein gepflegtes Privatleben abgestimmt. Marponius setzte nie einen Fuß in Petros armseliges Wachlokal, sondern ließ sich die Verbrecher hier in seinen vier Wänden zum Verhör vorführen. Offenbar hatte er ein soziales Gewissen und wollte Gelichter wie mich dadurch zur Besserung ermuntern, daß er uns vor Augen führte, wieviel lukrativer gesetzlich abgesegnete Straftaten sind. Verglichen mit Spekulationsgeschäften und Wucherhandel nahmen sich simpler Diebstahl und Mord in der Tat sehr unrentabel aus, ganz abgesehen davon, daß man dabei viel schwerer schuften mußte. Daß man als Privatermittler keine Aufstiegsmöglichkeiten hatte, wußte ich sowieso.
    Ich wurde unter einem massiven Marmorportikus vorstellig. Der Eingang mit den kunstvollen Beschlägen und den glänzenden Bronzeverzierungen war für mein Gefühl ziemlich überladen, aber als Sohn eines Auktionators wußte ich, daß guter Geschmack auf dieser Welt äußerst rar ist. Unter den vielen Kinkerlitzchen steckte eine ganz normale Holztür. Der Richter gehörte einfach zu den Leuten, die mit Vorliebe gutes Material ruinieren.
    In Stilfragen würden Marponius und ich uns vermutlich nie einig werden. Ich war ein Freizeitpoet mit Niveau, dessen Beruf Einfühlungsvermögen und Menschlichkeit erfordert. Er hingegen war ein schwerfälliger Bandit aus der Mittelschicht, der sich durch den Verkauf von Enzyklopädien an die »Neue Gesellschaft« Vermögen und Einfluß ergaunert hatte. Mit der Neuen Gesellschaft meine ich ehemalige Sklaven und Immigranten, Leute mit überquellendem Geldbeutel, aber ohne jede Erziehung, die trotzdem gebildet erscheinen möchten. Solche Typen konnten es sich leisten, Literatur nach Gewicht zu kaufen und sich scharenweise gebildete Sklaven zu halten, die ihnen die frisch erworbenen Werke laut vorlasen. Das flexible Klassensystem Roms ließ den Emporkömmlingen reichlich Spielraum, um ihr Erscheinungsbild aufzupolieren. Und Marponius hatte hier gewitzt eine lukrative Marktlücke entdeckt: Sobald ihm eine Abhandlung in die Hände fiel, die auf griechisch verfaßt war und zwanzig Schriftrollen Umfang hatte, ließ er sie von seinem Schreibbüro kopieren. Er benutzte nur erstklassigen Papyrus, schwarze Galltinte und stark parfümiertes Sandelholz für die Umbilici, die Buchrollenknäufe. Zum guten Schluß stellte er auch noch die Sklaven mit der kultivierten Vorlesestimme. Das war ein gewinnträchtiges Geschäft – ein regelrechter Geniestreich. Ich wünschte bloß, ich wäre selbst drauf gekommen.
     
    Man ließ mich ziemlich lange warten, und als ich endlich vorgelassen wurde, fand ich Marponius, Petro und Helena in ziemlich betretener Runde beisammensitzen. Das erste, was allen dreien auffiel, war mein von der Rauferei in den Saepta zerschundenes Gesicht: ein wenig eindrucksvoller Auftakt.
    Wir befanden uns in einem Salon, der in leuchtenden Gold- und Rottönen gehalten war. Motiv der Wandtäfelungen

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