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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Sulla hatte seinerzeit dieses besondere Mordtribunal eingeführt. Heute, hundertfünfzig Jahre danach, konnte man eindeutig feststellen, daß es auch diesem Sondergericht nicht gelungen war, dem gemeinen Straßenmörder das Handwerk zu legen, aber zumindest wurde den gefangenen Tätern jetzt ordnungsgemäß der Prozeß gemacht, wie sich das für Rom gehörte. Der Praetor hatte ein ganzes Gremium von gewählten Richtern zur Verfügung, die er für einschlägige Fälle einsetzen konnte, doch Marponius hatte sich zum absoluten Experten aufgeschwungen. Er liebte seine Pflichten und genoß seinen Status. Und wenn er im Anfangsstadium einer besonderen Ermittlung Interesse bekundete, dann durfte er sicher sein, daß man ihn später mit der Verhandlung betraute – vorausgesetzt, die Offiziere der Wache kriegten jemals einen Verdächtigen zu fassen.
    Diesmal hatten sie mich geschnappt. Helenas spürbarer Kummer darüber setzte mir so zu, daß ich Marponius hitzig attackierte. »Sieht das Gesetz nicht eine empfindliche Bestrafung des Richters vor, der sich aufhetzen läßt, fälschlicherweise Anklage zu erheben?«
    »Sehr richtig.« Marponius sagte das ganz ruhig. Er war sich seiner Sache zu sicher. »Im übrigen ist noch keine Anklage erhoben worden.«
    »Warum ist die Dame dann hier?«
    »Weil es wahrscheinlich zur Anklage kommen wird.«
    »Und wegen welchen Vergehens?«
    Diesmal antwortete Helena. »Man beschuldigt mich der Beihilfe.«
    »Ach, Quatsch!« Ich sah zu Petronius hinüber. Seine Augen – braun, ehrlich und immer aufrichtig – rieten mir, zu glauben, was ich da eben gehört hatte. Ich wandte mich wieder Helena zu. »Was ist heute passiert? Ich weiß, daß du in den Saepta warst und meinen Vater besucht hast.« Geminus erwähnen zu müssen ärgerte mich, aber es schien mir doch eine gute Idee, Helena als ein Mädchen hinzustellen, das sich gewissenhaft der Familie widmete. »Ist danach noch irgend etwas Besonderes geschehen?«
    »Ich wollte eigentlich gleich heim zu deiner Mutter. Aber unterwegs«, stammelte sie schuldbewußt, »unterwegs kam ich zufällig an der Caupona Flora vorbei.«
    Jetzt wurde mir wirklich mulmig. »Und? Weiter!«
    »Ich sah, wie man Censorinus’ Leiche fortschaffte. Die Straße war vorübergehend gesperrt, und ich mußte warten. Natürlich saß ich in einem Tragstuhl«, flocht sie ein, denn auch ihr war klar, daß man Marponius mit gehobenem Lebensstil imponieren konnte. »Meine Träger unterhielten sich, während wir vor der Caupona festsaßen, mit dem Kellner, und der klagte wortreich, daß er nun das bewußte Gästezimmer reinigen müsse.«
    »Ja, und?«
    »Und da habe ich mich erboten, ihm dabei zu helfen.«
     
    Ich ließ ihre Hand los und verschränkte die Arme. Die Erinnerung an das blutverschmierte Zimmer, in dem Censorinus ermordet worden war, stand wieder in aller grausigen Deutlichkeit vor mir. Aber ich mußte mich dagegen wehren. Petronius wußte, daß ich dort gewesen war, und das war schlimm genug, doch wenn ich es Marponius gestand, war mir das Gefängnis sicher. Meine Freundin an den Tatort zu schicken, wäre allerdings die reinste Verzweiflungstat gewesen.
    Ich wußte, warum sie’s getan hatte. Helena wollte die Kammer nach Indizien absuchen, die mich hätten entlasten können. Natürlich mußte ein Fremder annehmen, sie hätte gerade im Gegenteil verdächtiges Beweismaterial beseitigen wollen. Marponius dachte ganz gewiß so. Und sogar von Petro wäre es pflichtvergessen gewesen, nicht wenigstens die Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Er war darüber so unglücklich, daß man es beinahe riechen konnte. Nie zuvor war mir so deutlich bewußt gewesen, welcher Belastung ich unsere langjährige Freundschaft aussetzte.
    »Es war dumm von mir«, sagte Helena brüsk. »Ich habe meine Hilfe ganz spontan angeboten, ohne mir etwas dabei zu denken.« Ich saß da wie vor den Kopf geschlagen und brachte es nicht über mich, sie zu fragen, ob sie tatsächlich bis zu der Schreckenskammer vorgedrungen sei. Aber ihrem bleichen Gesicht nach zu schließen, schien es durchaus möglich. »Ich bin nur bis in die Küche gekommen«, sagte sie, als ob sie meine Qual erraten hätte. »Dann ging mir auf, daß mein Erscheinen im Flora die Sache für dich nur schlimmer machen würde.«
    »Und was geschah weiter?« preßte ich mühsam hervor.
    »Der Kellner war ganz verzweifelt auf Gesellschaft aus. Wahrscheinlich hatte er Angst davor, allein das Mordzimmer zu betreten, auch wenn der Leichnam

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